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1677 - Durchgang zur Spiegelwelt

Titel: 1677 - Durchgang zur Spiegelwelt
Autoren: Unbekannt
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Berühre ihn nicht, Schwester, weil er dich einfrieren wird. Er verwandelt dich in einen Schneemenschen.
    Er ist es, der dich mir gestohlen hat.
    Voltago streckte die Hände aus.
    Mila umarmte ihn, damit sie Halt hatte. Nadja schluckte heftig. Und Mila bemerkte es; sie mußte es bemerken, - weil von ihr wieder dieses schreckliche Gefühl der Überlegenheit hereinkam. „Halte dich gut fest, Mila", sagte Voltago. Seine Lippen bewegten sich, doch die Stimme drang auch aus den Funkgeräten ihrer SERUNS. „Ich manövriere uns durch den Strom. Deine Aufgabe besteht nur darin, Ausschau zu halten. Finde die Spindel. Den Rest überläßt du mir."
    „Und ich?" fragte Nadja zaghaft. „Du wartest. Der interessante Bereich liegt etwas mehr als 900 Meter unter der Wasseroberfläche. Das paßt genau. Wir brauchen dich nicht weiter."
    Voltago bemerkte nicht, was er da sagte. Mila dagegen sehr wohl. Doch sie traf keine Anstalten, den Kyberklon zu korrigieren. Voltago pflückte die Spindel von Canaxu aus der Luft und legte sie zu Nadja auf den Felsboden. Ein intensiver Blick - paß gut auf, hieß das.
    Aber Voltago interessierte sich nicht für Nadja, sondern für die Spindel. Er und Mila ließen sich eng umschlungen ins Wasser fallen und sanken wie Steine. Eine Weile verfolgte Nadja ihren Kurs nach unten, dann preßte sie die Lippen aufeinander und schaltete die Orter aus.
    Vielleicht passierte etwas, vielleicht nicht. Egal. Sie wurde nicht gebraucht. Und wenn, hätte sie den beiden ohnehin nicht helfen können. Mila. Wir sind immer sehr ungern geschwommen. Heute magst du es. Ich hasse das Wasser.
    Im selben Augenblick bewegte sich etwas. Nadja erstarrte. Die Oberfläche des Sees ... Nein!
    Nicht der See, sondern etwas an ihrem Körper! Unter ihren Füßen wackelte der Boden. Nadja hockte stocksteif auf dem Felsblock, bis sie bemerkte, daß nicht der Boden vibrierte, daß keineswegs ein Vulkanausbruch bevorstand, sondern daß ihre Füße selbst sich bewegten.
    Der Felsblock unter ihr erwachte zum Leben.
    Nadja sprang mit einem spitzen Schrei in die Höhe.
    Der Stein lebte. Sie hatte die ganze Zeit auf etwas Lebendigem gesessen, das sich verformte, sich bog und wand, bis ein zapfenförmiges Lebewesen von beachtlicher Größe vor ihr hockte.
    Und als sie die Optik auf Fernsicht schaltete, bemerkte sie, daß die ganze Felsenebene zu seltsamem Leben erwacht war. „Schrookor me."
    Nadja blieb ruhig stehen. Es kostete sie alle Selbstbeherrschung. „Ganz meine Meinung", sagte sie.
    In ihrer Kehle bildete sich ein dicker Kloß. Es war das erstemal seit Wochen, daß sie sich den Kyberklon herbeiwünschte. Denn in diesem Augenblick schnellte aus dem scheinbar steinernen Körper ein langer Arm. „O nein ...", flüsterte Nadja entsetzt. „Verdammt! Laß die Spindel los!"
     
    *
     
    Mila schaltete die SERUN-Automatik aus. Ob sie dafür später eine Hand frei haben würde, war fraglich. Mit aller Kraft, die sie hatte, umfaßte sie Voltago. Sie bemerkte Nadjas Eifersucht sehr wohl. Wie konnte sich ihre Schwester einbilden, daß irgend etwas Sexuelles dabei wäre? Oder was dachte Nadja? Jedenfalls albernen Unsinn. Mila sah sie nicht mehr an, weil sie sich nicht ärgern wollte.
    Gemeinsam mit dem Kyberklon stürzte sie ins Wasser. Voltago machte keine Schwimmbewegungen, und doch drifteten sie mit hoher Geschwindigkeit auf die Mitte des Sees zu. Die Wasserkuppe sprudelte zwanzig Meter hoch. Der Kyberklon schob sie hinein, als wäre es nichts. Mila hatte Angst, ihr würden die Arme ausgerissen - trotz SERUN. Mit aller Gewalt klammerte sie sich an Voltago fest.
    Es wird noch schlimmer.
    Voltago drückte sie tiefer in den Strudel. Die Blasen rasten mit höllischer Geschwindigkeit vorbei nach oben. Gestaltlose Schemen, überall, huschen ganz am Rand vorbei. Absurd. Hier unten existiert nichts. „Wie tief?" fragte sie. „Dreihundert Meter."
    Das Wasser entwickelte eine fürchterliche Dynamik. Hätte sie nur den Computer einschalten können ... Der Pikosyn hätte sämtliche auftretenden Zugkräfte selbsttätig mit dem Antigrav ausgeglichen. Sie hätte nicht einmal gespürt, was ringsum vorging, daß der Geysir eben stärker als alles war, was sie auf Saira, Terra oder Gäa je erlebt hatte. Und daß jeder geistig gesunde Terraner es abgelehnt hätte, auch nur einen Fuß in dieses Wasser zu setzen.
    Aber vielleicht gehörte ein gewisser Irrsinn dazu, wenn man in der Schulter einen Aktivatorchip trug. Wenn man ein Leben lang, eine Ewigkeit lang an
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