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1726 - Testfall Magellan

Titel: 1726 - Testfall Magellan
Autoren: Unbekannt
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stellte sich wachsende Unzufriedenheit ein.
    Wer ein „besonderes" Stück ergattert hatte, sah sich schon bald Anfeindungen ausgesetzt. Es kam zu Handgreiflichkeiten und ersten Diebstahlversuchen.
    Erneut bewies Meanher, daß er auf veränderte Situationen noch immer schnell und folgerichtig reagieren konnte: Er ließ im Zentralbereich von Eisenstadt einen Tresor installieren. Jeder Stadtbewohner erhielt das Recht, ihn zu benutzen.
    Doch nur ein kleiner Personenkreis machte davon Gebrauch: ein Teil jener Eisenstädter, die so glücklich gewesen waren, ein „besonderes" Stück der Hamamesch-Waren zu bekommen. Sie deponierten ihre Kostbarkeiten in den Tresoren.
    Als Folge davon wimmelte es in der Tresorhalle ständig von Stadtbewohnern. Die Glücklicheren von ihnen öffneten immer wieder ihre Schließfächer und ergötzten sich am Anblick ihrer Prachtstücke.
    Ein paar derjenigen, die nur wertlosen Plunder erhalten hatten, warteten auf ihre Chance. Nämlich darauf, daß einer der Glücklichen sein Stück wieder abholte. Dann schlichen sie ihm nach, um ihn in einer weniger belebten Gegend zu überfallen und zu berauben.
    Erste Todesfälle wurden gemeldet.
    Meanher ließ fortan seine Roboter durchgreifen und bekam die Lage so wieder unter Kontrolle.
    Vor allem deshalb, weil die meisten der Enttäuschten nach einer gewissen Zeit an ihre Arbeitsstellen zurückgekehrt waren. Diese befanden sich teilweise außerhalb von Eisenstadt.
    Doch schon wenige Stunden später erreichten die Zyklonen Vier und Sieben die Plattform. Der Ozean wurde massiv aufgewühlt.
    Zwar hielten die Stützen von Eisenstadt dem Ansturm der entfesselten Elemente stand, doch mußten unter diesen Umständen alle Schürfarbeiten eingestellt werden. Alle U-Boote, Saugpumpen, Meeresbagger und andere mobile Fördersysteme wurden in ihre Bunker an der Unterseite der Plattform zurückgeführt.
    Mit dem Ende der Außenarbeiten strömten auch Hunderte oder Tausende von Technikern und Ingenieuren nach Eisenstadt zurück.
    Anfangs verteilten sie sich in ihre Unterkünfte, die ihnen jeden nur machbaren Luxus boten. Doch ein paar Stunden später hielten es die meisten dort nicht mehr aus.
    Dilja Mowak, die alle Geschehnisse auf den Monitoren, in der Hauptzentrale Eisenstadts verfolgte, erkannte sehr bald, was geschehen war.
    Klaustrophobie!
    Die Hanse-Spezialistin begriff auch, warum diese Angst so schnell um sich griff.
    Die Gurrads und die wenigen Angehörigen anderer Völker in Eisenstadt hatten zweifellos schon lange unter der Enge ihrer Arbeits- und Wohnbereiche gelitten. Die Flucht vor der Macht der tobenden Elemente hatte sie aber im wahrsten Sinne des Wortes in die Enge getrieben.
    Doch die Schutzbunker und Gemeinschaftsräume, in die sie nun flüchteten, stürzten sie in die nächste Form der Situationsangst: in die Agora-Phobie, die Platzangst.
    Dazu kamen die visuellen und akustischen Eindrücke, die ihnen die Monitorsysteme förmlich aufdrängten: die Verfinsterung des Himmels, der wütende Ansturm der bis zu dreißig Meter hohen Wellen, das schmetternde Donnern und Krachen, wenn sie die Plattform berannten und das infernalische Heulen und Pfeifen der inzwischen miteinander verschmolzenen Zyklone Vier und Sieben.
    Das Verhalten der Leute wurde ausgesprochen neurotisch. Es war abzusehen, wann die Situation endgültig eskalierte und eine Massenhysterie um sich griff.
    Immer lauter wurden die Forderungen nach Evakuierung Eisenstadts mit dem nächsten Versorgungsschiff.
    „Was willst du jetzt unternehmen?" fragte die Oxtornerin den Direktor.
    Meanher lächelte versonnen, während die Kugeln in seiner rechten Hand rotierten und summten.
    „Nichts", antwortete er. „Das nächste große Versorgungsschiff kommt erst in vier Wochen. Der Hamamesch-Frachter ist auch schon lange weg.
    Bis dahin ist das Unwetter vorbei, und die Leute haben sich beruhigt. Sie wollen Eisenstadt sowieso nicht verlassen, weil sie um ihre Sicherheit fürchten. Solche Unwetter sind sie gewöhnt. Sie hoffen vielmehr, mit dem Versorgungsschiff dann zum nächsten Hamamesch-Basar fliegen zu können."
    „Vier Wochen", wiederholte Dilja betroffen. „So lange halten die Leute die Spannung nicht aus. Sie werden durchdrehen, Meanher."
    „Meine Roboter werden sie unter Kontrolle halten", gab der Gurrad zurück.
    Der Besitz seines „besonderen" Stücks schien ihn gleichgültig gegenüber der Realität werden zu lassen. Er wirkte wie benommen.
    Dilja Mowak versuchte, ihn aufzurütteln.
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