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1765 - Der Schattenprinz

1765 - Der Schattenprinz

Titel: 1765 - Der Schattenprinz
Autoren: Jason Dark
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bei ihr an und drückte mein Ohr dagegen. Es war nichts zu hören.
    Abgeschlossen oder nicht?
    Ich probierte es. Auch hier bekam ich es mit einer kalten Klinke zu tun. Ein schwacher Schauer rann über meinen Handrücken, dann fasste ich mir ein Herz und schob die Tür auf.
    Mein Blick fiel in einen Raum, der abgedunkelt war, denn vor den beiden Fenstern hingen lange Tücher, wobei die Fenster offen waren, da mich durch sie ein kühler Luftzug erreichte. Was gab es noch?
    Ich drehte den Kopf in alle Richtungen, ohne eine Gefahr zu sehen. Dann konzentrierte ich mich auf den Mittelpunkt des Zimmers. Dort stand ein Bett, eine Liege oder eine Couch. So genau war das nicht zu erkennen.
    Ich suchte den Lichtschalter, fand ihn auch, klickte ihn, aber es passierte nichts. Die Lampe an der Decke blieb dunkel. Das war nicht normal, und ein warnendes Gefühl ließ auf meinem Rücken eine Gänsehaut entstehen. Es gefiel mir nicht, dass mich niemand ansprach und ich auch keinen Menschen sah.
    Dann ging ich weiter. Ich war schon bereit, meine Lampe einzuschalten, als ich mit dem rechten Fuß gegen einen Widerstand stieß, der auf dem Boden lag und recht weich war.
    Ich senkte den Blick. Ich brauchte kein Licht, um zu wissen, wer hier zu meinen Füßen lag.
    Es war Julia, die Nonne!
    Ob sie tot oder nur verletzt war, erkannte ich auf den ersten Blick nicht. Aber sie lag auf dem Rücken, und so schaute ich in ihr Gesicht, in dem sich nichts regte.
    Starr die Züge, starr der Blick.
    Also doch...
    Ich stieg über die Tote hinweg. Jetzt wurde mir augenblicklich die Größe des Zimmers bewusst, in dessen Mitte die Liege stand. Und sie musste etwas zu bedeuten haben.
    Mit kleinen Schritten näherte ich mich ihr. Der Wind bewegte die Vorhänge an den Fenstern. Die Tür hinter mir war wieder zugefallen, und in diesen Augenblicken verfluchte ich Dahlia, denn ich konnte mir gut vorstellen, dass sie endlich zu ihrer Bestimmung gefunden hatte.
    Ob sie es gewesen war, die Julia umgebracht hatte, wusste ich nicht, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Ich ging auf die breite Liege zu, die belegt war, was für mich keine Überraschung war.
    Dahlia lag darauf.
    Und sie hatte sich auf den Rücken gelegt. Irgendwie wie bereit für das, was noch folgen würde. Ich schaute sie an.
    Sie tat es ebenfalls.
    Unsere beiden Gesichter waren zu sehen, aber nicht so klar, wie ich es mir gewünscht hätte. Deshalb nahm ich meine kleine Lampe und strahlte Dahlia damit an. Allerdings hatte ich den Strahl auf weich gestellt, so blendete er nicht.
    Nein, sie hatte sich nicht verändert. Ihr Gesicht sah noch immer so hässlich aus. Viel zu alt war sie, aber ich ging jetzt davon aus, dass sie trotz des Alters und des Aussehens auf ihren Schattenprinz wartete.
    »War er schon da?«, flüsterte ich.
    »Er ist da.«
    »Dann hat er Julia getötet?«
    »Nein.«
    »Du?«
    »Sie hatte ihre Pflicht getan.«
    »Ja, wenn man es so sieht. Und was ist mit dir? Bist du okay? Bist du zufrieden?«
    »Ich werde es bald sein.«
    Ich schnippte mit den Fingern. »Lass mich raten. Du wirst es bald sein, weil sich das erfüllen wird, was eigentlich schon vor langer Zeit hätte passieren sollen.«
    »Genau das ist richtig.«
    »Wartest du auf seinen Biss? Auf den letzten? Auf den, der dich zu einer Blutsaugerin macht?«
    »Ja, das ist richtig. Die Zeit vergisst nichts. Ich habe es mir schon gedacht, aber andere Dinge sind wichtiger.«
    »Welche denn?«
    »Die Zukunft. Unsere Zukunft.«
    So etwas aus dem Mund einer Person zu hören, die längst tot sein müsste, wunderte mich schon, aber da war nichts zu machen. In meinem Job musste man sich an die verrücktesten Dinge gewöhnen.
    »Gut, dann warte ich mit auf deinen Schattenprinz. Ja, ich warte, und ich freue mich auf ihn. Irgendwie haben wir uns ja schon damals gegenübergestanden, da gelang es meinem Vorgänger nicht, ihn zu stoppen. Aber die Zeiten haben sich geändert, besonders die Waffen, und da habe ich schon etwas für ihn dabei.« Ich sagte nicht, welche Waffe es war. Das Kreuz kannte sie ja, und das sollte sie auch zu Gesicht bekommen. Sie schaute zu, wie ich es hervorholte und es außen vor meine Brust hängte.
    »Das ist meine Lebensversicherung«, erklärte ich.
    »Wie du meinst.«
    »Und jetzt werde ich mir deinen Schattenprinz holen.« Ich lächelte breit.
    »Nicht nötig.«
    »Warum?«
    »Er ist schon hier.«
    »Ach ja?«
    Ich erhielt erneut eine Antwort. Nur wurde die nicht geflüstert, sondern sehr laut und
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