Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
nächsten Feind.
    Daa'tan folgte ihm ohne Zögern. Sein Schwert war nicht für schmale Jungenhände geschmiedet worden und hatte zu viel Gewicht, um den Angriff des ungeübten Zwölfjährigen beeindruckend aussehen zu lassen. Genau genommen tat er nichts weiter, als die Waffe mit beiden Händen nach links und rechts zu schwenken. Trotzdem zeigte er sich in dieser Situation als das, was er war: der Sohn einer Kriegerin! Aruula hätte ihre Freude an ihm gehabt, so verbissen und mutig, wie er sich durch die Reihen der Piraten kämpfte.
    Hinter Daa'tan quollen die Gefangenen aus dem Frachtraum.
    Sie bewaffneten sich mit allem, was sie finden konnten, und trieben die brutalen Sklavenhändler immer enger an die Reling.
    Manche sprangen freiwillig ins Wasser. Andere kippten tot hinterher.
    Daa'tan bemerkte aus den Augenwinkeln, dass der grünhäutige Fischmensch nach Backbord gelaufen war. Dort – auf der vom Hafen abgewandten Schiffseite – verharrte er kurz und sah zu Daa'tan herüber. Im nächsten Moment war er verschwunden.
    Bald darauf war der Kampf entschieden. Die wenigen Piraten, die ihn überlebt hatten, legten die Waffen nieder und ergaben sich. Daa'tan war erschöpft. Aber das zeigte er nicht, denn die befreiten Gefangenen feierten ihn jubelnd und applaudierend als Held! In ihren Augen war er es gewesen, der sie gerettet hatte. Er allein, denn ihre Augen konnten den Daa'muren nicht erkennen. Sie hörten ihn auch nicht, und das war vielleicht ganz gut so.
    (Damit du Bescheid weißt, Daa'tan: Ab jetzt bleibst du ohne Widerwort an meiner Seite und tust, was ich dir sage), knurrte Grao'sil'aana, während er unauffällig die Wunden seines misshandelten Wirtskörpers schloss. Daa'tan wollte schon etwas sagen, da fügte der Daa'mure noch hinzu: (Und wenn du mich je wieder Grao nennst, lernst du eine Seite an mir kennen, von der du nicht einmal wusstest, dass sie existiert.) Daa'tan staunte.
    (Du klingst ja wie ein Primärrassenvertreter, Grao… sil'aana!) (Ist es ein Wunder? Ich hatte ja auch genügend Zeit, deren Ausdrucksweise zu studieren!) Grao'sil'aana rieb sich über den Ärmel. (Und nun komm! Wir müssen das Schiff auf Kurs bringen!)
    (Wir kehren nicht nach Kara'ki zurück?) (Nein! Ich habe auf der Suche nach dir Telepathen getroffen, die alle dasselbe Ziel ansteuern. Wir sollten ihnen zuvorkommen), meinte der Daa'mure.
    Daa'tan verschränkte die Arme auf der Reling. Wind zauste sein schwarzes Haar, und Abenteuerlust brannte in seinen Augen. (Wo ist denn das Ziel?), fragte er neugierig.
    Grao'sil'aana zeigte aufs Meer hinaus. (In einem anderen Land), sagte er.
    ***
    Als die Wogen über Quart'ol zusammenschlugen, riss er sich die Kutte vom Leib und ließ sie treiben. Er war in sein Element zurückgekehrt. Wie schön, sich endlich wieder so bewegen zu können, wie man wollte!
    Er achtete sorgfältig darauf, dass er nicht mit den Beinen der zappelnden Menschen in Berührung kam. Er ging pfeilgerade in die Tiefe, atmete durch die Kiemen und genoss die Wärme des Indischen Ozeans.
    Nicht weit von hier endete die Transportröhre, die ihn und die anderen hierher gebracht hatte. Ganz in ihrer Nähe, da war er sich ganz sicher, kreiste die Qualle, die sie alle zurückbringen würde.
    Ihre Mission war ein Fehlschlag gewesen. Doch vielleicht verschlug es irgendeinen neugierigen Geist in die Grotte, in der die kostbare Fracht lagerte, bevor sie unbrauchbar wurde. Die Zeiten waren unruhig: Vielleicht kam jemand, der nur Schutz suchte, in die Höhle mit dem unterirdischen See. Vielleicht war dieser Jemand klug genug, um zu erkennen, welchen Fund er gemacht hatte.
    Noch einmal kehrten seine Gedanken an Bord des Schiffes zurück. Der Junge, den er dort gesehen hatte… irgendetwas an ihm war ihm seltsam vertraut erschienen. Seine zarten Gesichtszüge, die Art, wie er sich bewegte und kämpfte – selbst die Aura, die ihn umgab. Doch er kam nicht darauf, an wen er ihn erinnerte.
    Über Quart'ol verstummte das dumpfe Geschrei allmählich.
    Unter ihm wogte ein wundersamer weißer Körper. Die feinen rosafarbenen Leuchtzellen in seinem Inneren kamen ihm wie Positionsleuchten vor, die ihm sagen wollten, wohin er sich wenden sollte.
    Als Quart'ol den Schließmuskel der Transportqualle erreichte, der sich gleich öffnen würde, um ihn einzulassen, griff er an seine Brust. Und ihm wurde mit einem jähen Schreck bewusst, dass er den bionetischen Rechner verloren hatte…
    ENDE
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher