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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
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eine Pistole aus seinem Gürtel und schoß sie auf mich ab, traf aber nicht. Da griff er hinter sich nach dem Schwanz seines Pferdes und rief diesem zu:
    „Chadu bend, Chadu bend, ez andscha, ez andscha!“
    Das war persisch und heißt zu deutsch: ‚Sieger, Sieger, von dannen, von dannen!‘ Er wendete also das Geheimnis seines Pferdes an. Als der verfolgte Knabe dies hörte lachte er jubelnd zurück. Ich sah, daß er seinem jungen Rappen die Hand zwischen die Ohren legte; was er dazu sagte, hörte ich nicht, aber ich sah den Erfolg. Der Rappe war ein ebenbürtiger Sohn meines Rih: das Geheimnis vernehmend, schoß er mit doppelter Schnelligkeit davon, der Fuchs aber fast ebenso schnell hinter ihm her. Als der Kurde sah, daß er wahrscheinlich nach und nach zurückbleiben werde, nahm er sein Gewehr vom Rücken, um es im Reiten zu laden. Er wollte auf Kara Ben Halef schießen. Da rief ich „Rih, Rih“ und legte meinem Pferd die Hand auch zwischen die Ohren. Der Rappe schnaubte tief auf und schoß dann so reißend schnell vorwärts, daß ich binnen einer Minute mich an der Seite des Kurden befand. Ein Kolbenhieb mit dem Bärentöter warf ihn von dem Pferd; er blieb wie leblos liegen. Ich rief den Knaben, und er hielt an. Hinter mir sah ich Omar Ben Sadek auf seinem Schecken; dann kamen Halef und der Engländer.
    „Kommt mir schnell nach“, gebot ich Kara Ben Halef, „und bringt diesen Kurden und sein Pferd mit! Ich muß noch hinter Amad el Ghandur her.“
    Nach diesen Worten sprengte ich weiter, natürlich wieder mit Anwendung des Geheimnisses. Es war mir, offen gestanden, unerklärlich, daß der sonst so tapfere Amad el Ghandur vor Ahmed Azad floh, ohne ihm standzuhalten, sah aber dann später, daß ihm sein Gewehr aus der Hand geschlagen worden war; dazu war ihm der Gürtel zersprungen und mit dem Messer und den Pistolen herabgefallen; er hatte also keine einzige Waffe in der Hand, um sich zu verteidigen, und konnte sich nur durch die Schnelligkeit seines Pferdes retten.
    Leider sollte ihm diese Absicht mißlingen. Der gestrige Blutverlust hatte ihn geschwächt; dazu kam die gegenwärtige Aufregung, und wahrscheinlich war auch das Wundfieber im Anzug. Vor seinem Verfolger herschießend, mußte er um eine scharfe Krümmung des Tals biegen. Da sah er ein langes, hohes Felsenstück quer in seinem Weg liegen; er hatte keine Zeit mehr, auszuweichen; er mußte darüber hinweg. Es fehlte ihm die Kraft, dem Pferd die notwendige Hilfe zu geben; es blieb mit den Hinterbeinen hängen und stürzte jenseits des Felsens mit ihm nieder, glücklicherweise so, daß er nicht in dem Bügel blieb, sondern abgeworfen wurde.
    Ahmed Azad kam zwei Sekunden hinter ihm um die Ecke nach; er beherrschte sein Pferd so gut, daß es ihm gelang, dem Felsen auszuweichen und hinter demselben anzuhalten. Er sprang aus dem Sattel, um sich auf den am Boden liegenden, halb betäubten Haddedihn zu werfen. In diesem Augenblick hatte auch ich die Krümmung erreicht. Um dieselbe lenkend, sah ich die beiden. Der Bebbeh zückte soeben sein Messer nach der Brust Amad el Ghandurs.
    „Halt, stich nicht; es ist dein Tod!“ rief ich ihm zu und nahm meinen Rih vorn fest, um über das Felsenstück zu setzen und den Bebbeh niederzureiten. Er warf das Messer weg, riß sein Gewehr, welches noch geladen war, vom Rücken und schrie mir entgegen:
    „Komm heran, Hund! Du bist mein!“
    Es war mir unmöglich, anzuhalten, denn eben setzte Rih zum Sprung an. Ich sah die Mündung des Gewehrs auf mich gerichtet; der Schuß krachte, grad als mein Rappe hoch empor und über den Felsen flog. Da der Bebbeh im vorhergehenden Augenblick tiefer gezielt hatte, als ich mich infolge des Sprunges im jetzigen Moment befand, traf die Kugel nicht mich, sondern mein Pferd. Ich hatte das Gefühl, als säße ich auf einem Stuhl, gegen dessen Beine ein Schlag geführt wird, zog schnell beide Füße aus den Bügeln und wurde in einem weiten Bogen aus dem Sattel geschleudert, während Rih sich überschlug und jenseits des Felsen liegen blieb.
    Ich war außer mir, raffte mich auf und sprang, ohne auf den Kurden zu achten, zu meinem Pferd hin. Die Kugel war ihm in die Brust gedrungen; es war unrettbar verloren. Da bemächtigte sich meiner ein Grimm, wie ich ihn noch nie gefühlt hatte; er riß mich förmlich vom Pferd weg und nach dem Bebbeh hin, doch schon zu spät, denn er sprang soeben wieder auf sein Pferd. Er hatte gesehen, daß ich unverletzt geblieben war, und die Angst vor mir und
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