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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200
Autoren: Unbekannt
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in Terrania angekommen, hatte sich in einem Hotel einquartiert und sich nach einem umfangreichen Mahl auf eine Nacht der traumlosen Ruhe gefreut.
    Aber die Ruhe wollte sich nicht einstellen. Er dachte an die schrecklichen Dinge, die auf die Menschheit zukamen. Er warf sich vor, ein Versager zu sein, weil er sich mit seiner unkonventionellen Art selbst im Weg stand und durch sein Verhalten verhinderte, daß ihn jemand ernst nahm.
    Bis vier Uhr morgens hatte er sich ruhelos auf der pneumatischen Liege gewälzt. Dann - in der Erkenntnis, daß er in dieser Nacht ohnehin keinen Schlaf mehr finden würde - war er aufgestanden, hatte sich ausgehfertig gemacht und einen Mietgleiter bestellt. Und jetzt war er über den frühmorgendlichen Straßen der Hauptstadt der Liga Freier Terraner unterwegs. Er hatte dem Autopiloten „Kreuzen im Umkreis von 25 Kilometern" aufgetragen und hing seinen Gedanken nach, während das Fahrzeug in achtzig Meter Bodenabstand gemächlich dahinschwebte. Terrania schlief nie. Der Verkehr in den Flugschneisen der Stadt war kaum weniger dicht als tagsüber. Die Straßen waren hell erleuchtet. Aus achtzig Meter Höhe sahen die Fußgänger, die die Bürgersteige entlangschritten oder auf Rollbändern gemächlich dahinglitten, wie winzige Insekten aus.
    Der Himmel war schwarz. Der Sonnenaufgang lag noch ein paar Stunden in der Zukunft. Die Helligkeit der Straßenbeleuchtung diffundierte in die Nacht hinauf und bewirkte, daß von den Sternen nur die hellsten zu sehen waren.
    Es war noch nicht lange her - weniger als einen Tag lag es zurück -, da hatten die hyperenergetischen Abdrücke der Sterne plötzlich zu flakkern begonnen. Für den Bruchteil einer Sekunde war das Firmament in jenem Frequenzbereich des hyperenergetischen Spektrums, in dem die Sterne am intensivsten strahlten, finster geworden.
    Die Sterne waren nach kurzer Zeit zurückgekehrt. Außer den Menschen und Institutionen, die solche Dinge von Berufs wegen verfolgten und mit den entsprechenden Meß- und Nachweisgeräten ausgerüstet waren, hatte niemand den Vorfall zur Kenntnis genommen. Eine Erklärung des Phänomens gab es vorläufig noch nicht. Man munkelte von einer Variation gewisser Naturkonstanten. Aber das war reine Spekulation. Einschlägige Messungen waren erst noch anzustellen.
    Zur selben Zeit, als die Sterne zu flackern begannen, waren Störungen im Hyperfunkverkehr aufgetreten. In der Stahlfestung hatten einige Transmitter vorübergehend den Dienst eingestellt.
    Manch einer, der zuvor lauthals über Boris Siankows vermeintlich hanebüchene Hypothese gelacht hatte, war nachdenklich geworden und hatte zu überlegen begonnen, ob an Boris' Theorie vielleicht doch etwas dran sein könnte.
    Boris selbst hatte die Genugtuung, daß man ihm - zumindest insgeheim - Abbitte leistete, nicht mehr mitbekommen. Er war bereits auf dem Weg zur Erde. Er wußte nicht, welche Untersuchungen man in der Stahlfestung inzwischen durchgeführt hatte. Es wäre ihm ein leichtes gewesen, auf Titan anzurufen und sich über den Stand der Nachforschungen zu informieren. Aber er fürchtete, an einen von denen zu geraten, die ihn mit unverhohlenem Spott behandelten.
    Deswegen verzichtete er lieber auf den Anruf. Er selbst hatte inzwischen seine Theorie weiterentwickelt. Der Gedanke, daß eine Veränderung des Zahlenwerts bestimmter Naturkonstanten eingetreten sei, war vermutlich richtig. Der vorübergehende Ausfall der Transmitter, das Versagen des Hyperfunks und das hyperenergetische Flackern der Sterne ließen sich damit erklären, daß die Grundwerte, die die Struktur des Hyperraums definierten, um einen winzigen Betrag abgenommen hatten. Da die fünfdimensionalen Grundwerte ihre Entsprechung in allen sogenannten Naturkonstanten des Einsteinraums besaßen - zum Beispiel in der Lichtgeschwindigkeit, in der Boltzmannschen Konstanten, im Planckschen Wirkungsquantum, in der Newtonschen Gravitationskonstanten -, war anzunehmen, daß auch deren Werte sich geändert hatten.
    Das Phänomen als solches ließ sich leicht beschreiben und erklären. Die Frage blieb aber: Wodurch wurde es verursacht? Wie wollte man das Aussetzen der Transmitter und die Störungen im Hyperfunkverkehr erklären? Die Ansätze einer Hypothese hatten sich in Boris' Bewußtsein zu einem vorerst noch verworrenen und unübersichtlichen Bild geformt. Er dachte an eine Veränderung der Struktur des 5-D-Kontinuums, die für alle bisher beobachteten Abweichungen verantwortlich war. Begriffe wie
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