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240 - Zeitsplitter

240 - Zeitsplitter

Titel: 240 - Zeitsplitter
Autoren: Manfred Weinland
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hatte ihm auch nur etwas zu trinken hingestellt. Und allmählich fragte er sich, ob er wirklich nur verhaftet oder nicht in Wahrheit einem elenden Tod ausgeliefert worden war.
    Andere Plünderer waren an Ort und Stelle erschossen worden. So gesehen hatte man ihn sogar noch mit Samthandschuhen angefasst.
    Oder auch nicht. Vielleicht wäre eine schnelle Kugel besser gewesen. Besser als…
    Irgendwie war der Rauch dichter um ihn herum geworden. Und das Geräusch des Feuers, das knisternd, eine Schneise der Vernichtung durch die Stadt fraß, lauter.
    … besser als bei lebendigem Leib zu verbrennen!
    Als Matt über die gegenüberliegende Wandseite hinwegschaute, glaubte er tatsächlich Flammen in nächster Nähe empor lecken zu sehen.
    Im ersten Moment war er wie erstarrt. Dann fing er an zu brüllen. So laut er nur konnte um Hilfe zu rufen.
    Aber die Polizisten, die ihn hierher gebracht hatten, waren längst weit weg. Matthew Drax war allein.
    Und jetzt erfuhr er, was es hieß, allein und verlassen dem sicheren Tod ins Auge zu blicken.
    ***
    »Wo… ist Ihr Freund?«
    »Tot«, log Crow mit viel geübter Leichtigkeit und Überzeugungskraft. »Er wurde von einer verirrten Polizeikugel getroffen, die für einen Plünderer gedacht war. Dort unten regiert das Chaos, wie Sie sich vorstellen können, Mrs. Whitehead…«
    Sie wirkte erschrocken. Die kleine Rose verbarg sich halb hinter ihrem Rücken und lugte nur ängstlich hervor. »Und… mein Mann?«
    »Ist in Sicherheit, Ma’am.«
    »In Sicherheit? Wirklich?« Ein Leuchten ging über ihr gerade noch verhärmtes Gesicht.
    Crow nickte. »Er lässt Sie grüßen. Leider ist er – nein, machen Sie sich keine Sorgen, halb so schlimm – verletzt und konnte nicht mitkommen. Aber er wartet auf Sie in dem provisorischen Lager, das man zur Strandseite hin aufgebaut hat, in sicherer Entfernung der Brände. Er schickt mich, um ihnen das zu sagen. Gehen Sie! Beeilen Sie sich. Hier oben hilft Ihnen keiner. Dort unten aber wird für Sie gesorgt werden. Es werden ungeheure Anstrengungen unternommen, um der Katastrophe und der Not der Leute Herr zu werden….«
    Sie trat vor und nahm sein Gesicht in beide Hände. »Sie sind ein guter Mensch, Mister… Ich weiß nicht einmal Ihren Namen.«
    »Crow. Einfach nur Crow.« Sie küsste ihn auf die Wange, und es war ihm nicht einmal unangenehm. Sie war eine attraktive Frau, wenn sie diesen Optimismus auf den Zügen trug.
    Er wartete, bis sie ein paar gerettete Habseligkeiten zusammengesucht hatte, dann verabschiedete er sich von ihr und der kleine Rose. Die ihn seltsam anstarrte, irgendwie… zweifelnd.
    In diesem kurzen Moment empfand Crow einen Anflug von Schuld – doch der verflog rasch, kaum dass Mutter und Tochter außer Sichtweite waren. Dann ging er zu der Stelle zurück, wo er Pferd und Leiterwagen versteckt hatte.
    Aus Resten, die zwar angekohlt, aber nicht völlig verbrannt waren, häufte er in der Mitte der niedergebrannten Scheune einen Scheiterhaufen auf, den er entzündete. Er wartete, bis die Flammen hoch schlugen, dann rupfte er Gras und warf es in Büscheln in das Feuer, um die Rauchentwicklung anzufachen.
    Es gelang. Bald stiegen dichte Schwaden auf, die es Crow möglich machten, die schemenhafte Kugel in einigen Metern Höhe zu lokalisieren. Weitere Minuten später hatte er die Leiterkonstruktion ausgefahren und perfekt für sein Vorhaben justiert.
    Mit einem letzten Blick zur Bucht hinunter – einem letzten, wortlosen Gruß zum glücklosen Matthew Drax, der ihm nicht mehr in die Quere kommen würde, hoffentlich nie mehr, erklomm Crow samt seiner gestohlenen Ausrüstung die Sprossen, die ihn geradewegs in den Himmel seiner Wünsche führten.
    An der Spitze angekommen, musste er sich nur noch abstoßen. Ein einziger Sprung…
    … und der Albtraum begann.
    ENDE
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