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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln
Autoren: Karl May
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Tuareg, welcher wegen Rénald bereits bei mir war.“
    Nichts konnte mir lieber sein, als daß der Bote gerade heute noch kam.
    „Sal – aal –!“ antwortete ich noch kürzer. Der Beduine gibt durch diese Art der Ausdrucksweise gern den Grad der Achtung zu erkennen, welche er dem andern widmet. „Was willst du?“
    „Du bist nicht der, mit dem ich zu sprechen habe!“
    „Du hast mit keinem andern als mit mir zu reden!“
    „Ich komme nicht zu dir.“
    „So kannst du wieder gehen!“
    Ich drehte mich um. Auch die andern wandten sich dem Ausgang zu.
    „Sihdi!“ sagte er.
    Ich schritt weiter.
    „Sihdi!“ rief er dringlicher.
    Ich wandte bloß den Kopf.
    „Was noch?“
    „Ich werde mit dir sprechen!“
    „So bemühe dich, höflich zu sein, sonst sende ich dich hinab auf die Straße. Wie ist dein Name?“
    „Ich heiße Mahmud Ben Mustafa Abd Ibrahim Jaakub Ibn Baschar.“
    „Dein Name ist länger als dein Gruß. Euer Prophet, der große Mohammed Ibn Abdallah el Haschemy, sagt: ‚Seid höflich auch mit den Ungläubigen und Feinden, damit sie euren Glauben und die Kaaba achten lernen!‘ Merke dir das! Du bist ein Tuareg?“
    „Ein Tuareg und Imoscharh.“
    „Von welchem Stamm?“
    „Hedjahn-Bei, der Karawanenwürger, erlaubt seinen Kriegern nicht, den Franken ihren Stamm zu nennen.“
    Beinahe hätte mich ein kleiner Schreck erfaßt. Also Rénald war Gefangener des berüchtigten Hedjahn-Bei! Das war das Schlimmste, was ich erfahren konnte. Ich hatte selbst in der Ferne von diesem ebenso grausamen wie verwegenen Wüstenräuber gehört und wußte, daß er der Schrecken aller Karawanen sei. Niemand vermochte zu sagen, zu welchem Stamm er eigentlich gehöre; die ganze, weite Wüste war sein Jagdgebiet. Von der algerischen Steppe bis hinunter zum Sudan und von den ägyptischen Oasen bis hinüber nach Wadan und Walada in der westlichen Sahara war sein Name bekannt. Bald hier, bald dort auftauchend, war er stets ebenso schnell verschwunden, wie er gekommen war; doch stets und überall kostete sein Erscheinen Opfer an Gütern und Menschenleben. Er mußte geheime Aufenthaltsorte haben, die über die ganze Sahara zerstreut lagen; er mußte Agenten besitzen, die ihm von jeder bedeutenden Kaffilah Nachricht brachten und ihm behilflich waren, die geraubten Güter an den Mann zu bringen. Aber seine Person und seine Taten waren in so geheimnisvolles Dunkel gehüllt, daß eine Aufklärung bisher unmöglich gewesen war. – Ich hielt es für geraten, gegen seinen Boten so zu tun, als ob ich noch gar nichts von ihm gehört habe.
    „Hedjahn-Bei? Wer ist das?“
    „Kennst du den Karawanenwürger nicht? Ist dein Ohr taub, daß du noch nichts von ihm vernommen hast? Er ist der Herr der Wüste, fürchterlich in seinem Zorn, gräßlich in seinem Grimm, schrecklich in seinem Haß und unüberwindlich im Kampf. Der junge Ungläubige ist sein Gefangener.“
    Ich lachte.
    „Unüberwindlich im Kampf? So kämpft er wohl nur mit dem kleinen Schakal und der feigen Hyäne? Kein Franke fürchtet sich vor ihm und seiner Gum. Warum gibt er den Gefangenen nicht frei? Hat er nicht zweimal Lösegeld erhalten?“
    „Die Wüste ist groß, und der Hedjahn-Bei hat viele Männer, welche Kleider, Waffen und Zelte brauchen.“
    „Der Karawanenwürger ist ein Lügner und Betrüger. Sein Herz kennt nicht die Wahrheit, und seine Zunge ist falsch; sie hat zwei Spitzen wie die Zunge der Schlange, der man den Kopf zertritt. Mit welcher Botschaft sendet er dich?“
    „Gib uns Burnus und Schuhe, Waffen und Pulver, Spitzen für unsere Speere und Tücher für unsere Zelte!“
    „Ihr habt bereits zweimal erhalten, was du begehrst. Du wirst nicht den Zipfel eines Tuches und nicht ein Körnchen Pulver mehr erhalten!“
    „So stirbt der Gefangene!“
    „Der Hedjahn-Bei gibt ihn nicht los, auch wenn er erhält, was er von uns fordert.“
    „Er wird ihm seine Freiheit schenken. Der Würger der Karawanen ist gnädig, wenn er den Preis erhält.“
    „Wieviel fordert er?“
    „Soviel, als er bereits erhalten hat.“
    „Das ist viel. Du willst die Waren mitnehmen?“
    „Nein. Du wirst sie ihm senden wie die beiden andern Male.“
    „Wohin?“
    „Nach dem Bab-el-Ghud.“
    Das war ja derselbe Ort, nach welchem mich Emery bestellt hatte! War dies Zufall oder wußte er, daß der Räuber sich dort befinden würde?
    „Werden wir den Gefangenen dort treffen und gegen das Lösegeld erhalten?“
    „Ja.“
    „Sagst du die Wahrheit?“
    „Ich lüge
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