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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln
Autoren: Karl May
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kühne Uëlad Sliman flieht! Und du willst mir meinen Namen verweigern? Selbst Sihdi Emir hat ihn mir gegeben!“
    Sihdi Emir? Verwandelte er vielleicht das englische Emery in das morgenländische Emir?
    „Wer ist Sihdi Emir?“ frage ich ihn.
    „Rabbena chalïek, Gott erhalte dich, Sihdi, und deinen Verstand! Kennst du nicht den Namen dessen, der mich zu dir sendet?“
    Wahrhaftig, er hatte aus unserem Emery einen Emir gemacht! Der liebenswürdige Wunsch, mit welchem er seine Verwunderung aussprach, mußte mich belustigen, doch nahm ich einen ernsteren Ton an, um ihn in die gebotenen Schranken zurückzuweisen.
    „Erzähle mir von Sihdi Emery!“
    „Ich war in Bilma, von wo aus ich eine Kaffilah nach Zinder geleitete. Du mußt nämlich wissen, Sihdi, daß Hassan el Kebihr, Hassan der Große, ein berühmter Khabir (Karawanenführer) ist, der alle Wege der Sahara kennt und ein Auge besitzt, dem nicht die geringsten Darub und Ethar (Spuren und Fährten) entgehen!“
    War dies wirklich so, dann mußte mir seine Begleitung allerdings von großem Vorteil sein. Ich beschloß, ihn sofort auf die Probe zu stellen, um zu sehen, was ich von ihm zu halten hatte.
    „Sagst du die Wahrheit, Hassan?“
    Er nahm stolzeste Haltung und Miene an, die ihm möglich war.
    „Weißt du, was ein Hafizh ist, Sihdi?“
    „Einer, der den Koran auswendig kennt.“
    „Du bist klug, obgleich du aus dem Land Frankistan kommst. Nun wohlan, Sihdi! Hassan-Ben-Abulfeda-Ibn-Haukal al Wardi-Jussuf-Ibn-Abul-Foslan-Ben-Ishak al Duli ist ein Hafizh, der dir alle hundertvierzehn Suras und alle sechstausendsechshundertsechsundsechzig Ayats des Koran hersagen kann; du aber bist ein Giaur. Willst du an dem Wort eines echten Moslem zweifeln?“
    „Hüte deine Zunge, Hassan, denn ich bin nicht gewohnt, mich von jemand beschimpfen zu lassen, und wenn er zehnmal ein Hafizh und hundertmal ein Moslem ist! Strenge dein Gedächtnis an, so wirst du dich entsinnen, daß die Christen nicht ungläubig sind, weil sie ebenso wie ihr ein ‚heiliges Buch‘ empfangen haben; so sagen alle weisen Lehrer von dem ersten Emir el Mumiain an bis herab zu deinem frommen Abu Hanifa, dem jeder Gläubige gehorcht, wie du vorhin sagtest. Du hast den Koran gelernt; aber kennst du auch den Ilm tefsir el Koran (Kommentar zum Koran)? Dort heißt es, daß nur ein Parsi und ein Götzendiener ein Giaur ist!“
    „Du bist weise wie ein Softha (Student der Theologie), Sihdi; noch weiser aber wärst du, wenn du glaubtest, was ich dir sage!“
    „Ich will es glauben, wenn du mir sagst, welche Oasen den Schlüssel zum Rif (Küste von Tripolis und Ägypten) bilden!“
    „Aïn es Salah, Ghadames, Ghat, Murzuk, Audschelah und Siut.“
    „Und zum Sudan?“
    „Aghades und Ahir, Bilma, Dongola, Khartum und Berber.“
    „Wie reist man von Kordofan nach Kairo?“
    „Von Lobeidh nach Khartum über Kurssi, Sanzür, Koamat und Tor el Khada. Die Reise dauert zehn Tage. Oder von Lobeidh nach Debbeh über Barah, Kaymar, Dschebel, Haraza, Way und Ombelillah. Dieser Weg ist um acht Tage länger, aber besser als der vorige.“
    „Wie lange braucht man, um von Soaken nach Berber zu kommen?“
    „Der Weg geht über den berühmten Brunnen von Ruay und durch das Gebiet der Amaver, Hadendoa und Omram, die sämtlich nubische Hirten sind. Du kannst ihn in zwölf Tagen zurücklegen, Sihdi.“
    Er gab seine Antworten schnell, korrekt und mit einer Miene, in welcher sich eine sichtbare Genugtuung über die glanzvolle Art und Weise aussprach, mit der er das kurze Examen bestand.
    „Ich glaube dir, Hassan“, entschied ich jetzt einfach. „Jetzt erzähle weiter! Also du geleitetest eine Kaffilah nach Zinder!“
    „Von Bilma nach Zinder. Dort traf ich den Sihdi Emir. Er gab mir alles, was ich brauchte, und sandte mich hierher, wo ich einen tapfern Sihdi aus Germanistan (Deutschland) finden würde, den ich zu ihm bringen soll.“
    „Wo soll ich ihn treffen?“
    „Beim Bab-el-Ghud (Dünentor), wo man aus den wandernden Sandhaufen in die Felsen des Serir (Steinwüste) gelangt. Hast du gehört von den bösen Djinns (Geistern) der Wüste, Sihdi?“
    „Ich kenne sie. Hast du Angst vor ihnen, Hassan?“
    „Angst? Hassan el Kebihr, der große Hassan, fürchtet weder die Scheïtans (Teufel) noch die bösen Djinns; er weiß, daß sie fliehen, wenn er den Surat en nas und den Surat el falak betet. Du aber bist ein Christ und kannst keinen Surat (Sure) beten, darum werden Sie dich verschlingen, wenn du in das Serir
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