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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag
Autoren: Joachim Masannek
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stahlgraue Lachen. Das hatte überhaupt nichts mehr mit Jojo, dem purpurnen Sonnenuntergangslicht oder der Glückslaterne zu tun. Nein, das war das Gegenteil von Glück, und ich wünschte mich schon nach Hause zu meiner Mama unter die Kopfkissenzipfellutscherdecke, als mich Leons Stimme erlöste.
    „Hey! Mach dir nichts draus!“ Der Slalomdribbler stand vor mir. „Die haben wir heute in die Hölle geschickt und das nur, weil du unser Maskottchen bist. Seitdem du da bist, haben wir …“
    „… noch kein einziges Mal verloren!“ Ich erwiderte sein Lächeln, und als er meine Hand nahm, um mir mit einem Schwung aufzuhelfen, kehrte das Glück wieder zu mir zurück. Das Glück und das purpurne Sonnenlicht.
    In dem humpelte Leon jetzt zurück auf den Platz. Er zwinkerte mir noch einmal zu. Nur ganz kurz. Doch das Sonnenlicht blitzte in seinem Auge auf und als wäre dieses Blitzen ein Zauberblitzen gewesen, wurde ich für die letzten fünf Minuten zu ihm. Ich wurde zu Leon, dem Slalomdribbler, und in meiner Fantasie rannte ich wie er über den Platz. Ich spielte den Doppelpass mit Vanessa und legte dann blitzschnell für Raban auf. Ich spürte die Haut und den Atem der Freunde, als wir uns beim Torjubel danach umarmten. Bei diesem Torjubel, ja, und den zwei weiteren, die dem ersten noch folgten. Und dann fuhr ich mit ihnen allen zusammen aus dem Teufelstopf hinaus.
    Unsere sieben Motorradscheinwerfer glänzten wie Sterne. Die Turboschwungräder machten dazu die passende Musik und auf den fetten Motorradtanks prangten die Wilde-Kerle-Embleme: das listige Auge über dem fauchenden Maul.
    Erst danach – die Wilden Kerle waren längst hinter dem Hügel vorm Teufelstopftor verschwunden – wachte ich aus meinem Traum auf. Ich wurde wieder zu Nerv, dem kleinen Maskottchen, und stand allein im Teufelstopf . In meinem hellblauen Matrosen-T-Shirt und der rosa-weiß karierten Hose. Doch der Abendwind blies mir den Stolz ins Gesicht, und mit diesem Stolz rief ich so laut ich konnte:
    „Ich heiße Nerv, und das, was ihr jetzt seht, ist der Seitfallflugvolley-Dampfhammer-Booster!“
    Ich warf meinen Ball, den ich selbst schwarz angestrichen hatte, hoch in die Luft. Ich holte mit dem rechten Bein Schwung, sprang seitlich ab, bis ich parallel über dem Boden schwebte, und drosch das Leder mit links: DABA-DABAHM!
    Dann fiel ich wie in Zeitlupe auf den sandigen Boden, und während ich fiel, sah ich alles genau:
    Wie der Ball Richtung Kiosk schoss. Wie er dort Willis Schaukelstuhl rammte, dass dieser samt Willi einen Salto vorwärts sprang. Ich sah, wie die Kugel nach rechts oben flog. Ich sah, wie sie gegen das Dach des Wohnwagens prallte und von dort wieder zurück. Dorthin, wo Willi auf dem Boden lag. Und über ihm hing die Kanne. Die Gießkanne, die die Wilden Kerle manchmal als Dusche benutzten. Doch heute war sie noch voll, und als sie jetzt langsam zu kippen begann, verwandelte sie den besten Trainer der Welt in einen begossenen Pudel.
    „So, jetzt bist du wach!!“, fauchte ich Willi in sein verdattert-zerknauschtes Gesicht. „Jetzt weißt du Bescheid. Denn mit diesem Seitfallflugvolley-Dampfhammer-Booster rette ich eines Tages die Welt. Die Wilde-Kerle-Welt! Wenn du weißt, was ich meine!“
    Dann packte ich meinen Ball, rannte zu meinem – leider schwarz-gelb gestreiften – Fahrrad und raste hinter den Kerlen her. Ich schaute kein einziges Mal zu Willi zurück. Deshalb sah ich auch nicht den Blick, mit dem er das Wasser aus seinem Filzhut wrang, und plötzlich zum Himmel hochschaute. Dort kreiste ein Falke. Ein Falke, verflixt. Doch Willi schaute ihn an, als käme der Vogel direkt aus der Hölle, ja, oder zumindest von einem Ort, der der Hölle sehr ähnlich war.

WENN MAN DAS GRAS
SCHREIEN HÖRT …
    Die Wilden Kerlen saßen schon auf der Terrasse der Eisdiele von Marlons und Leons Vater. Das war das Ritual nach jedem gewonnenen Spiel, sobald das Café im Frühjahr eröffnete. Und heute war Frühling. Verflixt! Der fetteste Frühling, den man sich vorstellen kann. Es war nämlich April. Die Osterferien hatten gestern begonnen, und das ist, hört ihr, die wildeste Zeit. In dieser Zeit wurden die Wilden Kerle geboren. Doch anstelle des Schnees und des ewigen Winters, gegen den sie vor drei Jahren hatten ankämpfen müssen, schien heute die Sonne. Sie war frühsommerlich warm und die Heizstrahler, die auf der Terrasse standen, konservierten ihre Wärme auch noch nach Sonnenuntergang.
    Eigentlich musste ich längst zuhause
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