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161 - Der Kristallschlüssel

161 - Der Kristallschlüssel

Titel: 161 - Der Kristallschlüssel
Autoren: Susan Schwartz
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Ihrer Gegenwart gewöhnt. Die hohen Schuhe trage ich ohnehin nur deshalb, um nicht übersehen zu werden. ­ Ziemlich eitel, ich weiß«, fügte sie ein wenig schnippisch hinzu, dann war sie weg.
    Matt grinste. Der Tag schien sich doch noch gut zu entwickeln.
    ***
    »Nein!« Maya Joy Tsuyoshi fuhr hoch und starrte in die Dunkelheit. Draußen vor dem Fenster zeigte sich tief am Horizont ein schwacher, bläulich­rötlicher Schimmer.
    Noch nicht einmal Sonnenaufgang. Diese Nacht schien kein Ende zu nehmen. Dabei war sie absichtlich erst spät zu Bett gegangen, doch wie so oft in den letzten Monaten wurde sie von Alpträumen geplagt.
    Die Tür ging auf, und Maya erkannte den schmalen Umriss ihrer Tochter.
    »Ich hab dich rufen gehört, Mama«, sagte Nomi schüchtern. In ihren Armen hielt sie die Plüschvariante des Vielaugenmolochs, ohne den sie nie schlafen ging, Maya hatte ihn ihr zum Geburtstag geschenkt, in Erinnerung an ihr eigenes heiß geliebtes Stofftier.
    Maya streckte die Hände aus. »Komm her«, flüsterte sie. Das Kind kletterte zu ihr ins Bett und kuschelte sich an sie.
    »Du hast geweint«, stellte Nomi sachlich fest, als sie die Wange der Mutter streichelte.
    »Nur ein bisschen«, sagte Maya. »Ich hab mich im Traum erschrocken.«
    »Warum bist du traurig, Mama?«, fuhr Nomi fort. »Ich weiß es genau, nämlich wie du guckst, wenn du glaubst, dass dich niemand sieht.«
    Maya wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. »Ach, das ist nur… es ist so viel passiert, und manchmal, da…«
    »Ist es, weil Papa nicht mehr heimkommt?«, flüsterte Nomi.
    Maya presste die zitternden Lippen aufeinander. »Ja, Nomi«, antwortete sie brüchig und strich der Kleinen die Haare aus dem Gesicht. »Ich vermisse ihn manchmal so sehr, dass es wehtut…«
    »Ich auch«, wisperte die Tochter und schmiegte sich an sie. »Er hat immer so lustige Spiele erfunden. Aber du hast zu mir gesagt, dass ich nicht traurig sein soll, Mama, weil Papa immer bei uns sein wird, in unseren Herzen.«
    »Das stimmt, Schätzchen.«
    »Und du hast gesagt, dass wir nicht einsam sind, weil wir einander haben, und Großmutter Vera ist auch noch da.«
    Maya lächelte ihre Tochter an. »Du hast Recht. Du bist bei mir, da kann ich gar nicht einsam und traurig sein.«
    »Aber ich hab vor etwas Angst, Mama«, gestand Nomi zögernd. »Dass… du auch wieder fort gehst und vielleicht nie mehr…«
    »Nein!«, unterbrach Maya und hielt sie fest. »Ich gehe nicht mehr fort. Manchmal werden wir uns für kurze Zeit nicht sehen können, weil ich arbeiten muss, Nomi. Das kann ich nicht ändern. Aber ich werde für immer hier auf dem Mars bleiben, das verspreche ich dir.«
    Das Kind strahlte. »Und wann gehen wir wieder in den Wald zu Morgenblüte?«
    Nomi Marlyn Tsuyoshi war inzwischen im Wald, bei den Baumleuten fast mehr zu Hause als hier in der Stadt. Morgenblüte war die Tochter des Baumsprechers Windtänzer, drei Marsjahre älter als Nomi, aber die beiden waren wie Schwestern.
    »Mal sehen, Nomi. Ich habe hier ziemlich viel zu tun, denn du weißt ja, Cousine Cansu Alison ist nicht mehr Präsidentin und es herrscht ziemliches Durcheinander. Außerdem stoßen wir immer weiter in die Anlagen der Alten vor, seit uns der Erdmann Maddrax hilft. Bald werden wir wissen, was es mit dem Strahl auf sich hat.«
    »Du bist also sehr wichtig?«
    Maya lächelte. »Das meinen die anderen, Nomi. Komisch, nicht wahr?«
    Nomi schüttelte den Kopf. »Nee. Papa hat auch immer gesagt, dass du immer für alle Marsleute ganz wichtig sein wirst. Er hat gemeint, dass du die allerwichtigste Frau aller Zeiten bist!«
    Maya rieb sich die Stirn. Dahinter glühte ein kleines Lämpchen auf und schrieb die Lettern LORRES an die innere Schädelwand.
    Ein halbes Jahr war nun vergangen, und sie hatte geglaubt, endlich darüber hinweg zu sein. Die anderen mochten dies auch annehmen, denn sie erwähnte Lorres nie und hatte sich stets in der Gewalt. Aber manchmal überkam es sie doch, vor allem, wenn sie einsam in ihrem Bett lag und davon träumte, wie es früher gewesen war, mit ihm. Die Lücke, die er gerissen hatte, konnte nie mehr geschlossen werden, das hatte sie inzwischen begriffen. Und dennoch musste sie sich zusammenreißen und einen Neuanfang wagen; sie war noch zu jung, um sich der Trauer gänzlich zu ergeben und sich zurückzuziehen wie einst ihre Mutter.
    Inzwischen war auch der alte Patriarch Jarro Fachhid gestorben, Lorres' Vater. In der Gräberstätte des Hauses Gonzales waren
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