Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
noch sah. Wer ihren Aufstieg nicht beobachtet hatte, würde sie nie entdecken. Aber was war der Zweck des Ganzen? Duu'da wurde neugierig.
    »Warum macht sie das?«, fragte er und ging dabei auf den Mann zu. Der hatte inzwischen ein Lagerfeuer vor der Hütte entfacht und war damit beschäftigt, Fleischbrocken auf den Spieß zu ziehen. Als Duu'da vor ihm stehen blieb, unterbrach er seine Arbeit.
    »Wir sind Felsenjäger«, sagte er brummig und zeigte auf Möss'ha, die eben zurückkehrte. »Auf dem Grenzpfad sind manchmal Händler unterwegs mit guter Ware: Kleidung und Werkzeug. Das tauschen wir im Dorf gegen Nahrung ein. Ich bring's dir bei.«
    Er schnitt ein Stück Fleisch ab und hielt es Duu'da hin, ohne aufzusehen.
    »Ah! Ihr habt euch schon angefreundet, wie schön!« Die Frau zog Duu'da an sich. Er kaute noch, als sie sein Gesicht mit schmatzenden Küssen bedeckte und feierlich sagte: »Du darfst mich Mutter nennen!«
    Duu'da bekam keine Luft. Er würgte das Fleisch herunter, und weil das nicht reichte, stieß er Möss'ha von sich. Sie trat einen Schritt zurück – mitten hinein in das prasselnde Lagerfeuer. Der Spieß fiel aus seiner Halterung, Fett zischte und Flammen fauchten hoch.
    Möss'ha erschrak und verlor das Gleichgewicht. Im Fallen riss sie ihren Mann um. Beide wurden von stiebenden Funken getroffen, die wie Nadeln in ihre nackte Haut stachen. Das Paar floh stolpernd und zuletzt auf allen Vieren in die Hütte. Der Eingang war mit Wolldecken verhängt. Sie wurden durch die Felsenjäger nach innen gestoßen.
    Duu'da beobachtete, wie die Funken die Wolle in Brand setzten. Rasend schnell züngelten Flammen an ihr hoch, schwarzer Rauch entwickelte sich, und das Holzgeflecht der Hütte begann zu knistern. Sie war an drei Seiten von Felsen umgeben, und was als Tarnung gedient hatte, wurde jetzt zur tödlichen Falle. Der einzige Fluchtweg – die hölzerne Frontwand – brannte lichterloh.
    Duu'da wich zurück, als der heiße Wind sein Gesicht streifte. Die eingeschlossenen Menschen husteten und schrien um Hilfe. Duu'da sah sich um. Nicht weit entfernt stand ein Wasserkübel. Es lagen auch Gerätschaften herum. Äxte, zum Beispiel.
    (Grao'sil'aana? Ist es gefährlich, sich einer brennenden Hütte zu nähern?)
    (Es könnte dich töten!)
    Krachend brach ein Stück Holzwand herunter. Duu'da sah die beiden Felsenjäger. Sie hatten sich in die hinterste Ecke ihrer Behausung gekauert. Schrecklich sahen sie aus, ganz schwarz und mit verbrannten Haaren. Die Frau hob den Arm und streckte ihn Duu'da entgegen, als wollte sie sagen: Bitte, hol mich hier heraus!
    Duu'da überlegte auch sehr ernsthaft, welchen Nutzen es hätte, sich ihretwegen in Gefahr zu begeben.
    Dann ging er fort.
    ***
    Kara'ki lag am Westrand des Mündungsdeltas eines Flusses, der früher Indus geheißen hatte. Der Hafen befand sich in einer windgeschützten Bucht im Südwesten.
    Ringsumher ragten dicht bewachsene Hügel auf. Vor der Eiszeit hatten in dieser Megalopolis dreizehn Millionen Menschen gelebt. Heute schätzten die Beamten des Sultans die Einwohner des Molochs, den zu verwalten sie sich bemühten, auf fünftausend.
    Zwei Flüsse durchquerten die Stadt – der Maleer und die Learee. Dazu kamen noch ein Dutzend namenlose Bäche, in denen die Einheimischen ihre Wäsche wuschen und ihre Notdurft verrichteten.
    Wie zum Beispiel der offenbar versprengte eisenbehelmte Krieger, hinter dem Quart'ol und Buki'pa kurz darauf in der tiefdunklen Nacht auftauchten. Als er ihre Schritte hörte, packte er seine Gerätschaft ein, zückte den Säbel und drehte sich um. Seine Nase war rot, sein Blick glasig. Als er die beiden kleinen Gestalten sah, nahm seine Furcht jedoch ab und ein Lächeln umspielte seine Lippen: die übliche Arroganz des Großen dem Kleinen gegenüber.
    »Hei-ho«, sagte der Krieger und senkte seine Waffe. »In wessen Diensten steht ihr Zwerge?«
    »Was sagt er?«, klackte Buki'pa neugierig.
    »Pssst!« Quart'ol winkte ab. »Wir sind Mönche vom Volk der Narod'kratow«, erwiderte er und bemühte sich, das Rollen in der Stimme nachzuahmen, dass für die Kraterseebewohner typisch war. »Mein Freund«, er deutete auf Buki'pa, »leidet an einer ansteckenden Krankheit…«
    »Was?!« Der Krieger trat einen Schritt zurück. Nun hob er den Säbel wieder. Wenige Zentimeter vor Buki'pas Nase wirbelte das spitze Eisen herum. »Zurück, Wicht! Zurück!«
    »Was sagt er?«, fragte Buki'pa. Zum Glück erkannte er an den aufgeregten Gesten seines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher