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2584 - Der Okrivar und das Schicksal

2584 - Der Okrivar und das Schicksal

Titel: 2584 - Der Okrivar und das Schicksal
Autoren: Frank Borsch
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1.
    Kruuper
     
    Durant behagte Kruuper nicht. Vom ersten Augenblick an.
    Der Okrivar erwartete sie, als sie in der Forschungsstation aus dem Transferkamin traten.
    »Willkommen in TZA'HANATH, Statthalter Sinnafoch!«, rief er, und seine Stimme hallte über das weitläufige Transferdeck. Aufrichtige Freude schwang darin mit. Freude - und der monotone Singsang, mit dem Okrivar das Handelsidiom sprachen. Ein Singsang, der Kruuper von der Heimat künden sollte, von Geborgenheit, von der unvergleichlichen Glückseligkeit, endlich wieder einen Artgenossen zu treffen.
    Eigentlich.
    »Dein Besuch, Sinnafoch«, fuhr Durant fort, »ist uns eine Ehre, die ich nicht in Worte zu fassen vermag. Mir bleibt nur eine Geste!«
    Der Okrivar sank in die Knie und versuchte den Kopf zu senken. Letzteres vergeblich. Okrivar hatten keinen Hals und konnten daher das Haupt nicht neigen. Dennoch war die Geste unverkennbar: Darturka, Soldaten, erwiesen in dieser Weise ihrem Feldherrn die Ehre.
    Die Geste war grotesk. Lachhaft. Kruuper ließ sie frösteln.
    Durant trug wie Kruuper einen Schutzanzug, der ihn vor der giftigen Sauerstoff-Luft der Vatrox schützte, doch in anderer Ausführung. Kein Kampfanzug - Durant trug keinen Strahler am Gürtel, aber der Schnitt erinnerte an eine Uniform. Kruuper hatte noch nie einen Anzug wie den Durants gesehen.
    Okrivar waren keine Kämpfer. Sie trugen schlichte Anzüge, wie er selbst, ganz Funktion. Und ihre Funktion war, den Vatrox zu dienen. Unauffällig, ja unsichtbar.
    Sich herauszustellen war für einen Okrivar unerhört. Es gehörte sich nicht.
    Sinnafoch mussten ähnliche Gedanken wie Kruuper beschäftigen. Der Vatrox musterte das Wesen, das vor ihm kniete, aus orangefarben leuchtenden Augen, dann befahl er scharf: »Steh auf! Sofort!«
    »Aber n... natürlich, Statthalter!« Durant stand auf. Er schwankte gewaltig, als hätte der Vatrox ihn mit einem Schlag aus dem Gleichgewicht gebracht.
    »Du bist Durant, Chefwissenschaftler dieses Segments von TZA'HANATH?«
    »Ja, Statthalter!«
    »Du hast meine Befehle erhalten?«
    »Ja!«
    »Hast du sie ausgeführt?«
    »Natürlich!«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    Mit jeder Frage Sinnafochs schien der Chefwissenschaftler kleiner und kleinlauter zu werden, verwandelte sich in einen Diener nach dem Geschmack der Vatrox: eilfertig und unterwürfig.
    Kruuper behagte dieser Durant sogar weniger als der anmaßende, der sie begrüßt hatte.
    »Auf nichts, Statthalter, gar nichts«, versicherte Durant und versuchte sich an einer weiteren Verbeugung. »Wenn du und deine Begleiter mir folgen wollen ... «
    Durant drehte sich um und ging los - aber dabei blinzelte er mit einem seiner drei Augen in Kruupers Richtung. Es war etwas, das Sinnafoch und den Übrigen verborgen bleiben würde, aber für Kruuper unmissverständlich war: eine vertrauliche Begrüßung unter Okrivar, die mehr sagte als Worte oder eine Verbeugung.
    Sie hätte Kruuper in einen Taumel der Freude versetzen sollen. Nach langer Zeit endlich wieder einer aus seinem Volk, ein natürlicher Gefährte. Doch der Taumel blieb aus. Stattdessen stieg Sorge in Kruuper auf, ein furchtbarer Verdacht. Hatte das Schicksal ihm Durant geschickt? Stellte jener, der ein Gefährte sein sollte, womöglich eine neue, furchtbare Prüfung für ihn dar?
    Durant ging neben Sinnafoch her und redete auf den Vatrox ein. »Ich bin sicher, du wirst zufrieden sein!«, sagte er und wedelte dabei mit den kurzen Armen. Es war keine Okrivar-Geste, Durant hatte sie den Vatrox abgeschaut. »Dein Befehl war uns ein Ansporn. Die besten Köpfe der FrequenzMonarchie arbeiten an der Aufgabe, die du uns gestellt hast. Unsere Arbeiten haben außerordentliche Fortschritte gemacht.«
    »Das hoffe ich«, reagierte Sinnafoch knapp.
    Kruuper kannte den Vatrox inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er Durant nicht mochte. In seinen vielen Leben hatten zu viele willfährige Diener versucht, seine Gunst zu erringen, als dass Durant auch nur im Entferntesten Aussichten auf Erfolg gehabt hätte.
    Sie ließen das Transferdeck hinter sich. Kruuper musste sich zwingen, nicht einfach stehen zu bleiben oder sogar zurückzurennen. Er wollte nicht an diesem Ort sein. Aber es war aussichtslos. Die Transferkamine, die während des Transports rot leuchteten, hatten wieder das Blau angenommen, das Bereitschaft signalisierte. Und in wenigen Augenblicken würde das Blau verschwinden, wenn die Kamine sich ausschalteten. Die Flucht über das Polyport-Netz war ihm
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