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1652 - Im Netz des Quidor

Titel: 1652 - Im Netz des Quidor
Autoren: Unbekannt
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und Weise bauten sie nach und nach eine ganze Stadt auf; Joara hatte zunächst weitere Bäume geplant, während Bull neben ihr skurrile Hauser errichtete. Seine Gedanken wurden von den anderen begeistert aufgenommen, dadurch wurde es auch leichter, den Gegner zu verwirren. Ein fröhlicher Städtebau begann, der keine Gesetze der Schwerkraft oder der Symmetrie kannte. Jeder baute, wie es ihm gerade einfiel, und der nächste setzte noch ein Stockwerk oder einen Balkon drauf. Nach und nach stimmte die ursprünglich dissonante Melodie sich auf ein partiturartiges Stück ein, wobei die Stimmen sich aus gedanklicher Vorstellung, Erinnerungen und dem Gesang der Quarze zusammensetzten. Die Gedankenbilder waren klar und verständlich, und Bull und Joara übernahmen wieder die Aufgabe, sie zum Gegner zu projizieren, wobei sie jeweils die Plus- und Minusträger berücksichtigten.
    Die Insektoiden wurden von diesem merkwürdigen, naiven Musikverständnis verwirrt; ihre Symphonie kannte nur vollkommene Noten, die sie durch phantastische Farben und geometrische Formen ausdrückten. Ihre Bilder waren unvorstellbar schön und leuchtend, und Joara kam tatsächlich mehrmals der Versuchung nahe, sich ihnen hinzugeben. Bull jedoch, der weiterhin an nichts anderes dachte, als die Mannschaft so schnell wie möglich heil zur BASIS zurückzubringen, rüttelte sie immer wieder auf.
    Das zähe Ringen ging eine lange Zeit hin und her, ohne daß einer der Kontrahenten ins Wanken kam oder aufgeben wollte; so entschloß sich Bull schließlich zum Handeln. Das Team mußte irgendwann verlieren, aber das sollte auf subtile Weise geschehen, damit es von selbst zur Vernunft kam. Er ließ sehr menschliche Bilder entstehen, die ihre Wirkung nicht verfehlen konnten: ein Sonnenuntergang am leise rauschenden Meer, mit pfeifenden Möwen und singenden Fischern; ein sonnenbeschienener Frühlingswald, in dem Singvögel laut rufend umherschwirrten, Spechte ans Holz klopften und der Kuckuck rief. Er zeigte Enzio Ribera das Bild eines Raumschiffs, das er selbst als Kommandant und Eigner führte und mit dem er wie ein Globetrotter durchs halbe Universum schipperte; Norman Fallar setzte er an einen gigantischen Computer mit mindestens hundert Bildschirmen, der nur ihm allein diente und die unglaublichsten, von ihm selbst geschriebenen Programme ablaufen ließ. Joara Clayton verführte er mit den Gedanken, eine Familie zu gründen, ohne den beruflichen Erfolg aufgeben zu müssen, ein Leben voller Wärme und Behaglichkeit. Und so machte er immer weiter, mit einer völlig eigenen, klassischen Melodie, die er tief aus dem Gedächtnis kramte und einfach improvisierte.
    Der Städtebau geriet völlig durcheinander, die Gedanken des KAHALO-Teams wurden wirr und chaotisch. Irgendwie behielten sie trotzdem die Grundmelodie bei und sangen sie in einem vielstimmigen, leicht atonalen Kanon.
    AUFHÖREN! schrie eine Gedankenstimme so schrill und verzweifelt, daß die Terraner abrupt verstummten, bis auf zwei oder drei Nachzügler. Die Scheinwelt brach in sich zusammen wie ein Glas, das durch einen hohen Ton in tausend Scherben zersprang. Die letzten singenden Kristalle sanken rieselnd zu Boden, und die beiden Teams standen sich wieder auf dem realen Boden des Planeten gegenüber.
    Es reicht! schrie der Teamführer weiter. Noch niemals ist mir etwas Derartiges begegnet! Was ihr da tut, mag den Regeln entsprechen, aber das ist uns zuviel! Wir weigern uns, diese Auseinandersetzung fortzusetzen, selbst wenn wir letztlich gewinnen würden!
    Ihr gebt also auf? fragte Fallar frohlockend.
    Das gegnerische Team gab keine Antwort mehr, sondern transmittierte fort.
    Das KAHALO-Team stand einen Augenblick verdutzt, dann brach der Jubel über den erneuten Sieg aus. Die erschöpften Spieler transmittierten weg und gönnten sich eine verdiente Pause in der Unterstadt.
    Nur Joara und Bull blieben zurück; sie musterte ihn eindringlich, und er wich ihrem Blick nicht aus. „Dieser Sieg geht wohl auf dein Konto, wie ich das sehe", sagte sie; es klang nicht besonders freundlich. „Sieht so aus", erwiderte er. Bedauerlicherweise. Aber diesen Gedanken behielt er für sich. „Was sollte dieser Blödsinn?" fuhr sie ihn ah. „War das ein Angriff auf uns, oder was sollte dieser Alleingang bedeuten?"
    „Nun, jedenfalls brachte er uns den Sieg ein, oder nicht?" entgegnete er kalt. „Das war's doch, was du wolltest."
    „Woher willst du wissen, was ich will?" schrie sie. „Woher willst du überhaupt
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