Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
in Gottes Namen zu den Deinen. Draußen liegen eure Waffen; hebe sie auf, und nimm sie mit! Sag Ahmed Azad, daß ich den Frieden will! Ich werde morgen am Vormittag hinunter in euer Lager kommen und mit ihm verhandeln.“
    „Das – das willst du wagen?!“
    „Es ist kein Wagnis; ich weiß genau, was ich tu. Ich fürchte mich nicht vor euch, obgleich ihr uns an Zahl weit überlegen seid.“
    „Das weißt du auch?“
    „Ja. Euer Späher hat mich belogen. Er sagte, der Bote sei zu Gibrail Mamrahsch gegangen, um Proviant zu kaufen; das konnte er einem anderen weismachen, aber nicht mir! Der Bote hat noch mehr Krieger von euch herbeigeholt.“
    „Ja, so ist es, Emir. Wir befinden uns auf einem Kriegszug gegen die Kurden vom Rummok und Piran. Ahmed Azad wich vom Weg ab, um die Gräber hier zu besuchen, und sandte uns den Boten, rasch nachzukommen, da die Haddedihn sich auch hier befänden. Unsere Krieger wollen sich rächen.“
    „Wie stark sind sie?“
    „Hundertzwanzig. Ihr werdet verloren sein, denn ihr habt einen schlechten Platz hier oben.“
    „Ja, der Platz ist schlecht, aber desto besser sind unsere Waffen, wie du weißt. Und auch darauf kommt es nicht allein an, sondern ebenso auf den Mann, der sie trägt, auf seinen Kopf und auf die Gedanken, die sich in demselben befinden. Ich wiederhole dir, daß ich mich vor euch gar nicht fürchte. Geh hinab, und sage das den Deinen! Es ist auch für sie besser, wenn sie so tun, als ob wir uns gar nicht hier befinden. Es könnte sonst aus ihrem Kriegszug sehr leicht eine Niederlage werden.“
    Da ergriff er meine Hand und versicherte mir:
    „Herr, ich habe noch keinen Menschen gekannt, der so denkt, redet und handelt wie du. Wäre ich nicht ein Bebbehkurde, so wollte ich, ich wäre ein Christ und wohnte in deinem Land. Sind dort alle Leute so wie du?“
    „Nicht alle. Es gibt überall Gute und Böse; ein Christ aber wird nie nach dem Blut seines Nächsten dürsten, auch nach demjenigen seines ärgsten Feindes nicht. Ein wahrer Christ weiß, daß die Liebe allmächtig ist und endlich allen Haß überwindet. Also geh; ich komme morgen vormittag hinab. Aber sag den Bebbeh, daß wir uns während der Nacht hier verteidigen und jeden niederschießen werden, der es wagen sollte, sich bis morgen uns zu nähern!“
    „Ich werde es sagen, Emir, und es mag kommen, wie es will, so wirst du sehen, daß ich mich als Freund zu dir verhalte.“
    „Auch gegen meine Gefährten?“
    „Nein, denn sie sind die Feinde meines Stammes. Ihnen gegenüber bin ich zu nichts verpflichtet. Lebe wohl! Und wenn wir uns morgen wiedersehen, so wünsche ich, daß ich dir so dienen kann, wie du mild und freundlich gegen mich gewesen bist!“
    Er ging, und ich gab Halef und seinem Sohn die Weisung, ihn ungehindert durchzulassen. Der Lord hatte natürlich kein Wort von unserer kurdischen Unterhaltung verstanden. Darum fragte er jetzt:
    „Ihr laßt ihn fort, Sir? Wär es nicht besser, ihn festzuhalten? Wir hätten in ihm eine Geisel gehabt.“
    „Das durfte ich nicht, weil ich damals Freund- und Bruderschaft mit ihm geschlossen habe. Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß er jetzt weit mehr für uns wirken wird, als er uns als Geisel hätte nützen können.“
    „Well, ganz wie Ihr wollt. Aber ich hatte den anderen Kerl so schön bei der Gurgel, und nun ist auch der auf und davon! Ihr seid ein ganz eigentümliches Menschenkind.“
    Er hätte wohl gern weiter gesprochen, wurde aber unterbrochen, denn eben jetzt kam Amad el Ghandur rasch und in drohender Haltung auf mich zugeschritten. Sein Burnus war voller Blut; der Schuß hatte ihn in der Schulter verletzt.
    „Ich sehe den Kurden nicht!“ rief er mich zornig an, indem seine Augen grimmig funkelten.
    „Ich auch nicht“, antwortete ich gelassen.
    „Wo ist er?“
    „Fort.“
    „Wohin?“
    „Hinunter in sein Lager.“
    „Wer hat ihn fortgelassen?“
    „Ich.“
    „Effendi, soll ich dich niederschlagen? Dieser Hund hat auf mich geschossen, und du läßt ihn fort! Ich frage abermals, ob ich dich niederschlagen soll?“
    „Weißt du nicht mehr, daß ich damals sein Bruder geworden bin? Er hat mir nichts getan, also habe ich ihn freigegeben.“
    „Aber mich hat er töten wollen! Siehst du hier das Blut an meinem Gewand? Es schreit nach Rache!“
    „Daran bist nur du allein schuld. Er wollte nichts gegen uns unternehmen; aber als er sah, daß du das Messer gegen mich, der ich sein Freund bin, erhobst, schoß er auf dich.“
    „So hattest du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher