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02 - Das Weltenschiff

Titel: 02 - Das Weltenschiff
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Vorspiel
    Logbucheintrag von John Bandicut:
    (Erddatum unbekannt)
     
    Während ich dies aufzeichne, frage ich mich, an wen ich mich eigentlich wende. Julie? Krackey? Dakota? Mir ist einfach danach, einen Brief zu schreiben … aber mittlerweile ich bin viele tausend Lichtjahre von euch entfernt. Wenn ich an euch denke, habe ich euch immer nur so vor Augen, wie ihr vor meiner Abreise gewesen seid. Vermutlich seid ihr schon seit Jahrhunderten tot. Aber Tatsache ist, dass ich keine Möglichkeit habe, das zu überprüfen.
    Wie viel Zeit ist vergangen? Ich kann nur spekulieren.
    Also bleibt mir nichts übrig, als meine Gedanken diesen Steinen hier anzuvertrauen und zu beten, dass jemand sie eines Tages hört, jemand, dem sie nicht gleichgültig sind -aber ich habe wenig Hoffnung, dass dieser jemand ein Mensch sein wird. Trotzdem darf ich die Hoffnung – worauf auch immer – nicht aufgeben. Es gibt so viel, was ich nicht weiß. So unglaublich viel.
    Habt ihr jemals Stimmen im Kopf gehört, Stimmen, die euch zu seltsameren Dingen führen, als ihr euch je hättet träumen lassen? Eigentlich ist das eine Fangfrage: Falls die Antwort ja lautet, seid ihr entweder Neurolinker oder verrückt. Wenn ihr Neurolinker seid, braucht ihr einfach nur zum nächsten DatenNetzstecker zu gehen, um diese Stimmen zu hören. Ich musste erst zum Neptun und nach Triton reisen, um die Stimme zu finden, die mein Leben veränderte – und dann stellte sich heraus, dass dieser Abstecher lediglich die kürzeste Etappe meiner Reise gewesen ist.
    Wenn ihr Neurolinker seid, definiert das DatenNetz praktisch eure Existenz. Das kann ich sogar sagen, ohne genau zu wissen, wer ihr seid; denn ich war einmal einer von euch. Aber wenn ihr jemals euer Neuro verloren habt, kennt ihr die Leere, die sich einstellt, wenn dieses Bewusstseinsmeer nie wieder euren Verstand umbrandet und euch jede nur denkbare Art von Verbindung eröffnet. Ich kann mir fast keinen schrecklicheren Verlust vorstellen. Fast.
    Ich musste diesen Verlust bewältigen und habe mich genauso sehr davor gefürchtet wie davor, gleichzeitig taub und blind zu werden. Doch selbst diese Erfahrung war nicht einmal halb so beängstigend wie das, was danach kam – als das innere Schweigen gebrochen wurde und eine Stimme mir sagte, ich solle alles aufgeben, was ich hätte, um eine Welt zu retten, die ich kaum noch kenne.
    Und diese Stimme ist tatsächlich verantwortlich dafür, das ich hier bin. Irgendwo hier draußen am Rand der Ewigkeit, ohne einen einzigen Freund – jedenfalls war es anfangs so. Später habe ich Freundschaften schließen können, aber nichts kann das Entsetzen auslöschen, das Gefühl grenzloser Einsamkeit, das ich ertragen musste bei jenem ersten Blick auf diese Galaxis.
    Bin ich melodramatisch? Vielleicht. Wäre Charlie jetzt in meinem Kopf, würde er mich bestimmt deswegen rügen. Doch Charlie ist nicht hier; momentan ist er tot.
    Ich bin sicher, er wird seinen Kommentar dazu abgeben, wenn er wieder zu mir zurückkehrt …

1 Am Rand der Ewigkeit
    Er hatte überlebt. So viel wusste John Bandicut, aber nicht viel mehr. Was er wusste, beruhigte ihn nicht. Er war gefangen in einem Objekt von gewaltiger Größe und unbekannter Natur, irgendwo außerhalb seiner Muttergalaxis. Noch immer brannte das Bild in seinem Kopf, lange nachdem ihm der direkte Blick nicht mehr möglich war: der weite Spiralozean der Milchstraße, der sich am Himmel vor ihm ausdehnte, mit glitzernden Sternen und Staubstreifen und seinem leuchtenden Kern. Nicht ringsum am Himmel oder über ihm, nein, vor ihm breitete er sich in all seiner atemberaubenden Pracht aus. Bandicut war ein halbes Universum von seiner Heimat entfernt, in einem Prospektionsschiff, das für den gemächlichen Einsatz im Orbit Neptuns konstruiert worden war.
    Neptun. Sonnensystem. Erde. So nutzbringend dieses Wissen auch erschien – das alles war jetzt verloren, wie auch alles andere und jeder andere, den er je gekannt oder gemocht hatte. Charlie, Julie, Krackey, Dakota … alle fort. Er hatte die Erde vor der Zerstörung gerettet. Sich selbst hingegen hatte er nicht gerettet, jedenfalls nicht auf eine Weise, die ihm nun Trost zu spenden vermochte. Er war jetzt allein, abgesehen von zwei einfachen Robotern, und stellte sich die quälende Frage: Wer hat mir das angetan – und warum? Seit er in dem Objekt angedockt hatte, war niemand zu seinem Schiff gekommen und hatte angeklopft. Wenn er also herausfinden wollte, an Bord was für eines Dings
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