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236 - Gestrandet

236 - Gestrandet

Titel: 236 - Gestrandet
Autoren: Ronald M. Hahn und Christian Schwarz
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Nahrungsmittel von ihrer Scholle. Dazu gehörte das Biotief, eine überaus seltsame Pflanze, die man nicht nur als Nahrungsmittel verwenden konnte, sondern zum Beispiel auch als Ohrstöpsel. Matt warf einen kurzen Blick auf die grüne, fasrige Masse in seiner Hand, die tatsächlich ein wenig wie gekochter Spinat aussah. Er wusste, dass sich im Lagerraum zehn Säcke mit Biotief stapelten, nebst einigen anderen »Kleinigkeiten«, die aus Seetang zubereitet worden waren.
    »So, nachdem wir das erledigt haben, sollten wir unser Essen einnehmen«, sagte Borisov. »Ich hab den Tisch bereits gedeckt. Äh, und gebt mir das Biotief zurück. Es ist ein Geschenk Gottes, das dürfen wir nicht verschwenden.« Er nahm seinen Passagieren die grüne Masse aus den Händen, holte die seine aus der Hosentasche und knetete sie zu einem kleinen Klumpen zusammen. Mit diesem verschwand er im Schiffsbauch.
    Matt und Aruula folgten ihm und sahen verwundert, wie Borisov die Ohrstöpsel wieder auseinander pulte und als drei gleich große Portionen Gemüsebeilage auf den Tellern drapierte. Dann legte er die gebratenen Grauschwabbs daneben und grinste seine Passagiere auffordernd an.
    »Ich glaube, heute verzichte ich mal auf den Salat«, sagte Matt, dem sich alle Nackenhärchen aufgestellt hatten. »Ihr könnt mein Gemüse haben.«
    »Wirklich?« Aruula sah ihn unschuldig lächelnd an.
    »Wirklich.«
    Sie wandte sich an den Kapitän. »Mir steht der Sinn auch mehr nach Fleisch. Wenn du willst, Nikolaus, kannst du mein Gemüse auch noch haben.«
    »Aber gern«, erwiderte der, schaufelte sich die Portionen seiner Gäste auf den eigenen Teller und verzehrte alles behaglich schmatzend mit sichtlichem Appetit.
    Die Nacht, in der sich die drei mit der Wache abwechselten, verlief ohne Zwischenfälle. Die WELLENSPRINGER steuerte mit festgestelltem Ruder unbeirrt in Richtung Südpol – den ehemaligen Südpol, während der neue nach der Verschiebung der Erdachse nun außerhalb der Antarktis lag.
    Als die Sonne aufging, zogen zahlreiche Vögel am Himmel ihre Kreise. Der Wind brachte vielstimmiges Krächzen mit. Nicht weit von ihnen trieb ein kleinerer Eisberg, einer von nur dreien, die sie zwischen Schelf- und Innenland gesehen hatten. Weit hinten am Horizont schälte sich eine Landmasse aus dem Dunst. Grau und schroff, so wie Borisov es angekündigt hatte. Matt wusste aber seit seinem Aufenthalt an Bord der Internationalen Raumstation ohnehin, dass die Antarktis nur noch zu einem Drittel eisbedeckt war.
    Einige Stunden später steuerten sie an ersten Klippen vorbei. Käpt’n Borisov schien den Weg zur Handelsstadt Lanschie, die in einer Freihandelszone lag, im Schlaf zu kennen. Kein Wunder, schließlich war er, eigener Aussage nach, »Rozhkois bester Käpt’n«. Das Klippengewirr wurde allmählich dichter, während sich das Festland der Antarktis immer detailreicher präsentierte.
    Bereits nahe dem Ufer tuckerten sie gemächlich um eine etwa vierzig Meter hohe Klippenwand, als Matt, ohnehin schon angespannt, plötzlich die Augen zusammen kniff und die Hand darüber legte, um die blitzenden Sonnenreflexe abzuhalten. »Das… das glaub ich einfach nicht«, murmelte er fast ehrfürchtig.
    ***
    Januar 2012, Hobart, Tasmanien
    Trotz des lauen Abendwindes, der die Promenadenpalmen rascheln ließ, stand Bob Kenner fröstelnd da und lauschte der Musik, die aus einem Strandcafé auf die Straße schallte: All You Need is Love.
    Welch ewige Wahrheit, Johnny, ging es ihm durch den Kopf. Trotzdem war er verzweifelt und erschöpft. Er traute sich kaum zu atmen. Seit Luana gesagt hatte, sie wolle den Rest ihres Lebens ohne ihn verbringen, peitschte ihn eine innere Kälte. Sie wollte nicht weichen.
    Blödmann. Idiot. Warum hast du sie gehen lassen? Zuerst war ihm heiß geworden. Er hatte geglaubt, sein Schädel müsse zerspringen. Luana war aufgestanden und hatte das Lokal verlassen.
    Bob Kenner hatte seinem spontanen Verlangen – aufstehen und hinterher – nicht nachgegeben. Warum? Keine Ahnung. Eine große Trauer war über ihn gekommen. Dann die Wut des schlechten Verlierers: Nach allem, was ich für sie getan habe. Und schließlich: undankbares Miststück.
    Probleme waren dazu da, dass man sie überwand. Also: Zusammenreißen. Mach bloß nicht das Sensibelchen! Wirke ausgeglichen. Sei ein Mann!
    Also: Beschluss gefasst. Besaufen! Er war zum Hafen runter gegangen, wo die Kneipen waren. Aber aus dem Besäufnis war nichts geworden. Er war Lieutenant Naomi Goldwyn,
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