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202 - Unter schwarzer Flagge

202 - Unter schwarzer Flagge

Titel: 202 - Unter schwarzer Flagge
Autoren: Ronald M. Hahn
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vor dem kleinen Kutter geschwebt, und nachdem die Seeleute schon mit ihrem Leben abgeschlossen hatten, waren sie über die Lautsprecherstimme, die lediglich darum gebeten hatte, zwei Passagiere absetzen zu dürfen, recht erleichtert gewesen.
    Einige Werkzeuge als Bezahlung und das Angebot, kräftig mit anzupacken, hatten den Kapitän dann vollends überzeugt, den Blonden und den Weißhaarigen zu ihrem Zielhafen mitzunehmen. Matt und Rulfan hatten sich von den beiden Technos Paul und Rebekka verabschiedet und sich aus dem maroden Flugpanzer an Deck abgeseilt. Jackson 7 hätte die Strecke nach Afrika niemals bewältigen können, ohne irgendwann in den Indischen Ozean zu stürzen.
    Sogar Rulfans Lupa hatte einen Job gefunden: Chira jagte im Bauch des Kutters nach Ratzen. Mit Senf waren sie für Seeleute eine willkommene Bereicherung ihrer von Fisch dominierten Speisenkarte.
    Die Wanky transportierte Bauholz und leere Flaschen.
    Flaschen waren in der postapokalyptischen Welt begehrt: In vielen Gegenden war die Kunst der Glasbläserei in Vergessenheit geraten. Findige Unternehmer verdienten ihren Lebensunterhalt mit der Ausgrabung von Behältern, in denen sich Flüssigkeiten und Pülverchen transportieren ließen. In Asien waren vorwiegend Drogenhändler hinter Flaschen her: Oft fuhren malaiische Piraten in den Süden und raubten Glasspediteure aus. Manche gingen sogar an Land und fielen in der Nacht über sie her, wenn Anlegemanöver die Seeleute ablenkten, »Wo sind wir?«, fragte Matt. »Ist das Perth?«
    »Alunga. Perth gibtz nimmehr.« Der Skipper übergab das Ruder an einen seiner Leute und gesellte sich zu Matt, Rulfan und die Männer unter dem Sonnensegel. Er war voller Pockennarben und ein Produkt verschiedener Völker und Rassen. Am ehesten ähnelte er einem Inder, aber das lag auch nur an seinem weinroten Turban. »Rund ummen Svoan Ribah Layk gibtz’n paar Käffe, wo die Matschisten ‘t Sagen hahm, ey. Die hau’n sich ewich auf e Fresse, ey.« Er kicherte. »Auf jehn Kriech folcht ‘ne Siegesfeier, da schickernse sich bis zu’n Umfallen zu und weafen die leeren Pullen anne Wand, ey.« Er schnalzte mit der Zunge. »Traditzjonen, ey! Die belehm et Geschäft. – Hahaha!«
    Ey, dachte Matt.
    Der Skipper deutete auf das vom Himmel prasselnde Nass, hinter dem nun allmählich Gebäudestrukturen sichtbar wurden.
    »Kumma, datta is Alunga.«
    Vereinzelte Lichtpunkte. Der Wind schaukelte ferne Laternen. Als Matt über den Bug schaute, entdeckte er andere Schiffe. Die meisten waren Fischerboote, so winzig, dass sie nur für die Küstenseefahrt taugten. Vielleicht hatten irgendwo auch größere Schoner Anker geworfen. Im Moment war es aber zu dunkel, um Genaueres zu erkennen.
    »Wat eure Weiterfahrt angehn tut«, fuhr der Skipper fort, »kannsch nur wiedaholn, watsch schon gesacht hab: Is kaum mit zu rechn’, dat ihr hia auf große Kähne trefft, ey.« Er räusperte sich. »Seid bloß foasichtich: Hier wimmeltz von Lumpen, die ahnungslosen Fremdn et Fell üba de Ohren ziehn.«
    Matt und Rulfan tauschten einen Blick. Nach allem, was ihnen in den letzten Jahren widerfahren war, war die Aussicht, auf simple Langfinger zu stoßen, fast ein Vergnügen.
    Matt wusste nichts über Alunga, aber selbst wenn der Ort vor der Eiszeit einige zehntausend Menschen beherbergt hatte, war nun nichts mehr davon zu sehen: Im Dunkel ragten nur ein paar aus groben Steinquadern gefertigte, einstöckige Häuser auf. Im Hintergrund waren dicht bewaldete Hügel zu sehen.
    Exotische Bäume duckten sich unter dem Regen.
    Den Versuch, die Gebäude zu zählen, gab Matt wegen schlechter Sicht auf. Mindestens fünfzig, schätzte er. Es konnten aber auch zwei bis drei Mal so viele sein.
    Der Wolkenbruch degenerierte zu einem gemütlichen Tröpfeln. Die Bewaffneten sprangen an Land, schauten sich um und signalisierten, dass die Luft rein war. Der alte Mond kam zwischen Wolkenfetzen hervor und tauchte die Wanky in einen gespenstischen Schein.
    Der Skipper rief seinen Leuten Anweisungen zu. Die Matrosen verstreuten sich. Einige schoben die Gangway an Land, andere bauten quietschende Flaschenzüge auf. Kräftige Kerle stürzten sich auf die Fracht und machten Anstalten, sie an Land zu hieven.
    Aus der Dunkelheit lösten sich knarrende vierrädrige Karren und rollten auf das Schiff zu. Sie wurden von weißen Zweibeinern mit Schlapphüten gelenkt und von schwarzen Vierbeinern mit Schlappohren gezogen.
    Begrüßungsworte und Scherze flogen vom Schiff an
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