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Nacht der Tiger

Nacht der Tiger

Titel: Nacht der Tiger
Autoren: Marco Sonnleitner
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Bauchangelegenheiten
    »Mach das noch mal!« Peter starrte Bob entgeistert an.
    »Jetzt bist du dran, Kleiner!«
    »Das ist ja unglaublich!« Peter sah verblüfft zu Tante Mathilda, Onkel Titus und Justus. Auch sie waren äußerst beeindruckt. »Nicht wahr?«
    »Mich gruselt es richtig«, meinte Tante Mathilda.
    »Los, noch mal!«, forderte der Zweite Detektiv Bob auf.
    Bob lachte, schloss den Mund, drehte den Kopf etwas zur Seite und sagte: »Die nächste Kugel ist für dich!«
    »Wahnsinn! Wie … wie … Wann hast du das gelernt? Und wie? Wie geht das?« Peter schloss den Mund, machte ein ernstes Gesicht und sagte: »Hände hoch!«
    »Hört sich an, als hättest du Verdauungsbeschwerden«, amüsierte sich Onkel Titus. Keiner hatte ein Wort verstanden.
    »Hände hoch!«, wiederholte Peter eindringlicher. Aber es hörte sich immer noch so an, als hätte man ihn geknebelt.
    »Ich bin doch in diesem Varieté-Wahlkurs«, berichtete Bob. »Jeder von uns muss ein Kunststück lernen, das sich auf einer echten Bühne aufführen ließe. Ich wollte erst Jonglieren und dann Zaubern nehmen, aber jedes Mal hatte mir das schon ein anderer weggeschnappt. Am Ende fiel mir Johnny Boye alias Hugo Asmodi wieder ein.«
    »Der Bauchredner aus der Singenden Schlange «, erinnerte sich Justus an einen ihrer frühen Fälle.
    »Du hast die ganze Zeit kein Sterbenswörtchen darüber verloren«, beschwerte sich Peter.
    »Na ja, am Anfang habe ich mich angehört wie du eben. Ich wollte erst sehen, ob ich das hinbekomme, bevor ich euch etwas vorführe.«
    »Hört sich toll an«, staunte Onkel Titus. »Richtig professionell. Sogar deine Stimme ist dann eine andere. Viel tiefer und gefährlicher.«
    »Aber wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass du die Lippen noch bewegst«, sagte Justus.
    »Ich mach das schließlich gerade mal ein paar Wochen«, verteidigte sich Bob.
    »Müsst ihr das auch irgendwann aufführen?«, fragte Tante Mathilda.
    »Ja, nach den Thanksgiving-Ferien ist es so weit. Und ich habe schon mächtig Muffensausen.«
    »Musst du gar nicht«, widersprach Tante Mathilda. »Du machst das wirklich prima.«
    »Kann unser Dritter auf einmal bauchreden!« Peter schüttelte den Kopf und versenkte die Gabel aufs Neue im Kartoffelsalat.
    Justus stellte sein Glas auf den Tisch. »Wobei der Begriff Bauchreden eine missverständliche Vorstellung von den tatsächlichen anatomischen und physikalischen Vorgängen wiedergibt. Denn keiner der Laute wird bei dieser Art zu sprechen im Bauchraum erzeugt. Man unterscheidet grob die sogenannten Kiefer- und Lippenlaute.«
    Peter sagte etwas in seiner Knebelsprache. Justus blickte kurz zur Seite und fuhr dann fort: »Bei den Kieferlauten handelt es sich um Buchstaben des Alphabets, die ohne Lippen erzeugt werden können. Die Vokale beispielsweise. Oder L und S.«
    Peter wiederholte seinen Knebelsatz lauter. Justus sah ihn wieder an und runzelte die Stirn.
    »Die Lippenlaute sind dagegen viel komplizierter zu bilden.«
    Peter würgte den Satz zum dritten Mal hervor. Er sah dabei die anderen fast flehentlich an und hob beschwörend die Arme. Undeutlich waren jetzt die Worte ›Justus‹ und ›fesseln‹ zu verstehen.
    »Was ist los, Zweiter? Was willst du?«, blaffte der Erste Detektiv.
    »Bob«, wandte sich Peter scheinbar verzweifelt an seinen Freund, »wie sagt man auf Bauchrednerisch: Lasst uns Justus knebeln und fesseln, bevor uns allen der Kopf platzt?«
    Jeder am Tisch lachte. Nur Justus nicht. Er konnte es gar nicht leiden, wenn man ihn in seinen Ausführungen unterbrach.
    Tante Mathilda lächelte ihm begütigend zu.
    Doch Peter ließ nicht locker: »Weißt du, was der Arzt nach deiner Geburt zu deiner Mutter gesagt hat?«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    »Gratuliere, Mrs Jonas, Sie haben soeben ein acht Pfund schweres Lexikon zur Welt gebracht!«
    Wieder lachten alle. Und nach einer Weile musste auch der Erste Detektiv grinsen. »Jaja, hab schon verstanden.«
    Onkel Titus klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Manchmal muss das Zeug eben raus, nicht wahr? Dann geht’s einem gleich besser.«
    »Titus!« Tante Mathilda funkelte ihren Mann an. »Was soll das denn heißen? Der Junge hat keinen Schnupfen, er ist nur sehr intelligent und gebildet. Was nicht jeder an diesem Tisch von sich behaupten kann.«
    »Ist ja gut, meine Liebe«, murmelte Onkel Titus in seinen Bart und zog sich hinter sein Weinglas zurück.
    »So!« Tante Mathilda nahm die Greifzange und blickte sich am Tisch um. »Wer
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