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166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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erschrocken ausweichen. Mit der plötzlichen Bewegung ging ein Ruck durch die Leiche. Ein Arm begann zu pendeln. Es sah aus, als würde der Anführer winken.
    Seine Leute machten kehrt und flohen. Was immer sie nach Isfa'an gebracht hatte – es zählte nicht mehr!
    Die Persen wichen entsetzt in die Gärten zurück, während der Hengst sich mit seiner grausigen Last ihrer Stadt näherte.
    Zum Schluss stand nur noch einer auf der Straße: ein dünner Zwölfjähriger mit zerzausten Haaren und einem Lächeln im Gesicht, das den Wenigen, die es sahen, Schauer über den Rücken jagte. Daa'tan streckte seine Hand aus, als der Schimmel in Reichweite war, und fasste die Zügel. Das Tier schnaubte unruhig. Der Reiter ohne Kopf glitt aus dem Sattel.
    Wie in Zeitlupe kippte er weg und schlug mit dumpfem Geräusch vor Daa'tans Stiefeln auf. Der Junge blickte kühl auf ihn herab. »Ich sagte doch: Gib mir dein Pferd!«
    ***
    Als Quart'ol irgendwo im hohen Gras an Land kroch, graute der Morgen. Im Norden erhellte rotgelber Feuerschein den Himmel. Die Kampfgeräusche waren noch immer weithin hörbar. Die Barbaren stritten um den einzig wahren Aberglauben. Quart'ol legte die Kutte ab und wrang sie aus.
    Das filigrane Material, aus dem sie bestand, trocknete im Nu, sodass er sie in wenigen Minuten wieder anziehen konnte.
    Während er darauf wartete, prüfte er den an Land geschmuggelten bionetischen Rechner. Er hätte ihn gern dazu benutzt, um den Leuten, die auf seine und Buki'pas Rückkehr warteten, zu melden, was passiert war. Doch damit hätte er sich nur verdächtig gemacht.
    Quart'ol seufzte. Sein Plan, jemanden zu finden, der Kontakt zu den Communities aufnehmen konnte, war ein Schlag ins Wasser gewesen.
    Die Technik der Menschen funktionierte nicht mehr, die Fernkommunikation war völlig zusammengebrochen.
    Wahrscheinlich würde man sie neu erfinden müssen – vielleicht auf Basis der hydritischen Bionetik, die von dem dauerhaften EMP nicht beeinträchtigt war.
    Noch immer tappte Quart'ol im Dunkeln. Wie ging es jenen Menschen, die um die letzten fünfhundert Jahre der menschlichen Geschichte wussten? Was würde aus jenen werden, die seit Generationen in Bunkern lebten und nicht ohne weiteres an der Oberfläche existieren konnten? Würden sie dahinsiechen und aussterben? Was war aus den Menschen geworden, mit denen sie vor wenigen Monaten noch eine Allianz gegen die Daa'muren geschmiedet hatten? Lebte sein Seelenbruder Matthew Drax noch? Was war mit Aruula?
    Wohin hatte es den ebenso grantigen wie zuverlässigen Mr. Black verschlagen?
    War das zarte Pflänzchen Fortschritt, das sich in den letzten sechs Jahren auf der Erde entwickelt hatte, im Keim erstickt worden? Würde die Welt erneut für Jahrhunderte in Barbarei versinken?
    Vielleicht brannten in diesem Moment nicht nur in Kara'ki Häuser. Vielleicht zogen jetzt überall auf der Erde Daa'muren durch die Straßen und nutzten die dunkelsten Stunden der Menschheit aus. Die Macht der Technos war gebrochen. Ihre Waffen schwiegen.
    Die Mehrheit der Technos würde sterben. Ohne eine Serumsproduktion konnten sie gegen die Oberwelt-Bakterien nicht bestehen. Einige waren immun; Dr. Qasim hatte es bewiesen.
    Aber vielleicht waren die Immunen nicht einmal die wirklich wichtigen Menschen. Vielleicht ging die Immunität mit Dummheit Hand in Hand. Dann war der Abstieg in die Barbarei vorprogrammiert.
    Quart'ol verstaute den Rechner und schlüpfte wieder in die Kutte. Hätte man das Bewusstsein menschlicher Geistesriesen doch nur transferieren können.
    Manche Hydriten wie er selbst besaßen diese Gabe. Sie lösten ihren Geist im Augenblick des Todes vom Körper und übertrugen ihn auf einen anderen. Vorausgesetzt, es stand einer zur Verfügung, der kein eigenes Bewusstsein hatte…
    Quart'ol richtete sich auf und setzte sich in Bewegung.
    Wenn er das Meer erreichen wollte, bevor die Sonne aufging, musste er sich beeilen. Er war nicht darauf aus, am hellen Tag Menschen zu begegnen. Die Wenigsten von ihnen tolerierten Fremdlinge.
    Urplötzlich war das hohe Gras zu Ende. Quart'ol stand auf einem Feldweg.
    »Stoj, Ungeheuer!«
    Der Schreck, der ihm in die Glieder fuhr, war so groß, dass sein Herz holperte und ihm schwindlig wurde.
    Vor Quart'ol war eine Gasse. Rechts und links ragten Hütten auf. Die Fenster waren geschlossen.
    Im Dreck der Gasse lagen vier Menschen in ihrem Blut und rührten sich nicht mehr. Der fünfte – Narbengesicht – saß mit dem Rücken an einer Hüttenwand und
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