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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
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einen anderen hätte daran teilnehmen lassen mögen.
    Ich huschte von Strauch zu Strauch, um nicht gesehen zu werden, denn ich wollte ganz plötzlich unter die Bebbeh treten. Da sah ich einen von ihnen an einem Baum lehnen; er blickte bergaufwärts, als ob er von dorther jemand erwarte. Es war Gasahl Gaboyas Bruder. Er wußte, daß ich kommen wollte. Harrte er auf mich? Hatte er mir etwas mitzuteilen? Ich trat hinter den Büschen hervor. Als er mich erblickte, kam er rasch auf mich zu und sagte:
    „Emir, du bist mein Bruder; darum muß ich dich retten. Trenne dich schnell von den Haddedihn, sonst bist du mit ihnen verloren.“
    „Warum?“
    „Ihr werdet in spätestens einer Viertelstunde angegriffen werden.“
    „Ihr könnt ja nicht durch die Felsenenge, welche wir verteidigen werden.“
    „Oh, wir kommen nicht von dieser Seite.“
    „Ah, so wollt ihr jenseits emporsteigen?“
    „Ja. Wir haben gleich nach Tagesanbruch gesucht und eine Stelle entdeckt, an welcher wir hinaufkönnen. Kein Beduine, welcher Bewohner der Ebene ist, könnte da empor; wir Kurden aber hausen in den Bergen und sind gute Kletterer.“
    „Wir werden euch auch da empfangen!“
    „Das weiß ich, nachdem ich es dir gesagt habe. Du siehst, wie dankbar ich dir bin, denn ich verrate meine eigenen Genossen. Aber es wird euch doch nichts helfen, denn ihr werdet von zwei Seiten angegriffen, auch von der Felsenenge aus.“
    „Hm! Wo lagert ihr? Noch immer grad unter uns im Grund?“
    „Nein; wir sind rückwärts gegangen, halb um den Felsenberg herum. Mehr darf ich dir nicht sagen. Ich habe meine Pflicht gegen dich getan. Nun handle, wie du willst. Chodeh te bahveze – Gott erhalte dich!“
    Er wendete sich um und eilte fort. Ich stieg rasch den Berg hinan und rief, oben angekommen, den gestrigen Streit und auch das heutige Verhalten Amad el Ghandurs vergessend:
    „Auf, zu den Waffen, ihr Männer! Die Bebbeh werden uns angreifen, da an dem Felsendurchgang und auch von dort her, wo sie heraufgestiegen kommen.“
    Da sprang Amal el Ghandur auf und fragte:
    „Wo sind sie jetzt?“
    „Sie haben sich nördlich halb um den Berg gezogen. Der Bruder von Gasahl Gaboya hat es mir gesagt; darum will ich, daß ihm nichts geschehe. Schießt nicht auf ihn. Schont überhaupt den Feind so viel wie möglich. Schießt sie in die Beine! Ich werde mit meinem Stutzen mich an – – –“
    „Schweig!“ fuhr mich Amad el Ghandur an. „Was hast du uns zu befehlen! Jetzt bin ich der Gebieter, und was ich sage, das geschieht. Wir werden uns hüten, zu warten, bis sie von beiden Seiten auf uns kommen. Wir überrumpeln sie. Wir greifen sie an. Nehmt die Waffen und die Pferde, ihr tapferen Krieger der Haddedihn! Wir führen die Pferde hinab bis dahin, wo wir aufsteigen können; dann reiten wir mitten unter die Hunde hinein und – – –“
    „Um Gottes willen, nur das nicht!“ fiel ich ihm in die Rede. „Ihr müßt – –“
    „Schweig!“ schrie er mich abermals an. „Meinst du, daß ich nichts vom Krieg verstehe? Wir brauchen deinen Rat und deine Hilfe nicht. Bleibe hier zurück, und erstick an deiner Klugheit und an deiner berühmten Feindesliebe. Und wenn dein Halef vergißt, daß er ein Haddedihn geworden ist und nicht zu dir, sondern zu uns gehört, so mag er mit seinem Knaben auch zurückbleiben und uns niemals wieder vor die Augen kommen. Wir brauchen keine Feiglinge bei uns!“
    „Feigling? Ich?“ rief Halef. „Das hat mir noch niemand gesagt! Ich werde dir zeigen, ob ich feige bin; ich reite mit!“
    Er warf sein Gewehr über und ging zu seinem Pferd; sein Sohn tat dasselbe. Es war ein Augenblick größter Aufregung; ich sah, daß alle meine Vorstellungen vergeblich sein würden, und schwieg. Der Lord fragte mich nach dem Grund des Tumultes, und ich gab ihm Auskunft.
    „Machen wir mit?“ erkundigte er sich.
    „Hierbleiben können wir nicht.“
    „Well, so sollen diese Bebbeh einen gewissen David Lindsay kennenlernen!“
    „Nicht so, Mylord! Es fällt mir nicht ein, mit diesen toll gewordenen Menschen geradezu ins Verderben zu rennen. Ich möchte sie gern zurückhalten, doch Ihr seht, daß sie nicht auf mich hören. Wir reiten hinter ihnen her und werden dann ja sehen, was zu tun ist. Gott gebe einen besseren Ausgang, als ich ahne!“
    Die Haddedihn drängten sich durch die Enge. Halef und sein Sohn waren die Letzten.
    „Sihdi“, rief er mir zu, „bist du mir böse? Soll Hanneh, die beste unter den Frauen, hören, daß ich ein
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