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153 - Das Ende der Technos

153 - Das Ende der Technos

Titel: 153 - Das Ende der Technos
Autoren: Michael M. Thurner
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jugendlichen Unbekümmertheit nahmen er und seine Schwester die Dinge einmal mehr am besten hin.
    »Das trifft sich gut«, murmelte Eve. »Meiner hier hatte ein Feuerzeug bei sich. Das heißt, dass wir heute Nacht ein Feuer haben werden.«
    Und der Tote hatte noch etwas besessen.
    Eine angebrochene Schachtel Zigaretten.
    Mit zitternden Fingern zündete sie sich eine an und sog gierig daran.
    ***
    Die erste Nacht im Freien war schrecklich. Zuerst hatten sie sich ihre Geschichten erzählt. Wie sie die ersten Stunden in der Dunkelheit im Bunker verbracht und schließlich zueinander gefunden hatten. Schließlich hatten sie sich gegenseitig Mut gemacht. Geweint, gelacht, von ihren Ängsten geredet. Dann war der Schock gekommen, hatte sich die Wahrheit in ihren Köpfen eingenistet.
    Salisbury war unwiederbringlich Vergangenheit.
    Sie kuschelten sich eng aneinander, eingehüllt von steifen Plastikfolien, feuchten Jacken und Tüchern, die sie den Toten vom Leib gerissen hatten. Ein kleines Feuer flackerte und knackte. Das Holz war feucht und der Wind frischte immer wieder auf.
    »Die nächste Wache übernehme ich«, sagte Eve. Sie kroch unter ihrer Folie hervor. Su, die unweit des Feuers auf einem Felsen auf und ab sprang, um die Kälte zu vertreiben, nickte dankbar und reichte ihr den plumpen, altertümlich wirkenden Revolver. Das junge Mädchen wirkte völlig erschöpft und verzweifelt.
    Kein Wunder. Die Nachtstunden konnten grausam sein. Sie verführten dazu, über die Geschehnisse des Tages zu sinnieren und alles zu verarbeiten.
    Eve verschob die grüblerischen Gedanken auf später. Sie musste unbedingt nach vorne blicken. Selbst jetzt, in dieser eigentlich unerträglichen Situation, stellte sie ihre berufliche Erfahrung über die eigenen Gefühle – und das war gut so. Diese kleine, zusammen gewürfelte Gemeinschaft würde in kürzester Zeit zerbrechen, wenn sie nicht als Seelenkleister diente, als verbindendes Element. Sie musste die Leute vorwärts treiben; zugleich galt es, kleine Reibereien und Konflikte bereits im Ansatz zu erkennen und gar nicht erst ausbrechen zu lassen.
    In allen von ihnen steckte ein ungeheuerliches Aggressionspotenzial. Wenn die Flammen der Wut erst einmal entfacht waren, würde sie wohl niemand mehr ersticken können.
    Eve hatte keine Ahnung, ob sie ihren Lagerplatz gut oder schlecht gewählt hatte. Als sie mit Rulfan und der Besatzung eines EWATs inmitten des weiten Landes zwischen Salisbury und London unterwegs gewesen war, hatte Rulfan irgendwo und irgendwann den Befehl gegeben, stehen zu bleiben und das Lager aufzuschlagen. Es musste damals ein System dahinter gesteckt haben – aber sie hatte es nie begriffen. Vielleicht war es auch der Instinkt, der Erbanteil seiner barbarischen Mutter.
    Eve seufzte und wischte sich eine Träne von der Wange, die dort eigentlich gar nichts zu suchen hatte, und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Drei lange Stunden in der Kälte lagen vor ihr.
    In einer Senke unweit voraus bewegten sich kleine dunkle Schatten im Kreis. Sie sprangen hin und her, nur schemenhaft erkennbar, und schmatzten laut, während das Gewinsel ihrer Beute langsam verstummte. Vermutlich Gerule! Solange die Jäger satt waren, würden sie sich nicht um ihre kleine Gruppe kümmern.
    Links und rechts von Eve ragten Felswände fünf oder sechs Meter hoch. Die Bunkermenschen lagerten in einer kleinen natürlichen Einbuchtung dieses steinernen Meeres, das sie heute bei Einbruch der Dunkelheit erreicht hatten.
    Einerseits schien der Platz ideal geschützt; andererseits hatte Eve das Gefühl, aus diesem Loch niemals wieder entfliehen zu können, sollte irgendein unbekannter Gegner auf die Idee kommen, sie zu belagern. Oder wenn er von oben herab Felsen und Geröll auf sie stürzen ließ…
    Der Wind brachte leichten, unangenehm stechenden Regen mit sich. Auch das noch!
    Sie mussten etwas unternehmen, damit das Feuer weiter loderte. Vielleicht konnte man ja ein paar Felsbrocken übereinander häufen, die den Wind von den Flammen fern hielten?
    Sie verließ ihren Posten, kehrte zum Lager zurück, weckte hastig Pat und den jungen Linus und erklärte ihnen, was sie vorhatte. Die beiden Männer standen augenblicklich auf und halfen ihr. Ganz offensichtlich hatten sie bis jetzt keinen ausreichend tiefen Schlaf gefunden, obwohl es bereits weit nach Mitternacht war.
    Im Schein des flackernden Feuers schafften sie mehrere Felsbrocken herbei und legten sie, während der Wind weiter auffrischte, unter
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