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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
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Kurde frei sein soll, und mein Wort darf nicht zu schanden werden. Tu die Hand von ihm!“
    „Nein!“ knirschte er.
    „Tu sie weg, sonst schlag ich dich nieder mit dieser meiner Faust! Du kennst den Hieb!“
    „Schlag her! Wage es!“ drohte er mir, indem er, ohne den Kurden loszulassen, sein Messer gegen mich zückte.
    Ich holte zu dem mir so geläufigen Fausthieb aus, ließ aber den Arm rasch wieder sinken, denn da krachte ganz in unserer Nähe hinter einem Busch hervor ein Schuß und noch einer, Amad el Ghandur dreht sich, den Kurden loslassend, halb um seine eigene Achse und taumelte dann gegen den Felsen. Der Kurde entfloh; hinter dem Busch aber kamen zwei Gestalten hervorgesprungen, welche mit umgekehrten Gewehren auf mich und den Engländer eindrangen, um uns mit den Kolben niederzuschlagen.
    Was man in solchen Augenblicken tut, geschieht viel, viel schneller, als man es zu erzählen vermag. Ich wartete den Hieb, der mir gelten sollte, gar nicht erst ab, sondern sprang dem ersten Angreifer entgegen, warf mich einen Schritt weit auf die Seite und stieß ihm mit aller mir zu Gebote stehenden Kraft die Faust in die Achselhöhle des hoch erhobenen linken Armes. Er ließ das Gewehr fallen, stieß einen Schrei aus, und flog fünf, sechs Schritte weit fort, um dort wie ein Sack niederzustürzen.
    Indessen war der zweite an den Lord gekommen und hatte zugeschlagen, aber nicht getroffen, weil der Engländer dem Hieb ausgewichen war. Ich tat einen raschen Sprung hinzu und riß den Kurden nieder und hielt ihn fest, bis ihm der Lord das Messer und die Pistole aus dem Gürtel genommen hatte. Der Mond beschien sein Gesicht, und ich erkannte den mir damals wohlgesinnten Bruder des Scheiks Gasahl Gaboya. Er war mir, wie man sich erinnern wird, zur Dankbarkeit verpflichtet gewesen, weil ich ihn den Haddedihn gegenüber beschützt und aus der Gefangenschaft entlassen hatte; ohne mich wäre er erschossen worden.
    Der andere Angreifer, den ich fortgeschleudert hatte, raffte sich auf und eilte davon. Ich hielt ihn nicht zurück, obgleich der Engländer mir zurief:
    „Dort läuft der Halunke hin. Haltet ihn fest, Sir Kara!“
    „Laßt ihn laufen!“ antwortete ich, „wir haben hier einen besseren und wertvolleren Mann.“
    „Wen denn? Ah by god, da ist ja jener famose Scheiksbruder, den wir damals partout ermorden sollten!“
    „Ja. Schnell hinein in die Enge mit ihm! Es können noch mehrere Kurden heraufgekommen sein! Ich nehme ihn. Nehmt Ihr Amad el Ghandur!“
    „Ich brauche niemand; ich kann allein gehen“, antwortete dieser. „Du bist schuld daran, Effendi; das werde ich dir nie vergessen. Du hast mich schlagen wollen; nun bin ich verwundet. Es ist aus zwischen uns beiden, aus für immer!“
    Er taumelte in die Enge hinein. Wir beide folgten ihm. Als wir sie passiert hatten, stießen wir auf Halef und seinen Sohn, welche herbeigeeilt waren.
    „Sihdi, wir hörten Schüsse. Was ist geschehen?“ rief der Hadschi.
    „Ein Angriff von zwei Kurden“, antwortete ich. „Vielleicht kommen noch mehr. Steck dich mit Kara Ben Halef in die Enge, und paßt auf. Ihr schießt auf jeden Feind, der sich ihr nähert!“
    Die beiden verschwanden zwischen den Felsen. Auch die Haddedihn hatten die Schüsse gehört. Sie scharten sich am Feuer um ihren verwundeten Scheik und ließen laute Drohungen hören. Ich achtete nicht auf sie, denn ich hatte mit dem Bebbeh zu reden. Wir hielten ihn jetzt nicht mehr fest. Er lehnte am Felsen, blickte finster vor sich nieder und sagte:
    „Jetzt bin ich zum zweiten Mal in deine Hand geraten, o Emir.“
    „Ja, und das ist mir nicht lieb. Du hast mir damals selbst gesagt, daß ich dir das Leben und die Ehre gerettet habe; ich bin dein Freund und Bruder geworden, und dennoch hast du vorhin auf mich geschossen!“
    „Auf dich? Du irrst. Wir hatten einen Späher heraufgesandt; er blieb uns zu lange aus. Da schlich ich mich mit noch einem herauf. Ich sah euch und hörte deine friedliche Rede; ich sah ferner, daß dein eigener Freund das Messer gegen dich zückte; da schossen wir auf ihn.“
    „So weißt du also, daß ich euch nicht bekämpfen will?“
    „Ja.“
    „Gut! Du bist noch heute wie damals mein Bruder. Ich gebe dich frei. Du kannst gehen.“
    „Wirklich, Emir, wirklich?“ fragte er, indem er mich ungläubig anstarrte.
    „Ja.“
    „Aber … aber … aber das tut … das tut doch kein Mensch!“
    „Ein Moslem allerdings nicht; aber du wirst noch wissen, daß ich ein Christ bin. Geh
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