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1912 - Der Zylinder-Mann

Titel: 1912 - Der Zylinder-Mann
Autoren: Unbekannt
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gewiß."
    „Navajo treibt sich nicht herum", entgegnete Jedder kopfschüttelnd. „Er ist nur Realist und weiß, daß wir ohne die Thorrimer verloren sind."
    „Verloren?" hakte Dame dann auch sofort ein. „Was wäre aus ihnen geworden, wenn wir ihnen nicht gegen die Dscherro geholfen hätten? Wir kamen als Retter!"
    Jedder hatte keine Lust, darauf einzugehen.
    Er klatschte demonstrativ auf seine Armlehne, und der Hund sprang ihm auf den Schoß und machte es sich bequem. „Das hast du absichtlich getan", schimpfte Dame. „Wenn das Tier nicht in drei Sekunden wieder auf dem Boden ist, dann ..."
    „Was dann? Du kannst mich nicht mehr erschrecken. Und damit du's weißt: Morgen kommen die Freunde unserer Kinder zu Besuch. Die, die mit uns beim König waren.
    Wenn du also nicht weißt, was du tun sollst, dann gib dem Syntron Bescheid, der soll etwas Gutes für sie programmieren. Denk aber daran, daß die Thorrimer kein Fleisch essen!"
    So viel Aufsässigkeit verschlug seiner Frau den Atem. Der Hund war vergessen. Sie lief dunkelrot an, ballte die Hände und fuchtelte mit ihnen in der Luft herum. „Du bleibst also bei deiner lächerlichen Geschichte, ihr wärt bei König Corn Markee gewesen? Jedder, ich hatte dich - bei allen Fehlern - bisher doch noch für vernünftiger gehalten. Die Story kannst du deinen Kollegen im TLD erzählen, aber nicht mir. Ich finde es verabscheuungswürdig, daß du die Kinder zum Lügen zwingst, damit sie deine Hirngespinste bestätigen."
    Jedder seufzte. Es war zwecklos, gegen diesen Dickschädel anzukämpfen. Dame würde es ihm in hundert Jahren nicht glauben. „Die Thorrimer müssen für uns sein wie Brüder, erst dann können sich normale Beziehungen aufbauen", sagte er dennoch trotzig. „Es darf nicht heißen: Zuerst wir Terraner, sondern vernünftigerweise: Die Thorrimer und wir."
    „Du redest wie dieser Mensch, dieser Navajo", warf sie ihm vor. „Das ist unter meinem Niveau. Es hat keinen Zweck, sich mit dir über Politik zu unterhalten. Sprichst du etwa auch so, wenn du ausnahmsweise auf der Arbeit bist, im TLD-Tower?"
    Er gab keine Antwort. Der TLDTower ...
    Es war dort so wie mittlerweile überall in Alashan, wobei zu berücksichtigen war, daß Gia de Moleons Meinung zwangsweise auf ihre Untergebenen abfärbte. Allerdings nicht auf alle. Es gab einige, die wie Jedder gegen die Zuint-Fraktion opponierten. Jedder engagierte sich nicht lautstark, aber das taten andere. Immer häufiger kam es zu hitzigen Wortgefechten während der Pausen. Was die Clodia-Zuint-Anhänger bei solchen Diskussionen von sich gaben, war nach Jedders Meinung zum Teil purer Nationalismus. „Zuerst die Terraner!" - es gab bereits Aufkleber und Ansteckknöpfe mit diesem Slogan.
    In der City und in den Wohnanlagen tobte der Wahlkampf schlimmer. Freunde und Nachbarn zerstritten sich. Alaska Saedelaere hatte schon zweimal öffentlich zur Besonnenheit aufgerufen, leider vergeblich.
    Die letzten Umfragen sahen die Chefin des Regionalzentrums weiterhin weit vorne. „Morgen kommen die ThorrimerKinder", sagte Jedder, als er aufstand, um sich zu Bett zu begeben. „Richte dich darauf ein."
    „Nur über meine Leiche", antwortete Darne patzig. „Dann eben über deine Leiche." Jedder hatte keine Lust mehr, sich zu streiten. Er war müde. „Es war der Wunsch des Königs, daß Earth und China von ihren Freunden besucht werden können. Ich werde ihn respektieren."
    „Fängst du schon wieder mit dieser Geschichte an ...?"
    Er hörte nicht mehr hin, sondern stieg die Treppe 'zum Schlafzimmer hinauf.
    Am anderen Morgen aktivierte er wie gewohnt per Fingerschnipsen zur Nachrichtenzeit das Trivid-System. Als er die erste Meldung hörte, blieb ihm fast der Bissen im Hals stecken.
     
    *
     
    „... haben die Ordnungsbehörden keine Hinweise auf die Täter. Sie arbeiten jedoch fieberhaft. Die stellvertretende Leiterin des Regionalzentrums, Danae Klaft, bestätigte uns, daß es bis zu der Reparatur der Wiederaufbereitungsanlage in Alashan kein frisches Trinkwasser mehr geben werde. Ihre Chefin, Clodia Zuint, wollte sich aus verständlichen Gründen bisher nicht zu dem Vorfall äußern. Sie teilte lediglich mit, daß sie an einem politischen Hintergrund des Anschlages nicht zweifle, und bat die Bevölkerung, ihr Trinkwasser zu rationieren."
    Jedder starrte die Nachrichtensprecherin an, als könne ihr dreidimensionales Abbild jeden Moment vor ihm lebendig werden. Es war nicht zu fassen: ein Anschlag auf die zentrale
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