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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sebastian Thiel
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Kapitel 1
     
    – Pariser Nächte –
     
    7. März 1944, Paris, Frankreich
     
    Was für ein beschissener Tag für eine Verhaftung.
    Nikolas Brandenburg zog seinen Hut tiefer ins Gesicht, schlug den Kragen seines Mantels hoch und rückte ein wenig enger an den kleinen Zeitungsstand, der ihm nur unzureichenden Schutz vor dem prasselnden Regen bot. Die Kälte hatte sich tief in ihn hineingefressen und dort eingenistet, trotz seiner dicken Kleidung und den schwarzen Handschuhen. Wenige Laternen warfen ihr spärliches Licht auf das Kopfsteinpflaster und ließen die Pfützen gelblich schimmern. Zum wiederholten Male zog Nikolas ein Streichholz über die Reibfläche, steckte sich eine Salem an und ließ seinen Blick über die Kreuzung vor dem Place d`Italie im 13. Arrondissement schweifen.
    Paris hatte unendlich schöne Seiten. Diese war keine davon. Die mehrstöckigen Gebäude waren grau und die Fassaden lieblos gestaltet. Während einige Geschäfte im Erdgeschoss für ihre Konsumgüter warben, standen die meisten leer und waren mit Holzbrettern zugenagelt. Hastig geschmierte Wörter in roter Farbe wollten den Tod des derzeitigen Staatschefs des gerade neu gebildeten französischen Staates, Philippe Pétain, und ließen den Widerständler des freien Frankreichs, de Gaulle, hochleben. Nikolas inhalierte einen Zug, ließ den Rauch durch die Nase entweichen und beobachtete, wie er vom Wind fortgetragen wurde, bis er sich komplett auflöste. Dann atmete er tief und fixierte das Backsteingebäude etwas abseits. Sein Französisch war gut genug, um den Betrieb als Holzfertigungsfirma zu identifizieren. Allerdings war diese längst geschlossen, zumindest für den ursprünglichen Zweck, wenn er seinen Informanten glauben schenken konnte.
    Der frische Duft, den die Seine am Tage in die Stadt hineintrug, war hier einem modrigen Geruch gewichen, der ihn an eine Jauchegrube erinnerte. Aber auch das war Paris. Nicht nur die schlichte Schönheit des Eiffelturms, kleine romantische Bistros und fein gekleidete Damen, sondern auch das Hafenviertel, in dem es zum Himmel stank, und das noch trostloser und verlorener wirkte in einer Nacht wie dieser.
    Endlich kündeten leise Motorgeräusche das Eintreffen der Einsatzgruppen an. Automatisch sah Nikolas hinüber. Das Licht der vier Wagen und zwei Mannschaftstransporter erlosch gut 50 Meter vor der Kreuzung. Die Männer der SS waren gut trainiert. Leise, aber energisch stiegen sie aus und kamen im Laufschritt auf Nikolas zu. Ihre Maschinenpistolen waren eng an die Uniformen gedrückt. Gut drei Dutzend schwarze Männer, in einer noch düsteren Nacht. Nur an ihren hellen Gesichtern konnte man erkennen, dass sie keine Schatten waren, die einem Albtraum entsprungen und in die Wirklichkeit gelangt waren. Sein Chef, Hauptsturmführer Luger, eilte mit weit ausholenden Schritten vorweg. Die mitternächtliche Störung hatte seine chronisch schlechte Laune nicht gerade verbessert.
    »Hoffe, dass Sie diesmal richtigliegen, Herr Kriminalkommissar«, zischte Luger leise. Mit der Hand wies er die Männer an, stillzustehen, und stemmte die Hände in die Hüften. Dann sah er sich um, wie ein Feldherr, der den Boden inspizierte, auf dem die Schlacht stattfinden sollte. »Immerhin schon ihr dritter todsicherer Tipp, diese Résistancezelle endlich zu vernichten.«
    Luger trat näher an Nikolas heran. Es schien ihm nichts auszumachen, dass der Regen auf der schwarzen Uniform aufschlug, sich auf seiner Mütze sammelten und schließlich an seinem akkurat geschnittenen Spitzbart heruntertropften.
    »Gnade Ihnen Gott, wenn es auch dieses Mal ein Fehlschlag ist. Dann kann Ihnen selbst Ihr Vater nicht mehr helfen.«
    Seine dunklen Augen glühten. Nikolas musste sich zwingen, seinem Blick standzuhalten. Wie ein Bulle atmete Luger gepresst aus, bereit, jeden Feind in der Luft zu zerfetzen.
    »Marsch«, brüllte er schließlich den Männern zu und ging voran. Noch im Gehen zog er seine Dienstwaffe aus dem Halfter und stieß Nikolas dabei kräftig gegen die Schulter. Nikolas hatte Mühe, sich auf den Beinen halten.
    Die Männer hatten das Gebäude schnell umstellt. Kurze Zeit war nur das Prasseln des Regens zu hören. Dann pfiff Luger, und das Donnergrollen begann. Sie drangen in den Komplex ein, feuerten und brüllten Befehle in die Räume. Hell leuchteten die Mündungsfeuer der MP 40, dumpfe Trommelschläge begleiteten die todbringenden Schüsse. Immer noch an den Zeitungsstand gelehnt, rauchte Nikolas weiter. Sein
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