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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200
Autoren: Unbekannt
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Anschluß tot war.
    Da begriff Joshu Ionson, daß sich um 5.33 Uhr Terrania-Ortszeit am 10. Januar 1200 noch weitaus mehr ereignet haben mußte als nur eine Transmitter-Fehlfunktion auf der Strecke Valparaiso-Terrania.
     
    *
     
    Der zehnte Tag im Januar des Jahres 1200 Neuer Galaktischer Zeitrechnung wurde zum Schicksalstag für Terra und das Solsystem - und nicht nur für das Solsystem, wie sich später herausstellte.
    Es war 10.33 Uhr am 10. Januar auf der Großen Diomedes-Insel, als der völlig verunstaltete Ingenieur Jor Cardenas wie eine Kanonenkugel aus dem Transmitter der Acme Intertech geschossen kam. In Tokio zeigten die Uhren 7.33, in Neu-Delhi 3.33 Uhr. Es war 0.33 Uhr in Kairo.
    In Berlin schrieb man den 9. Januar, 23.33 Uhr. Auch in Washington, D.C., galt noch der neunte.
    Dort war's 17.33 Uhr. Die Linie, entlang der der neunte sich in den zehnten verwandelte, zog sich von Walfischbucht über Al Khums in Libyen, Pescara, Prag und Swinemünde nach Jonköping.
    Eine Katastrophe brach über die Menschheit herein. Die Ursache ließ sich nicht erkennen, aber es war offenbar, daß alles, was mit Hyperenergie arbeitete oder sonst irgendwie mit Vorgängen im 5-D-Kontinuum in Zusammenhang stand, aufgehört hatte zu funktionieren.
    Zwei Klassen von Versagern machten sich besonders schwerwiegend bemerkbar. Nichts, was mit synthetischer Schwerkraft zu tun hatte, ließ sich mehr in Betrieb nehmen. Außerdem stellten alle Computersysteme, die auf syntronischer Basis arbeiteten, den Betrieb ein. Nach dem Prinzip der künstlichen Gravitation arbeiteten die Antriebssysteme nahezu aller Fahrzeuge des öffentlichen und des privaten Verkehrs. Gleiter aller Größen und Typen fuhren mit Antigravmotoren. Auch die Raumfähren, die die Weltraumhäfen der Erde mit den im Erdorbit geparkten Raumschiffen verbanden, waren mit Antigrav-Feldtriebwerken ausgestattet.
    Die Katastrophe forderte Tausende von Menschen- und anderem intelligenten Leben. Insgesamt zwölf Raumfähren, die die Orbitalgeschwindigkeit noch nicht erreicht hatten, stürzten, ihres Antriebs beraubt, hilflos zur Erde zurück und zerbarsten beim Aufprall. Hunderte von Gleitfahrzeugen, die sich in überdurchschnittlicher Höhe bewegten, beendeten ihre Reise mit einem Sturzflug und zerschellten. Im unterirdischen Rohrbahnverkehr kam es zu einigen spektakulären Unfällen, weil die syntrongestützte automatische Steuerung des Zugverkehrs plötzlich ausfiel.
    Und dennoch waren, alles in allem betrachtet, die Verluste an Menschenleben weitaus geringer, als sie im GAU-Fall hätten sein können. Verantwortlich dafür war das Prinzip des „graziösen Versagens", das seit etwa einem Jahrhundert grundsätzlich ins Design eines jeden technischen Produkts einfloß. Graceful degradation, kurz GD, war denn auch das Schlagwort, das die Unterhaltungen der geschockten Erdenbürger an diesem 10. Januar 1200 und noch lange darüber hinaus beherrschte.
    GD beruhte auf der Erkenntnis, daß kein Zusammenbruch sich augenblicklich ereignete. Er mochte den trägen Sinnen des Menschen und mental ähnlich gearteter Wesen noch so momentan erscheinen, es verging doch von dem Augenblick, in dem er sich zuerst bemerkbar machte, bis zum Eintritt der vollen Wirkung eine meßbare Zeitspanne. Innerhalb dieser Zeit hatten das Gerät, die Maschine, das Instrument Gelegenheit, auf die drohende Gefahr zu reagieren. Welcher Art auch immer der vorerst undefinierbare Einfluß sein mochte, der an diesem schicksalhaften Tag sämtliche Antigravtriebwerke lahmlegte, er brauchte im Durchschnitt gute vier Dutzend Millisekunden, um wirksam zu werden. Für den GD-Mechanismus war das genug Zeit, um etwas zur Rettung seiner Passagiere zu unternehmen.
    Draußen auf dem platten Land ebenso wie in den Flugschneisen der Städte - gemeinhin auch „Straßen" genannt - wickelte sich der Gleiterverkehr in Flughöhen zwischen 15 und 150 Metern ab. In diesem Bereich war die syntrongestützte Funksicherung wirksam. Wer höher hinauswollte, war selbst für seine Flugsicherheit verantwortlich. Beim ersten Anzeichen von Gefahr veranlaßte GD das Fahrzeug, in einen steilen Gleitflug überzugehen und dadurch den Bodenabstand so rasch wie möglich zu verringern. Natürlich reichen 50 Millisekunden nicht aus, um eine formvollendete Landung zustande zu bringen, nicht einmal von der geringsten Flughöhe aus. Aber Gleiter sind bis auf ganz wenige Ausnahmen, bei denen Aspekte der Zweckmäßigkeit eine andere Formgebung diktieren, nach
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