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202 - Unter schwarzer Flagge

202 - Unter schwarzer Flagge

Titel: 202 - Unter schwarzer Flagge
Autoren: Ronald M. Hahn
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nach vorn. »Keetje, der wir alle sehr viel verdanken, hat etwas gegen Yann vorzubringen, das du dir unbedingt anhören musst.«
    Haggard runzelte die Stirn. »Ja?« Er nahm die eigenartig verlegen wirkende Keetje in Augenschein. »Na los, Meisje, sprich frei heraus.«
    »Vor zwei Monden«, sagte Keetje, »hat er auf der Insel Bali meine Mutter umgebracht.«
    Haggard erbleichte. Es schien ihn über alle Maßen zu entsetzen, dass jemand seinem Bruder eine solche Tat zutraute.
    »Das ist völlig unmöglich«, sagte er dann. »Aber weil Yann mein Bruder ist, gehst du vermutlich davon aus, dass ich lügen werde, um ihn zu schützen.«
    Keetje sagte nichts, doch Matt sah ihrer Miene an, dass sie genau dies dachte.
    Der Smutje und ein Gehilfe hatten das Zeug gebraut, dass angeblich Kaffee war, und verteilte es nun in Blechtassen an alle Anwesenden.
    »Deswegen werde ich Folgendes tun«, fuhr Haggard fort.
    »Der Smutje wird dir ins Ohr flüstern, wo wir in den Wochen waren, in denen deine Mutter ums Leben gekommen ist. Falls dir das nicht genügt, wird auch sein Gehilfe dies tun. Und dann werde ich dir das Gleiche sagen wie sie. Und ich hoffe, das wird dich überzeugen, dass du Yann mit jemand anderem verwechselst.« Er schaute sie eingehend an. »Bist du damit einverstanden?«
    Keetje schluckte. Schließlich nickte sie. »Ja.«
    Haggard winkte dem Smutje zu. »Sag ihr, wo wir vor zwei Monden waren.«
    Der Smutje flüsterte es ihr ins Ohr.
    Keetje schaute Haggard an, und Haggard sagte: »Auf hoher See, und zwar vor der Küste von Timor.«
    »Aber das heißt ja…«, murmelte Keetje und brach ab. Dann schlug sie sich die Hände vors Gesicht. »Und ich hätte ihn beinahe umgebracht! Wie kann ich das nur wieder gutmachen?«
    »Ich wüsste schon was«, sagte Matt. »Ich glaube, dass Yann in den nächsten Wochen jemanden braucht, der ihn betreut. Da du deine Passage ohnehin abarbeiten musst, kannst du dich auf diese Weise nützlich machen.«
    Keetje nickte. »Einverstanden.«
    Haggard schaute nun Matt und Rulfan an. »Ich hab zwar versprochen, euch nach Afra zu bringen, aber ich hoffe, es bringt eure Pläne nicht durcheinander, wenn wir zuerst Madagaskar anlaufen. Dort bringen wir Yann zu einem Heiler und schaffen uns Slodder und jene Kerle vom Hals, die ihm zu tief in den Allerwertesten gekrochen sind.«
    »Wie ich gehört habe«, warf der Smutje ein, »kaufen die vornehmen Herren auf Madagaskar gern weiße Sklaven an.«
    Nun glänzten Haggards Augen. »Das träfe sich gut. Von dem Gewinn können wir neue Leute anheuern und ein Geschütz erstehen.« Er rieb sich die Hände. »Ich habe vor, auf dem Rückweg Fonteins Insel noch einmal anzulaufen und den Schatz zu bergen. Mir ist nämlich eingefallen, dass er Ihrer Majestät nun gar nicht mehr gehört. Nach Fonteins Tod ist er Beutegut.«
    Der Smutje zwinkerte seinem Gehilfen zu. »Ich wette, das wird der Mannschaft gefallen…«
    ***
    Die Sonne beschien die spiegelglatte See. Der Himmel war himmelblau. Die Segel knatterten in der Brise.
    Yann lag unter einem Sonnensegel auf einer Liege. Keetje reichte ihm ein Glas mit Tee. Chira stützte sich mit Pfoten auf die Steuerbordreling und behielt die Leukomorphen im Auge, die in der Hoffnung neben dem Schiff herjagten, dass bald wieder irgendein sorgloser Dummkopf über Bord fiel.
    In den Wanten und an Deck gingen die Männer ihrer Arbeit nach. Master Haggard stand auf dem Achterdeck, brummte vor sich hin und suchte mit einem Messingfernrohr die See ab.
    Trotzdem… Irgendetwas stimmte nicht.
    Als Slodder mit dröhnendem Schädel, vom Gekreisch der Seevögel geweckt, ins Freie trat, fragte er sich, was heute anders war als gestern.
    Dann fiel es ihm ein: Hätte Haggard nicht in einem finsteren Laderaum darben müssen? Wieso stand er da oben und spielte den Kapitän?
    Slodder schaute sich um. War die Schelm nicht sein Schiff?
    Hatte er sie nicht zurückerobert?
    Auch am Ruder hatte sich etwas verändert: Dort stand mit wehender Mähne Rulf Barbossa und wies den kleinen Rotzlöffel Duivemest in die Kunst der Navigation ein.
    Und Sparrow stand, gestiefelt, gespornt und bewaffnet ganz in seiner Nähe und feuerte die Kerle in den Wanten lautstark an, die schwer verkatert dreinblickten.
    Wo, dachte Slodder, sind meine… Er schaute sich um, doch die Bewegung allein verursachte ihm heftige Pein.
    Barbossa überließ Duivemest das Ruder und näherte sich Slodder mit festen Schritten.
    »Na, ausgeschlafen?«, fragte er und bückte sich, um
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