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240 - Zeitsplitter

240 - Zeitsplitter

Titel: 240 - Zeitsplitter
Autoren: Manfred Weinland
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gelöst. Schauen Sie doch hin!« Er deutete auf die qualmenden Trümmer der Scheune.
    Eine Sekunde später wusste Matt, was Crow meinte.
    Dort oben, umwabert vom Rauch, hing ein flirrender Schemen in der Luft. Die wirbelnden Rußpartikel entrissen das Phänomen der Verborgenheit. Allerdings war es so hoch gelegen, dass nichts im weiten Umkreis es ermöglicht hätte, dort hinauf zu gelangen…
    ***
    Matt und Crow gingen um die brennende-Scheune herum, den Blick nach oben auf die kugelförmige »Zeitblase« gerichtet. Als müssten sie nur lange genug darauf starren, damit sich eine Lösung ihres Problems ergab.
    In den brennenden und schwelenden Trümmern der Scheune hatten sie zwar eine Leiter entdeckt, aber die war völlig verkohlt und von glühenden Adern gemasert. Selbst wenn es ihnen gelungen wäre, sie aus dem Feuer zu bergen, wäre sie bei der ersten Belastung zerbrochen.
    Also anders. Nur: wie?
    »Daddy!«
    Matt fuhr herum, wie auch Crow. Er erwartete, dass der Vater des Mädchens aufgetaucht war. Aber das war nicht der Fall.
    Das Madchen stand dort, wo er und der General sich eben noch befunden hatten. Was mit San Francisco geschehen war, schien Rose bislang gar nicht bemerkt zu haben. Erst jetzt war sie der Verheerung ansichtig geworden. Und abermals schrie sie, so schrill und so verzweifelt, dass Matt meinte, ihren Schmerz zu teilen: »Daddy!«
    Schon war er bei ihr, auf den Knien, einen Arm um ihre schmalen, vom Schluchzen bebenden Schultern gelegt. Behutsam zog er sie ein wenig an sich.
    »Was ist mit deinem Daddy? Hm?«
    Rose schluckte, musste zwei oder dreimal ansetzen, bis sie endlich hervorbrachte: »Da unten. Daddy ist… irgendwo da unten.«
    Matt fröstelte. »Da unten« musste es bereits Hunderte Tote gegeben haben. Im Laufe des Tages würden es noch mehr werden.
    War der Vater des Mädchens schon unter ihnen? Oder würde er es sein?
    Matt fühlte sich elend. Hilflos. Und auf seine Weise noch verzweifelter als Rose.
    Ein Schatten fiel über sie. Matt schaute nicht auf. Es musste Crow sein, der zu ihnen getreten war.
    Ein Irrtum, wie Matt erkannte, als der Schatten sprach, ein Wort nur, einen Namen, atemlos, heiser, mit einer Frauenstimme und starkem fremdländischen Akzent:
    »Gustave…«
    ***
    Gustave war, sozusagen, ein früher Kamerad Matthew Drax’. Denn Gustave baute »Flugmaschinen«. So erzählte seine Frau, Louise, die jetzt auf dem Felsbrocken saß, auf dem vorhin Matt und Crow gesessen hatten.
    Während Matt zu Rose gelaufen war, um das schreiende Mädchen zu beruhigen, hatte Crow mitbekommen, wie die Mutter zu sich kam und aufstehen wollte. Er hatte ihr geholfen, sie gestützt und zu Matt und Rose geführt. Hier hatte ihre Schwäche wieder die Oberhand gewonnen, und sie musste sich setzen. Zum Sprechen jedoch reichte Louises Kraft. Rose saß neben ihr, das Gesicht an der Schulter ihrer Mutter vergraben, stumm weinend.
    Gustave Whitehead, vor seiner Einwanderung aus Deutschland Gustav Weißkopf, war ein Flugpionier, der noch vor den Gebrüdern Wright mit seinen Experimenten begonnen hatte. Fast zweieinhalb Jahre bevor die Wrights ihren »Flyer« in Kitty Hawk in die Luft gebracht hatten, war Whitehead bereits geflogen – angeblich. Matt wusste, dass diese Sache umstritten war. Aber es hieß, Whiteheads motorisierte Flugapparate »Number 21« und »Number 22« hätten bereits 1901 nahe Bridgeport, Connecticut abgehoben. (Das ist historisch belegt!)
    Matt kannte die Geschichte. Die Historie der Fliegerei hatte ihn immer schon interessiert; er war nicht von Ungefähr Pilot geworden. Eine Meinung, wer denn nun wirklich die allerersten Motorflugpioniere gewesen waren, vertrat er jedoch nicht – Gustave Whitehead oder doch die Brüder Wilbur und Orville Wright.
    Ihn faszinierte, auf eine beinahe kindliche Weise, dass er mit dem Leben Whiteheads in Berührung kam, auf diesem eigentlich unmöglichen Wege.
    Aber genau das war auch die Krux…
    Lebte Whitehead denn noch? Oder war er bei dem Erdbeben umgekommen? Und: War es womöglich seine, Matts Bestimmung – warum auch immer –, Gustave Whitehead das Leben zu retten?
    Aus dem, was Matt über ihn gelesen hatte, wusste er, dass Whitehead dem Erdbeben nicht zum Opfer gefallen war. Er hatte gelebt bis… an das genaue Jahr konnte er sich nicht erinnern, aber es war definitiv nach 1906 gewesen.
    1906 lebte Gustave Whitehead offenbar in San Francisco, arbeitete als Konstrukteur. Auch das wusste Matt nicht mehr aus dem Gedächtnis, sondern weil
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