Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
betroffen hat.“
    „Ihr Haus wird sich von demselben erholen, Monseigneur!“
    „Mein Haus, ja, aber meine Familie nie! Der Verlust der Güter ist zu verschmerzen. Aber Rénald, mein Sohn, mein einziger Sohn, befand sich bei der Kaffilah und ist nicht zurückgekehrt!“
    Jetzt konnten die Damen ein lautes Weinen nicht länger zurückhalten, und auch Latréaumont gab sich rückhaltlos seinem Schmerz hin, der ihn übermannte. Ich ließ sie einige Zeit gewähren und fragte dann:
    „Erhielten Sie keine bestimmte Nachricht über sein Schicksal? Die Räuber der Wüste pflegen kein Pardon zu geben.“
    „Er lebt noch!“
    „Ah! Das müssen Sie als ein Wunder betrachten, wenn nicht ein Irrtum vorliegt!“
    „Er lebt sicher, denn wir erhielten Nachricht von ihm.“
    „Durch wen?“
    „Durch einen Tuareg, welcher von dem Aguid (Anführer der Gum) abgeschickt worden war. Er verlangte ein Lösegeld.“
    „Welches Sie bezahlten?“
    „Ich mußte; ich konnte nicht anders.“
    „Worin bestand es?“
    „In Waren, die ich nach der Oase Melrir zu schicken hatte.“
    „Und Ihr Sohn?“
    „Kehrte dennoch nicht zurück; die treulosen Räuber traten mit einer neuen Forderung auf.“
    „Die Sie auch befriedigten?“
    „Ja.“
    „Und mit demselben Erfolg?“
    „Kann ich noch nicht sagen. Als der zweite Bote kam, war Bothwell eben eingetroffen. Das war vor ungefähr zehn Monaten, und – – –“
    „So lange ist Sir Emery bereits in Afrika?“ unterbrach ich ihn. „Er wollte erst im gegenwärtigen Monat nach Algier gehen!“
    „Er hat sich nur einige Wochen in Altengland ausgeruht und dann der alten Reiselust nicht länger widerstehen können. Helas, er kam zur rechten Zeit!“
    „Ich ahne das weitere, Monseigneur! Das Gouvernement mit all den ihm zu Gebote stehenden Mitteln konnte Ihnen nichts nützen. Sie waren auf sich selbst angewiesen, und da hat sich unser Englishman erboten, die Sache in die Hand zu nehmen.“
    „So ist es!“
    „Welche Maßregeln traf er?“
    „Er ließ die verlangten Waren abgehen, folgte aber heimlich nach.“
    „Ein kühnes Unternehmen! Mit welcher Begleitung reiste er?“
    „Nur mit einem Führer und einem einzigen arabischen Diener.“
    „Wohin ging der Weg?“
    „Dieses Mal waren die Güter nach der Oase Lotr bestimmt.“
    „Welche Waren wurden verlangt?“
    „Fertige Burnus und Kopftücher, lange Flinten, Messer, Decken, weit ausgeschnittene Schuhe, wie sie die Araber zu tragen pflegen, und eine Menge für uns allerdings beinahe wertlose Zeltgegenstände.“
    „Ich sehe, die Gum will sich eine vollständige Ausstattung erpressen und wird dann dennoch Ihren Sohn nicht ausliefern. Der Araber hält es für keine Sünde, einen Ungläubigen zu betrügen, und muß, wenn man ihn sicher haben will, bei gewissen empfindlichen Punkten gefaßt werden. Aber, Monseigneur, Emery hat sämtliche Waren zeichnen lassen?“
    „Woher wissen Sie das?“ fragte er überrascht.
    „Ich hörte es von niemand. Er handelt hier als amerikanischer Westmann, und von dieser Seite kennen wir uns genau. Wer unter den Indianerstämmen des wilden Westens jahrelang und in jedem Augenblick in Todesgefahr schwebte, hat sich an Scharfsinnigkeiten gewöhnt, welche ihm wohl auch in der Sahara von Nutzen sein können. Wie war das Zeichen?“
    „Es bestand in den Anfangsbuchstaben meines Namens André Latréaumont, also in einem A.L. Ich ließ es den Kolben und Griffen der Flinten und Messer einbrennen und nebst einer Arabeske dem Kragenteil der Burnus und den Ecken der Kopftücher und Decken einsticken.“
    „Emery wird die Räuber daran erkennen. Haben Sie keine Nachricht von ihm?“
    „Eine sehr bestimmte. Ich erhielt sie vor zwei Wochen und erwarte seitdem sehnlichst Ihre Ankunft, denn sie bezieht sich meist auf Sie, Monseigneur.“
    „Ich soll ihm folgen, nicht?“
    „Allerdings. Hier sind die Zeilen, welche er von Zinder aus sandte!“
    Das Papier lag auf dem Tisch, ein Zeichen, wie oft während dieser vierzehn Tage die Augen der drei Personen auf demselben geruht hatten. Bothwell schrieb nur wenige Worte. Er hatte zwar noch keinen Erfolg zu verzeichnen, bat aber dennoch, die Hoffnung nicht sinken zu lassen, und knüpfte hieran die Bitte, mich ihm nach meiner Ankunft sofort nachzusenden. Das Papier enthielt weder eine Orts- noch eine Zeitbestimmung.
    „Wer brachte diesen Brief?“ erkundigte ich mich.
    „Ein Araber vom Stamm der Kubabisch, welcher den Befehl hat, auf Ihre Ankunft zu warten und Ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher