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161 - Vollmond über London

161 - Vollmond über London

Titel: 161 - Vollmond über London
Autoren: A.F.Morland
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sichtbar zu werden.
    ***
    »Danke, Papa Olson«, sagte das Mädchen.
    Wallace Olson lächelte. »Wofür?«
    »Für die Hilfe.«
    »War doch selbstverständlich. Wer sich nicht zu benehmen weiß, wird von mir an die frische Luft befördert.«
    Olson half hinter dem Tresen aus, während auf der T-förmigen Bühne Candice Lee ihre heiße Show abzog. Sie war ein hübsches Mädchen mit rabenschwarzem Haar, und ihre Tanznummer riß mit. Sie trug ein violettes Aerobic-Trikot und rot-weiß gestreifte Legwarmers. Leicht wie eine Feder tanzte sie, und sie verbog und verrenkte die Glieder auf eine verblüffende Weise. Wenn sie loslegte, kam Stimmung auf. Es war ihr anzusehen, wie sehr ihr das Tanzen Spaß machte. Sie war ein Naturtalent, hatte nie Tanz studiert. Was sie zeigte, kam von innen heraus, war Ausdruck ihrer Seele, unverfälscht und ehrlich.
    Papa Olson konnte ihr nicht viel bezahlen. Er wußte, daß sie viel mehr wert gewesen wäre, aber sie war nicht das einzige Mädchen, das er beschäftigte. Der Umsatz war zwar zúfriedenstellend, aber es waren auch eine Menge Unkosten zu begleichen.
    Candice war Olson dankbar, daß er ihr eine Chance gegeben hatte. Anfangs war sie unsicher und von sich selbst noch nicht richtig überzeugt gewesen. Erst in Olsons Bar hatte sie erkannt, daß sie gut war, und ihr Selbstvertrauen war gewachsen.
    Sie war zum Glück nicht auf das Geld angewiesen, das sie hier verdiente, denn ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich als Sekretärin in einem großen Computerkonzern. Die Gage in Olsons Bar war lediglich eine kleine Zugabe.
    Candice träumte davon, als Tänzerin Karriere zu machen. Sie hoffte, eines Tages entdeckt zu werden.
    Die Single, zu der sie tanzte, endete, und wieder einmal klatschten sich die Gäste vor Begeisterung die Hände heiß.
    Schwitzend, keuchend und glücklich lächelnd nahm Candice Lee die Ovationen entgegen, dankbar verneigte sie sich immer wieder vor ihrem Publikum, das sie liebte.
    Als sie die Garderobe betrat, war Rita Owen immer noch nicht fertig. Rita war neu in Olsons »Stall«, ein junges blondes Mädchen, schlank und feingliedrig. Wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe wirkte sie, doch draußen auf der Bühne ging sie voll aus sich heraus, da war von Zerbrechlichkeit nichts zu sehen. Sie machte einen scheuen, bescheidenen Eindruck, schien mit Hemmungen beladen zu sein, die sie jedoch komplett ablegte, wenn die Musik einsetzte.
    Candice hatte sich mit ihr angefreundet, ihr gefiel Ritas bescheidene, unaufdringliche Art, und ihr gefiel der starke, faszinierende Ausdruck ihres Tanzes. Wenn Rita Owen ihre Show abzog, ging etwas Animalisches von ihr aus. Candice hatte so etwas noch nie erlebt, und sie beneidete Rita um diese einmalige Ausstrahlung; darüber hätte sie auch gern verfügt.
    »Die Leute waren von dir wieder mal begeistert«, bemerkte Rita und pinselte sich Rouge auf die Wangen. »Es war bis hierher zu hören.«
    »Ich war heute besonders gut drauf«, gab Candice zurück und setzte sich neben Rita. »Hast du vor, die Schallmauer zu durchbrechen?«
    »Wieso?«
    »Du bist heute besonders langsam.«
    »Ich habe es nicht eilig«, entgegnete Rita. »Zu Hause wartet niemand auf mich.«
    »Auf mich auch nicht«, bemerkte Candice, »aber ich weiß etwas Schöneres, als hier vor dem Schminkspiegel zu sitzen.«
    »Darf ich dich zu einem Drink einladen?« fragte Rita.
    »Brauchst du nicht, ich kann für mich selbst bezahlen.«
    »Ich möchte dir aber einen ausgeben.«
    »Weshalb?« fragte Candice.
    Rita zuckte mit den Schultern. »Braucht man für alles einen Grund? Mir ist einfach danach.«
    »Na schön, wenn ich dich sonst beleidigen würde, nehme ich deine Einladung dankend an.«
    Sie wurden gleichzeitig fertig. Rita trug einen verwaschenen Jeansanzug, Candice ein knallrotes Minikleid, in dem sie ungeheuer sexy aussah. Die Mädchen verließen die Garderobe, und Candice griff im Flur nach Ritas Arm. »Noch schnell ein Tip«, sagte sie. »Draußen sitzt Ivan Kuby. Du weißt, wer das ist?«
    »Ich habe schon von ihm gehört.«
    »Bestimmt nichts Gutes. Nimm dich vor diesem Brillantine-Heini in acht, Kleines, er ist gefährlich. Er klappert die Bars von Soho ab, ist ständig auf der Suche nach jungen, hübschen Mädchen, dieser penetrante Zuhältertyp. Protzt mit seinem teuren Auto und macht dir teure Geschenke, und ehe du dich versiehst, arbeitest du für ihn im ›Pussy Cat‹. Früher oder später landen alle Mädchen, die er aufreißt, dort. Sie zwingen sie,
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