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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
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um dich geschehen, wenn du dich nicht so verhältst, wie ich es dir befehle. Beantworte meine Fragen, doch so leise, daß nur wir es hören können! Ahmed Azar lagert mit euch da unten im Tal?“
    Er sagte nichts, sondern er besann sich wohl, wie er sich in seiner Lage am besten zu verhalten habe. Ich wiederholte meine Frage und ließ ihn das Messer stärker fühlen.
    „Chodih (‚Herr‘ auf Kurdisch), stich nicht!“ bat er schnell. „Ja, wir sind da unten.“
    „Wieviel Männer?“
    „Zwölf.“
    „Nicht mehr?“
    „Nein.“
    „Aber es werden noch mehr kommen?“
    „Nein.“
    „Ihr habt ja einen Boten fortgeschickt? Wozu ist das geschehen?“
    „Katera Chodeh – um Gottes willen!“ stieß er hervor. „Das weißt du?“
    „Ja.“
    „Wer bist du, o Herr?“
    „Ich denke, du kennst mich; sieh mich an!“ antwortete ich, indem ich aus dem Schatten in den hellen Mondschein trat.
    „Der fremde Emir mit den Zauberflinten!“ sagte er im Ton des Schreckens.
    „Ja, der bin ich. Beantworte meine Frage!“
    Er folgte dieser Aufforderung erst nach einer Weile des Überlegens:
    „Wie du es wissen kannst, das ist mir unerklärlich; aber es ist wahr; wir haben einen Boten fortgesandt; er ist zu Gibrail Mamrahsch gegangen.“
    „Ah, nach dem Hause des Scheiks der Dschiafkurden? Das liegt fast anderthalb Tagereisen von hier. Was soll er dort?“
    „Ja es ist freilich weit bis dahin, aber doch der nächste Ort, an welchem wir Fleisch und Mehl bekommen können. Wir sind hierher gekommen, um unsere Andacht zu verrichten; da können wir nicht fort, um Wild zu schießen. Darum wollen wir uns bei Gibrail Mamrahsch Proviant kaufen.“
    „Bei diesem? Hm! Er gehört zu den Dschiafkurden, deren Feinde ihr seid.“
    „Jetzt nicht mehr Chodih.“
    „Mag sein! Ich glaube dir nicht. Nimm dich in acht! Ihr wollt uns überfallen; ich weiß es genau. Du siehst aber, daß wir diesen Zugang zur Höhe besetzt halten. Wer sich nähert, der wird erschossen.“
    „Chodih, wir wollten euch nichts tun!“
    „Schweig! Ich weiß es besser; ich weiß überhaupt alles. Aber auch wir sind nur der Andacht und nicht des Kampfes wegen gekommen; darum will ich gegen dich und überhaupt gegen euch anders handeln, als ich eigentlich sollte. Warum wollen wir uns gegenseitig bekämpfen, da der Rache Genüge getan worden ist? Warum soll aus dem gottgefälligen Gebet ein gottloses Schlachten und Morden werden? Steh auf; ich gebe dich frei! Steig hinab zu Ahmed Azad, eurem Anführer, und bring ihm meine Botschaft! Ich biete ihm Frieden. Beide Teile mögen an den Gräbern für ihre Toten beten und dann diese Stätte verlassen, wann und wie es ihnen beliebt.“
    „Nein, das darf nicht geschehen!“ rief es da neben mir. Amad el Ghandur trat aus der Felsenenge hervor, in welcher er gesteckt hatte, und fuhr in drohendem Ton fort: „Wie kannst du, ohne mich zu fragen, über uns bestimmen! Ich sah euch beide fortgehen; ihr kehrtet nicht zurück; da dachte ich mir gleich, daß ihr etwas beabsichtigt, was gegen meinen Willen ist, und ich bin euch nach. Ich kam in diese Enge, hörte eure Stimme und blieb stehen. Ich habe alles vernommen, sage dir aber, daß du kein Recht hast, den Frieden zu bieten. Ich würde mich überhaupt schämen, diese Kurdenhunde um Frieden zu bitten! Weißt du das!“
    „Ich habe den Frieden angeboten, ich ihnen, sie aber nicht um denselben angebettelt. Weißt du das! Du hast dich von mir getrennt und magst es halten, wie es dir beliebt; ich werde auch tun, was ich will.“
    „Gut, tu das! Aber dieser Kurde hier ist unser Gefangener; den wirst du mir übergeben!“
    „Nein, das werde ich nicht. Ich habe noch nie mein Wort gebrochen, und so wird es auch jetzt bei dem bleiben, was ich gesagt habe. Er ist frei.“
    „Er ist nicht frei!“ rief Amad el Ghandur, indem er den Bebbeh beim Arm ergriff. „Er gehört mir, und ich schwöre dir bei Allah, daß ich – – –“
    „Halt, schwöre nicht!“ unterbrach ich ihn. „Du würdest deinen Schwur nicht halten können.“
    „Ich halte ihn und sage dir, daß ich meinem Willen selbst mit der Waffe Nachdruck geben werde!“
    „Auch mir gegenüber?“
    „Gegen jeden, der mir widerstrebt!“
    „Gut! Ganz so, wie du willst! Wenn Freundschaft, Dankbarkeit, Vorsicht und Überlegung nichts mehr gelten, so mag das Messer zwischen uns entscheiden. Es wird heut grad so sein wie damals mit Gasahl Gaboya, und du wirst deinen Starrsinn zu bezahlen haben. Ich habe gesagt, daß dieser
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