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1677 - Durchgang zur Spiegelwelt

Titel: 1677 - Durchgang zur Spiegelwelt
Autoren: Unbekannt
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verschwunden."
    „Glaubst du, daß er sich in den Schacht stürzen wollte, Nadja?"
    „Ich weiß nicht... Irgendwas ist da faul. Die Trepeccos springen nicht umsonst da rein. Kein Wesen ist von Natur aus selbstmörderisch veranlagt."
    „Sie wissen gar nicht, daß sie in den Tod springen", versetzte Mila. „Das stand in Atlans Bericht, erinnerst du dich? Sie glauben, sie gelangen ins sogenannte Jenseits-Land."
    „Ich finde, wir sollten uns ein paar Stunden Zeit nehmen und nachforschen."
    Voltago sagte: „Auf keinen Fall."
    „Aber..."
    „Nein."
    Der Kyberklon duldete keinen Widerspruch. „Die Untersuchungsergebnisse der Canaxu-Expedition liegen lückenlos vor", erinnerte Voltago. „Es handelt sich um einen uralten Instinkt. Alles, was mit den Trepeccos zusammenhängt, ist uralt. Ich sehe die Selbstmord-Sprünge im Zusammenhang mit ihrer Geschichte.
    Colounshaba und Paunaro haben ein paar Ausgrabungen gemacht. Demnach sind die sichtbaren Turmruinen jüngeren Datums, gerade ein paar Monate alt. Aber die Trepeccos bauen seit Jahrtausenden immer wieder denselben Turm, mit dem sie
     
    *
     
    versuchen, diesen Schacht zu überdachen. Sie benutzen immer wieder dasselbe Material dafür."
    „Und warten jedesmal, bis der Turm wieder zusammenbricht?"
    „Exakt." Der Kyberklon deutete auf die steindurchsetzte Erde am Rand des Schachtes. „Da unten gibt es Mauerreste, die hunderttausend Jahre und älter sind."
    „Kann das sein?" Nadja schüttelte skeptisch den Kopf. „Wenn das stimmt, müßten Unmengen Skelette und eine Unmenge Material da unten liegen."
    „Nicht unbedingt. Ein gewisser Luftzug existiert immer, sogar im Schacht. Was zersetzt oder zerfallen ist, wirbelt irgendwann als Staub wieder oben heraus. Außerdem ... Die Sohle des Schachtes scheint 'zwar begrenzt, aber wer sagt uns, daß da unten nicht viel mehr Platz ist, als man sich vorstellen kann? Dann ist es sogar Zufall, daß wir überhaupt auf Leichenteile gestoßen sind."
    Selten hatte der Klon so viel gesprochen. Voltago hing wie eine Säule aus dunklem Onyxquarz in der Luft, schwerelos, ohne sichtbares Alter. Seine Farbe, das bemerkte Nadja zum erstenmal, war dieselbe wie die des Alls. Scheinbar schwarz, in Wahrheit aber farblos.
    Und vielleicht lag darin ein Hinweis: daß er nicht in die Welt der Sterblichen gehörte, sondern in einen Sektor jenseits der Planeten, eine Sphäre jenseits allen Lebens. „Atlan sagt, es sind bestimmte Wurzeln der Erkenntnis, welche die Trepeccos dazu treiben, in den Schacht zu springen. Stellt euch vor, die Trepeccos und ihre geheimnisvollen Wurzeln lebten vor Jahrhunderttausenden in Symbiose zusammen. Der Schacht war damals ein großes Heiligtum. Die Trepeccos unternahmen Pilgerfahrten, die Wurzeln leiteten sie sicher ans Ziel.
    Und die Baumeister der Trepeccos unternahmen mit ihren beschränkten Mitteln immer wieder den Versuch, den Zugang zum Jenseits-Land durch einen Turm abzusichern. Wer weiß?
    Vielleicht, weil sie Angriffe von der anderen Seite fürchteten ... Vielleicht war ihnen die uralte Mythologie damals nicht so fremd wie heute."
    „Was wir sehen, sieht allerdings ganz anders aus", erinnerte Nadja. „Canaxu ist ein Planet mit sehr harter Strahlung. Die Mutationsraten müssen enorm sein. In tausend Jahren kann sich viel verändern. In hunderttausend Jahren alles. Was wir heute sehen, sind nur Relikte einer Verhaltensweise, die früher einmal Sinn gemacht hat. Denkt zehntausend Jahre weiter. Dann ist vielleicht nichts mehr davon übrig."
    „Und woher", fragte Mila skeptisch, „willst du das alles wissen? Immerhin haben die Wissenschaftler der ATLANTIS und Myles Kantor nichts davon herausgefunden."
    „Ich besitze keinerlei Wissen", antwortete Voltago mit entwaffnender Offenheit. „Ich stelle nur dar, daß sich die vorhandenen Fakten auch anders interpretieren lassen. Lassen wir den Trepeccos ihren Frieden. Sie haben mit den kosmischen Geheimnissen nichts zu tun."
    Voltago streckte die Hände aus.
    Mila griff zu.
    Nadja dagegen zögerte. Über das empathische Band empfing sie von ihrer Zwillingsschwester eine stumme Drohung; und sie hatte keine andere Wahl, als ebenfalls die Hand des schwarzen Riesen zu ergreifen.
    Nadja fühlte sich abwärts gerissen, und sie fand gerade Zeit, die Automatik ihres SERUNS auszuschalten. Die Nebelsphäre des unteren Schachts umfing sie lückenlos. Schwester. Ich habe mich dir nie so fern gefühlt. Da vorn schälte sich etwas aus dem Ungewissen. Nadja spürte, daß es der
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