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2584 - Der Okrivar und das Schicksal

2584 - Der Okrivar und das Schicksal

Titel: 2584 - Der Okrivar und das Schicksal
Autoren: Frank Borsch
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dicken schwarzen Klumpen gerann, wurde es vergossen.
    Die Sehnen und Muskeln waren halbtransparent. Als entstammten sie einem anatomischen Modell, gefällig nachgezeichnet für den Beobachter. Die Knochen waren Schatten, elegant geschwungen.
    Der Okrivar stellte sich vor, wie Bhustrin tanzte. Wie das Licht mit dem Spiel der Muskeln wechselte, wie die Kriegsordonnanz für einige wenige Momente Selbstvergessenheit erlangte, eine Art von Glück.
    Kruuper zögerte. Am liebsten wäre er umgedreht und hätte die Kuppel verlassen.
    Dies war ein besonderer Augenblick, unendlich wertvoll. Einer jener Augenblicke, die es lohnend erscheinen lassen, die Pein des Daseins auf sich zu nehmen. Kruuper wollte Bhustrin nicht verletzen, ihn schon gar nicht benutzen, ihn zu seinem Werkzeug zu machen, aber genau das musste er tun. Ohne Bhustrin konnte der Plan nicht gelingen, der in der Nacht in ihm gewachsen war. Einer Nacht, in der ihn das Knistern von Flammen wach gehalten hatte, in denen Darturka verbrannten.
    Der Mord an den verwundeten Klonsoldaten hatte Kruuper seine letzte Kraft gekostet, um durchzuhalten, hatte ihm jede Hoffnung auf Besserung genommen. Er konnte nicht mehr länger. Er musste weg, um jeden Preis. Er musste das Unmögliche wagen: das Schicksal zu überlisten.
    »Bhustrin?«, flüsterte er.
    Die Kriegsordonnanz schnellte übergangslos hoch, wirbelte im Flug herum. Die rechte Hand glitt zur Waffe an seiner Hüfte, zog sie und zielte. Das Licht des Zielpunkts brach sich im Visier seines Helms.
    Kruuper war einen Fingerdruck vom Tod entfernt.
    Aber Bhustrin drückte nicht ab. Das Schicksal erlaubte Kruuper keine simple Flucht wie diese.
    »Kruuper! Was willst du von mir?« Bhustrins Stimme war ein tiefer Bass, der nicht zu dem Kindskörper passen wollte.
    Ein Gedanke kam Kruuper. War es gar nicht die wahre Stimme der Kriegsordonnanz, die er hörte? Bediente sich Bhustrin eines verborgenen akustischen Verstärkers?
    »Nichts«, antwortete der Okrivar. »Kruuper nur Erholung sucht. Bhustrin auch hier ist, ist Zufall.«
    »Ein Zufall?«
    »Zufall, ja.«
    Bhustrin senkte die Waffe nicht. »Es fällt mir schwer, an einen Zufall zu glauben. Es gibt Tausende von Kuppeln wie diese. Wie kommt es, dass du ausgerechnet dieselbe aufsuchst wie ich?«
    Kruuper hob langsam die Arme, streckte der Kriegsordonnanz die bloßen Hände entgegen. »Kruuper nicht versteht, was Schicksal bewegt, ihn zu führen an diesen Ort. Kruuper nur weiß, es so ist, wie es ist.«
    Ersteres war die Wahrheit, Letzteres eine Lüge. Die Ränke des Schicksals würden Kruuper immer verborgen bleiben. Doch seine Anwesenheit in dieser Kuppel war kein Zufall. Kruuper hatte Bhustrin gesucht. Er hatte Stunden benötigt.
    Die Kriegsordonnanz hatte auf eine Kabine verzichtet. Sie schlief zu Füßen ihres Herrn oder suchte sich verborgene Ecken irgendwo in der Station. Und manchmal - wie in diesem Augenblick - suchte sie für einige kurze Minuten Zuflucht vor der Hässlichkeit ihrer Existenz.
    »Kruuper bittet Bhustrin, sich nicht von Anwesenheit seiner stören zu lassen. Bhustrin, einverstanden?«
    Es dauerte einige Augenblicke, bis die Kriegsordonnanz den Strahler senkte und wegsteckte. Selbstverständlich störte Kruuper ihn - und selbstverständlich konnte Bhustrin es nicht eingestehen. Die Kriegsordonnanz war stark, ein Kämpfer. Kruuper war ein Okrivar. Ein Wesen, dessen Existenzzweck darin bestand, die profanen Aufgaben des Betriebs eines Schiffs wahrzunehmen. Ein Nichts.
    »Einverstanden«, sagte Bhustrin und wandte sich wieder dem roten Licht der Sonnentarnung zu.
    Kruuper sah über die Kindsgestalt hinweg, nahm die Pracht auf, die nunmehr wieder in warmem Rot erstrahlte. Sie war zugleich Ausweis der Größe der Frequenz-Monarchie wie der ihrer Schlechtigkeit.
    TZA'HANATH war geschaffen worden von Männern wie Sinnafoch und Vastrear. Sie waren Wesen, die buchstäblich nicht totzubekommen waren, immer neue Leben lebten und in diesen Leben Gewalttaten von unbeschreiblicher Grausamkeit begingen, hin und wieder durchsetzt von Akten der Güte. Wesen mit einem unbestreitbaren Sinn für Ästhetik und einer Zähigkeit, die Kruuper Respekt einflößte, sosehr er sich auch dagegen zu wehren suchte.
    TZA'HANATH war von erhabener Schönheit. Acht rote Zwergsonnen betonten sie - und verbargen sie. In ihrem Licht waren acht Handelssterne versteckt, vom Aussehen her ins Gigantische vergrößerte Viren. Ihre Oberflächen waren Landschaften, aus denen wie Fortsätze von
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