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236 - Gestrandet

236 - Gestrandet

Titel: 236 - Gestrandet
Autoren: Ronald M. Hahn und Christian Schwarz
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Lieutenant Rayna und Lieutenant Sharp von der VENGEANCE begegnet. Er hatte keine gute Ausrede parat gehabt. Er hatte Rayna und Sharp tuscheln hören: »Oooch, warum sieht er denn so traurig aus?« Sie hatten ihn sich gegriffen und in ein Restaurant geschleift.
    Nun waren die Frauen zu ihrem Landquartier unterwegs. Kenner stand an der fünfzig Zentimeter hohen Promenadenmauer, schaute sich das Kreuz des Südens an und qualmte eine Zigarette, obwohl er diese dumme und teure Angewohnheit schon vor Jahren aufgegeben hatte. Den Plan, sich zuzuschickern, hatte er noch nicht zu den Akten gelegt. Er hatte noch vier Tage frei, konnte sich ausschlafen.
    Je länger er über seinen Plan nachdachte, umso bewusster wurde ihm, dass er keine zwanzig mehr war. Wenn er heutzutage einen Kater hatte, hatte er zwei Tage lang etwas davon. Bei einem großen Kater konnten es auch drei werden. Außerdem scheute er den Morgenpelz auf der Zunge. Und den Tatterich.
    »Lassen wir’s«, murmelte er. »Es bringt doch nichts.«
    »Es kommt immer drauf an, mit wem man’s macht«, sagte eine Stimme neben ihm. »Allein macht’s mir auch keinen Spaß. Oder sagen wir mal: nur selten.«
    Kenner drehte den Kopf. Neben ihm stand Halle Berry. Ihre schwarzen Augen glänzten und lachten. Bei genauerem Hinsehen war sie natürlich nicht Halle Berry, aber sie hätte als ihre jüngere Schwester durchgehen können. Sie war auch nicht wie ein Filmstar gekleidet, sondern wie das Mädchen von nebenan: Jeans, Turnschuhe, T-Shirt.
    Das T-Shirt war bedruckt: S5CK MY D1CK. Auch wenn das Englisch der jungen Dame fast akzentfrei war, wusste Kenner sofort, woher sie kam: Nur in Deutschland war man verwegen genug, Obszönitäten spazieren zu tragen.
    Er war versucht, in ihrer Sprache zu antworten, doch er hatte Hagen im Alter von zehn Jahren verlassen. Seine Grammatik war unter aller Sau. Also lächelte er und sagte: »Sie erinnern mich an jemanden.«
    »Ich heiße Mandy.« Mandy hielt ihm die Rechte hin.
    Kenner nahm die Zigarette aus dem Mund und schüttelte Mandys Hand. Ihr Vorname verwunderte ihn nicht: Laut Newsweek war das letzte »Fräulein Hildegard« um 1948 zur Welt gekommen. »Bob.«
    »Machen Sie Urlaub, Bob?« Mandy deutete auf den Strand. Bevor Kenner antworten konnte, fügte sie hinzu: »Meine Art kommt Ihnen sicher komisch vor, aber… Ich hab Sie mit den Damen im Restaurant gesehen. Da hab ich mir gedacht, er könnte es sein.«
    »Wer?« Kenner konnte es kaum fassen. Seine alte Liebe spukte noch in seinem Kopf herum, und schon buhlte Miss Universum um seine Gunst. »Wer könnte was sein?«
    »Na, Sie könnten der Richtige sein!« Mandy rückte ihm so dicht auf die Pelle, dass er nicht übersehen konnte, wie gut sie ihr T-Shirt ausfüllte. Ihre geschmeidigen Bewegungen signalisierten, dass sie darauf wartete, dass er sie anfasste.
    »Sie gehen aber ran.« Kenner schaute sich unauffällig um. Wo war die versteckte Kamera? Kam Luana gleich um die Ecke, um den Zuschauern irgendeiner Randale-Sendung zu erklären, sie hätte schon immer gewusst, er würde sich bei erstbester Gelegenheit mit einer anderen trösten?
    Mandy lächelte schelmisch. »Meine Mutter hat gesagt: ›Wenn du ihn siehst, schnapp ihn dir, sonst macht’s eine andere.‹ Eins ist sicher: Wenn man’s nicht wenigstens rauszukriegen versucht, vertut man eine Chance. Und dann grämt man sich vielleicht für den Rest seines Lebens.«
    Kenner trat die Zigarette aus und hielt Mandy den Arm hin. Sie hakte sich ein.
    Minuten später saßen sie in Willies Strandcafé unter Palmen, tranken Wein und machten sich bekannt. Mandy war achtundzwanzig. Übersetzerin. Englisch-Deutsch, Französisch-Deutsch. Sie kam aus Berlin und übersetzte dickleibige Fantasy-Schwarten. Sie hatte sich den Traum erfüllt, ihren Beruf unter Palmen auszuüben. »Für den Kontakt mit den Verlegern gibt’s ja die Buchmesse.« Sie hatte auch mal Pornos übersetzt, natürlich unter Pseudonym, denn so versautes Zeug wollte sie nicht im Regal stehen haben, wenn Tante Katrin zu Besuch kam. »Und was machst du, Bob?«
    Bob Kenner spulte die Legende ab, die sich die Marineabwehr für ihn ausgedacht hatte.
    »Ich bin Beamter.« Er seufzte. »Ich sortiere Akten. Klingt wahnsinnig spannend, nicht?« Er grinste. »Ich arbeite im US-Konsulat in Melbourne. Ich helfe Touristen, denen man die Brieftasche geklaut hat, heil nach Hause zu kommen.« Die Lügen kamen locker über seine Lippen. Zu seiner Mutter hatte er im Scherz gesagt, seine
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