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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200
Autoren: Unbekannt
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Hyperraum-Trägheit, 5-D-Parese, Hyperimpedanz schwirrten ihm durch den Kopf. Wenn er wieder in der Stahlfestung war, würde er sich mit solchen Ideen eingehender und quantitativer beschäftigen können. Im Augenblick äußerte er sich am besten nicht darüber. Er hatte Angst davor, wieder ausgelacht zu werden. Gleichzeitig aber wußte er intuitiv, daß er recht hatte.
    Der Gleiter bewegte sich jetzt im Bereich eines Industrieviertels im Nordosten der Stadt. Die Flugschneisen waren nach den berühmten Zentren der frühterranischen Industrie benannt. Die Bezeichnungen wurden auf einem der Displays am Armaturenbrett aufgeblendet. Die Straße, über die das Fahrzeug soeben dahinschwebte, trug den romantischen Namen Sheffield Mall.
    Schräg vor Boris Siankow flog ein weiterer Gleiter. Boris schaute verdutzt drein, als das Fahrzeug plötzlich in die Tiefe sackte. Noch in derselben Sekunde fühlte er sich in seinem Sitz emporgehoben. Der Magen vollführte nervöse Sprünge, als das Empfinden des schwerelosen Falls auf ihn eindrang. Boris kam sich vor wie in einer Achterbahn, die sich kopfüber in die Tiefe stürzte. Er sah die Lichter der Straßenbeleuchtung rasend schnell auf sich zukommen. Eine Stimme plärrte: „Triebwerksstörung! Triebwerksstörung! Auf Notlandung vorbereiten!"
    Boris' Hände krallten sich um die Armlehnen des Sessels. Die Sitzgurte schnitten ihm in den Leib. Er stemmte die Füße gegen die Armaturentafel und drückte sich auf die Sitzfläche zurück.
    Erleichtert nahm er zur Kenntnis, daß der Gleiter nicht allzuweit über dem Boden wieder in die horizontale Fluglage überging. Gleichzeitig aber stellte er fest, daß das stete Summen des Antigravtriebwerks verstummt war.
    Zu schweben vermochte ein antriebsloser Gleiter wohl, aber nur über eine kurze Strecke und ohne jegliche Eleganz. Das Fahrzeug schüttelte sich. Die Wände der Fahrgastzelle fingen an zu vibrieren. Und dann neigte sich die Nase von neuem, diesmal endgültig, dem Boden entgegen.
    Boris Siankow schloß die Augen. Es gab einen dröhnenden Knall. Ein Strang des Gurtes wollte ihn mitten entzweischneiden. Er ruckte nach vorne und schlug mit dem Schädel gegen etwas Hartes.
    Dann war vorläufig nichts mehr.
     
    *
     
    Der moderne Empfänger, der je nach Bedarf seine eigenen Bildflächen projizierte, funktionierte nicht mehr. Joshu Ionson kramte unter den Geräten in einem Abstellraum, den er schon seit wenigstens zwei Jahren nicht mehr betreten hatte, eines jener Fernsehgeräte hervor, wie sie vor langer Zeit in Gebrauch gewesen waren: mit Bildröhre und feststehendem Bildschirm. Der optische Empfang war miserabel. Das Bild zuckte und flimmerte. Schlieren wanderten in unaufhörlicher Folge über die nach konservativer Mode gekleidete Gestalt des Nachrichtensprechers. Die Akustik war jedoch einwandfrei. „... Ursachen kann bislang nur spekuliert werden", hörte Joshu. „Vorläufig stellen der Vorgang und seine Hintergründe noch ein großes Rätsel dar. Jedoch ist die naturwissenschaftliche Gemeinde auf der Erde und den anderen besiedelten Welten des Solsystems pausenlos damit beschäftigt, eine Erklärung für dieses erschreckende, noch nie zuvor beobachtete Phänomen zu finden. Mit ersten Ergebnissen wird noch im Verlauf des Morgens gerechnet.
    Die Bevölkerung ist aufgefordert, Ruhe zu bewahren. Es droht keine unmittelbare Gefahr. Die Regierung der Liga Freier Terraner und die Regionalverwaltungen haben die Lage unter Kontrolle.
    Ich fasse noch einmal zusammen: Seit fünf Uhr dreiunddreißig Terrania-Ortszeit heute, den zehnten Januar eintausendzweihundert, sind alle Geräte, die für ihren Betrieb auf fünfdimensionale Energiequellen angewiesen sind, unbrauchbar. Dazu zählen in erster Linie Antigravmotoren in Fahrzeugen, Antigravprojektoren in Aufzugschächten, syntronische Rechner, Transmitter, Hypertrop-Zapfer und so weiter. Von Regierungsseite verlautet, daß man mit einer geringen Dauer der Störung rechnet. Die Ursache der Störung ist weiterhin unbekannt."
    Joshu schaltete ab und trat ans Fenster. Vor einer halben Stunde hatte er schon einmal hinausgeschaut und staunend die Gleiterwracks betrachtet, die wahllos verstreut auf der Straße herumlagen. Es mußte ein donnerndes Getöse gegeben haben, als alle diese Fahrzeuge annähernd gleichzeitig notlandeten. Aber da war er noch unten im Keller gewesen und hatte sich mit seinen eigenen Sorgen herumgeschlagen.
    Vor einer halben Stunde war er hinausgeeilt, voll banger Erwartung,
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