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206 - Unterirdisch

206 - Unterirdisch

Titel: 206 - Unterirdisch
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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schon mehr als die Hälfte der Wände, des Bodens und der Decke.
    Bald begann das so unförmige wie weitläufige Lebewesen feine Fäden auszubilden, die vergeblich Halt an seinem Anzug, auf seinem Helm, an seinen Handschuhen suchten. Matt Drax gab einen Schuss aus dem Laserblaster ab. Der Strahl fuhr in die Wand, auf zwei Metern Länge warf das organische Gewebe Blasen, kochte auf, verkohlte und zerfiel.
    Nach fünfhundert Metern etwa hörte er die Hilferufe einer weiblichen Stimme. Sie klang alles andere als betäubt, und sie ging ihm durch und durch. Er hörte auch Stöhnen und Röcheln.
    Und dann hörte er es scharren und knirschen.
    Ein Mammutwurm tauchte plötzlich dreißig Meter vor ihm in dem inzwischen gänzlich mit waberndem Pilzgewebe ausgekleideten Stollen auf. Dahinter entdeckte er einen zweiten und einen dritten Wurm. Mit ihren Schädeln rammten sie die Höhlenwände, durchbohrten die Pilzschicht und bissen tief in den Fels hinein. Das Knirschen jagte Matt Schauer über den Rücken.
    Die Würmer rückten näher und näher. Matt lief rückwärts den Stollen hinauf. Er hob den Laserblaster und drückte ab.
    Der Strahl fuhr oberhalb der Kauscheren in den grauweißen Wurmschädel des ersten Tieres. Der warf Blasen und platzte und dampfte. Ein Schwall kochender und mit Blut vermischter Flüssigkeit ergoss sich in den Stollen. Die Mammutwürmer hinter dem getroffenen Tier schlugen ihre Kauwerkzeuge in die Stollenwände und knirschten und mahlten.
    Schlagartig begriff Matt, was sie vorhatten. Er schoss, doch weil der tote Wurm die Leiber seiner Artgenossen deckte, feuerte er über diesen hinweg und verfehlte die anderen dahinter. Er fluchte, drehte sich um und spurtete zurück zum Ausgang. Hinter ihm brach der Stollen zusammen.
    Minuten später hechtete Matt Drax aus dem Stollen und rollte sich im Gras ab. Hinter ihm schoss eine Staubwolke aus dem Bergwerkseingang. Tief in der Erde grollte und donnerte es.
    »Was ist geschehen?!« Barah lief zu ihm und kniete neben ihm nieder. »Hast du unsere Leute gesehen? Hast du die Priesterin oder die Statthalterin gefunden?«
    Matt schob das Visier hoch. »Ich habe eine Frauenstimme um Hilfe rufen hören«, sagte er. »Die Riesenwürmer haben den Stollen zerfressen, bis er zusammenstürzte. Doch die Frau klang, als würde sie noch durchhalten.« Er fasste Barah bei den Armen. »Ich muss einen anderen Weg nehmen! Gibt es irgendwo im Dschungel um die Ruinensiedlung ein Pilzfeld?«
    »Ein Todesbett?«, fragte sie heiser. Er nickte. »Ja, aber… das ist viel zu gefährlich…«
    »Bring mich hin!« Matt Drax sprang auf und lief zum Rouler. Die schöne Barah folgte ihm.
    Auf dem Rücksitz lag Rulfan. Er hatte sich zusammengekrümmt, ein Schüttelfrost zerrte an ihm. Chira hockte im Fußraum vor der Rückbank und winselte.
    »Er braucht dringend Ruhe und neue Medizin«, sagte Barah.
    Das Pilzfeld lag auf der anderen Seite der Ruinensiedlung.
    Barah steuerte den Dampfrouler an Ruinenfassaden vorbei ins besiedelte Zentrum von Nyaroby. Überall räumten Einwohner die Trümmer beiseite. Sie arbeiteten mit Flaschenzügen und Zebras.
    Barah bog in den Hof eines halb zerstörten Gebäudekomplexes, den sie Asyl nannte. Es war eine Mischung aus Parlamentsgebäude, Zentralklinik, Garage und Forschungszentrum. Das Erdbeben hatte den Komplex halb zerstört. An seiner Westseite stand das Haus von Barahs Mutter, ein kleiner niedriger Flachbau. Vor ihm stoppte Barah den Rouler.
    Das Wohngebäude bestand größtenteils aus Holz und verfügte über einen terrassenartigen Innenhof, der Matt an ein römisches Atrium erinnerte. Palmen standen hier, und in seiner Mitte sprudelte ein Brunnen.
    Sie legten Rulfan auf ein Lager neben Palmen. Barahs Mutter war eine stolze Frau von edler Schönheit. Matt Drax schätzte sie auf höchstens vierzig Jahre. Sie ließ ihre männlichen Diener Früchte auftragen und dem Kranken mit Palmwedeln frische Luft zufächeln. Was ihr sichtlich nicht behagte, war der Anblick der Lupa. Chira ließ sich wie selbstverständlich neben dem Krankenlager ihres Herrn auf ihren Hinterläufen nieder.
    Barah und Matt redeten der Frau gut zu, und schließlich erklärte sie sich einverstanden, das Tier in ihrem Haus zu dulden.
    Matt Drax ging vor Rulfans Lager in die Hocke, um sich zu verabschieden. »Ich muss dich jetzt allein lassen, mein Freund«, sagte er. »Das Pilzsystem scheint ihre wichtigsten Leute geschluckt zu haben. Ich muss etwas tun für unsere neuen Verbündete, so
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