Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
202 - Unter schwarzer Flagge

202 - Unter schwarzer Flagge

Titel: 202 - Unter schwarzer Flagge
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
wo Rulfan ist?«
    »Klar.« Keetje hatte während der Reise genug Zeit gehabt, das Schiff zu erforschen. Sie kannte fast jeden Winkel, denn sie hatte wissen wollen, wo man am sichersten unterschlüpfen konnte, wenn einem jemand auf den Fersen war.
    »Ich hab mich mein Leben lang versteckt«, murmelte sie, als sie durch die Gänge schlichen. Sie hatte das primitive Schloss mit einem Stück Eisen geknackt. »Meine Mutter…«
    Sie zögerte, wirkte zum ersten Mal verlegen. »Sie hatte keinen guten Umgang. Ich fand es besser, wenn diese Leute gar nicht erst wussten, dass es mich gab.«
    Sie schlichen – ohne den Luxus einer Laterne – durch den Bauch des Schiffes. In den tiefsten Tiefen konnte man das Glucksen des Wassers hören, von dem die Schelm umgeben war.
    Matt stellte sich mit Schrecken die Frage, ob das Inselbiest schwimmen konnte. Vielleicht umkreiste es die Brigg schon und wartete auf eine Gelegenheit, sich an Bord zu ziehen und einen Seemann nach dem anderen zu erwürgen und zu fressen.
    »Hier ist es.« Keetje hielt vor einer Tür an, unter deren unterem Rand ein guter Zentimeter Raum war.
    Matt lauschte, hörte aber nichts. Er legte sich auf den Bauch und versuchte etwas in dem Raum dahinter zu erkennen.
    Pfeffergeruch drang an seine Nase. Da der Raum unter der Wasserlinie lag, gab es hier kein Bullauge. Matt machte zwei, drei Mal »Pssst!«, dann hörte er Yann sagen: »Da ist jemand!«
    »Yann?«
    »Ja?«
    »Hier ist Matt. Wer ist bei dir?«
    Yann kroch an die Tür und flüsterte durch die Ritze:
    »Gütiger Kristian! Es gibt also noch Hoffnung!« Er nannte Matt die Namen seiner elf Mitgefangenen. Matt kannte nur Haggard, Duivemest, Leeuwemoed und Eefje, die Bordschwalbe.
    »Wo sind die anderen?«
    »Am Ende des Ganges«, hauchte Keetje. »Geh schon mal hin, ich knack das Schloss.« Sie zückte ihren Dolch, und Matt hatte urplötzlich die Vision, dass sie Yann, wenn er über Schwelle trat, die Klinge ins Herz rammte.
    »Keetje…« Er legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du wirst doch nicht…«
    »Was?« Sie schaute ihn aus großen Augen an, die so unschuldig wirkten, dass es schon verdächtig war.
    »Du willst ihn töten«, sagte er. »Gib es zu.«
    Keetje senkte den Blick.
    »He, Matt«, sagte Yann hinter der Tür. »Was ist da draußen los? Wer ist bei dir?«
    »Moment«, sagte Matt. Er wandte sich wieder Keetje zu.
    »Du kannst doch nicht kaltblütig einen Menschen umbringen, der dir gar nichts getan hat.«
    »Mir hat er nichts getan«, fauchte Keetje. »Aber meiner Mutter.«
    »Das kann nur ein Irrtum sein«, sagte Matt. »Ich habe mich öfters mit ihm unterhalten. Er wäre zu so etwas nicht fähig.« Er fragte sich, ob er es wagen konnte, Keetje das Messer aus der Hand zu reißen.
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Keetje zornig. »Auch er gehörte zum Umgang meiner Mutter.« Sie wich seinem Blick nun aus. »Sie hat… Sie war… Sie hat von Männern gelebt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Und?«
    »Wenn Freier zu ihr kamen, hab ich mich im Wandschrank versteckt. Ich habe schlimme Dinge gehört, aber vor zwei Monden war es so schlimm, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht zu schreien. Da war dieser Mönch bei ihr… Er wollte ihr den Schaitan austreiben. Als er fertig war, ist er rausgelaufen. Und Mutter war tot. – Seitdem suche ich ihn. In Alunga hab ich ihn gefunden.«
    »Yann ist kein Mönch«, sagte Matt. »Du musst ihn mit jemandem verwechseln!«
    »Matt?«, fragte Yann erneut. »Mit wem redest du da?«
    »Du irrst dich, Keetje, glaub mir.« Matt streckte die Hand nach ihrem Messer aus. »Gib mir das Ding.«
    »Nein.« Keetje zog die Hand zurück.
    »Wir haben jetzt keine Zeit für Diskussionen, Keetje.«
    Verzweiflung stieg in Matt auf. »Versprich mir wenigstens… dass du deine Pläne aufschiebst, bis er eine Gelegenheit hat, sich zu der Sache zu äußern.« Er räusperte sich. »Wenn er schuldig ist… Ich verspreche dir, dass er seiner gerechten Strafe nicht entgeht.«
    Keetje schaute ihn an. »Ich weiß nicht, warum ich dir glaube«, sagte sie dann und steckte das Messer weg.
    Gemeinsam befreiten sie die Gefangenen.
    »Bei Kristian!«, sagte Haggard und reichte Matt die Pranke.
    »Wie kann ich dir je danken?«
    »Ich wüsste da schon was«, sagte Matt. »Eine Passage nach Madagaskar. Oder gleich bis nach Afra.«
    »Ich würde dich sogar ins sagenumwobene Meeraka bringen.« Haggard schaute sich rauflustig um. »Wer ist das denn?«, fragte er, als er Keetje sah, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher