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153 - Das Ende der Technos

153 - Das Ende der Technos

Titel: 153 - Das Ende der Technos
Autoren: Michael M. Thurner
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vergessen und ausschließlich nach vorne zu blicken.
    »Sobald wir einen geeigneten Platz für eine Siedlung gefunden haben, werden wir einen Boten über den Kanal schicken. Jemanden, der bereit ist, den langen Weg zum Kratersee auf sich zu nehmen. Wir müssen uns vergewissern, dass wir tatsächlich eine Zukunft besitzen.«
    »Warum sollen wir wieder von vorne anfangen?«, fragte Claus Niedermeyer, einer der ältesten Londoner. »Warum bleiben wir nicht hier in den Wäldern, holen uns bei Bedarf aus dem Bunker, was wir benötigen, und warten, bis wir’s hinter uns haben?«
    Leonard Gabriel sah ihn streng an. »Um uns nicht tagtäglich daran zu erinnern, was wir verloren haben. Weil wir uns neue Ziele stecken werden. Weil wir etwas an unsere Nachfahren weiterzugeben haben. Weil es viel Neues in der Welt zu entdecken gibt. Weil… wir Menschen sind.« Abrupt änderte er das Thema: »Also los! An die Arbeit!«
    Sie griffen nach ihren schweren Rucksäcken und den Waffen.
    Von den Barbaren war keine Spur zu sehen. Die Explosionen der Handgranaten, mit denen Sir Leonard unter ihnen aufgeräumt hatte, hatten sie nachhaltig vertrieben.
    Eve schleppte sich zum ehemaligen Prime . »Ich möchte hier bleiben«, keuchte sie. »Ich will mir diesen Marsch… nicht mehr antun.«
    Der Mann runzelte missbilligend die Stirn. »Von dir hätte ich am allerwenigsten erwartet, dass du einfach aufgibst.«
    »Ich sterbe…«, hauchte sie, knickte in den Knien ein und stürzte in Leonards Arme.
    Er fing sie auf, zog sie wieder hoch. Er war bleich geworden.
    Ängstlich, ein weiteres Mitglied ihrer kleinen Gruppe zu verlieren, bettete er sie auf die Ladefläche eines Wagens.
    Verschwommen konnte Eve erkennen, wie sich eine Menschentraube um sie bildete, wie besorgte Blicke sie trafen.
    Sie fühlte sich so schwach, unendlich müde…
    Sie brauchte nur noch die Augen zu schließen und es würde vorbei sein.
    Eve hustete. Wie aus endloser Ferne spürte sie, dass Leonard sie abtastete. Eine Frau, möglicherweise Sarah Kucholsky, machte sich an ihrer Brust und ihrem Rücken zu schaffen.
    Es war alles so sinnlos geworden; sie wollte nur noch schlafen, diese verlorene Existenz zwischen Hoffen und Bangen hinter sich lassen…
    »Lass den Blödsinn, Mädchen«, rief Leonard Gabriel sie grob in die Welt der Lebenden zurück. »Wenn du glaubst, du könntest dich davon machen, hast du dich, geirrt! Wenn du nicht immun wärst, hättest du spätestens gestern den Löffel abgeben müssen.«
    »Aber… aber was dann?«, hauchte sie und versuchte sein Gesicht zu erkennen.
    »Du hast eine ziemlich heftige Verkühlung, Eve. Die erste deines Lebens.« Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. »Du hättest nicht so oft auf dem kalten Boden herumsitzen sollen.«
    Eine Verkühlung…
    Das Leben würde also weitergehen.
    Eve beschloss, sich darüber ganz entschieden zu freuen.
    ***
    Ein Stückchen weiter westlich
    Jenny, Ann und Pieroo landeten im Paradies.
    Irgendein Seelenverkäufer hatte sie nach wochenlangem Marsch durch ein Gebiet, das allgemein als Waals bezeichnet wurde, in einem kleinen Fischernest an Bord genommen. Pieroo hatte sich für die Überfahrt als Ruderer und Wachmann verdingt, während Jennifer Jensen die Matrosen mit ihren Kochkünsten verwöhnte.
    Der Kapitaan ließ sie erst nach einem handfesten Streit mit Pieroo wieder von Bord, so gut hatte ihm das Essen geschmeckt – von den körperlichen Reizen der Kanadierin ganz zu schweigen.
    »Wie heißt das hier?«, fragte die kleine Ann zum wiederholten Male. Sie sprang vergnügt hin und her. »Hier gefällt’s mir. Hier will ich bleiben!«
    »Wir sind in Irland, und das Dorf heißt Corcaich*«, erklärte ihr Jenny. »Und du hast Recht – ich find es hier auch sehr schön.«
    Ein Riese von einem Mann mit langem, dunklen Bart kam auf die Neuankömmlinge zu; er hielt eine Axt in seinen Pranken, so groß, dass man damit wohl mehr als einen Schädel auf einmal spalten konnte.
    Instinktiv tastete Pieroo nach seiner Waffe, hielt sich für alle Eventualitäten bereit.
    »Failte**!«, rief der Mann und redete in einem guttural klingenden, aber gut verständlichen Englisch weiter: »Ich bin Jaaims. Willkommen in Corcaich, dem schönsten Ort der Welt!«
    Er streckte freundlich die Arme aus – und sie wussten, dass sie endlich zu Hause angekommen waren.
    ENDE
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