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149 - Auf Messers Schneide

149 - Auf Messers Schneide

Titel: 149 - Auf Messers Schneide
Autoren: Bernd Frenz
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Barbaren und Mutanten zurück, wo sie nur konnten. Zu Fuß und aller Technik beraubt, glaubten sie, das Ende der Welt stünde unmittelbar bevor.
    Dabei blieb der Menschheit doch das Schlimmste erspart.
    Die Erde erzitterte zwar, doch sie blieb weiter auf Kurs. Der Wandler badete in nuklearer Energie, doch weil der Impuls nicht von allen Bomben und gleichzeitig abgestrahlt wurde, genügte das Niveau nicht, um ihn vollends zu reaktivieren.
    Das alles wegen der Opferbereitschaft zweier Männer. Eines Cyborgs, der das Wohl der Gemeinschaft über das des Einzelnen stellte – und eines Wahnsinnigen, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war.
    ***
    Der Anblick raubte Matt den Atem. Weit unterhalb der ISS stoben die Wolken auseinander, wurden von gewaltigen Explosionen aufgerissen und der äußeren Atmosphäre entgegen gedrückt. Schmutzig-gelbe Pilze, Gemische aus Wasserstoff und Asche schoben sich lautlos empor. In ihrer Zerstörungswut erinnerten die Bilder an die Apokalypse, und Matt spürte, dass es genau das war, was er gerade beobachtete.
    »Sie haben es geschafft«, flüsterte er. »Und wir konnten es nicht verhindern.«
    Naoki blickte ebenso gebannt wie er auf die Monitore. Im Sichtfenster ihres Helms spiegelte sich die Niederlage der Allianz und der Sieg der Daa'muren gleich vierfach wider.
    »Wir sind ver…«, begann sie, doch ein lautes Dröhnen übertönte den Rest des Satzes. Matt spürte, wie der Metallboden unter seinen magnetischen Sohlen zu beben begann. Die Monitore flackerten gleißend hell und erloschen.
    Irgendwo zersprang Glas mit lautem Klirren. Metall knirschte.
    »EMP!« Naoki sprach aus, was Matt befürchtete. Sein Blick glitt über die Tasten und Diagramme. Einige Knöpfe leuchteten in warnendem Rot, die anderen waren dunkel.
    Er drehte sich um. Auch ein Teil der Beleuchtung war erloschen. Die Station und die beiden Gänge, die Matt durch die offenen Türen sehen konnte, lagen im Halbdunkel.
    »Der Impuls war nicht stark genug, um alles lahm zu legen«, sagte er. »Mindestens ein Stromgenerator und einige Systeme müssen gesondert abgeschirmt sein.«
    Er dachte an die Labors auf der unteren Ebene. Zur Platzersparnis dienten sie gleichzeitig als eine Art zweiter Maschinenraum für redundante Systeme. Wahrscheinlich waren das die Räume, die von dem EMP verschont geblieben waren.
    Matt blickte auf die klobige Armbanduhr, die in den Anzug eingearbeitet war. Sie war stehen geblieben, zeigte genau null Uhr siebenunddreißig und zweiundfünfzig Sekunden mitteleuropäischer Zeit an (7:37 Uhr am Kratersee) . Das Ende der menschlichen Zivilisation, dachte er, sekundengenau festgehalten.
    Unwillkürlich blickte er zu den Bullaugen, durch die er die Nordhalbkugel der Erde sah. Irgendwo dort kämpfte Aruula um ihr Leben – wenn sie denn überhaupt noch ein Leben hatte, um das sie kämpfen konnte.
    Alles in Matt krampfte sich zusammen. Eine innere Stimme flüsterte ihm zu, dass auch sein Leben vorbei war, dass er hier oben im All nur von der geborgten Zeit lebte, die ihm die Systeme seines Raumanzugs gewährten.
    Eine Rückkehr zur Erde war ohne Shuttle nicht möglich, und seine vage Hoffnung, die Verbündeten in Britannien und Amerika würden eine Lösung finden, um Naoki und ihn zu retten, hatte sich durch den EMP ebenfalls zerschlagen. Sie waren gefangen, isoliert, keine hundert Kilometer von der Erde entfernt.
    Für einen Moment glaubte Matt, Trauer und Frust würden ihn überwältigen, doch dann fing er sich wieder. Er sah Naoki an, die immer noch auf die längst erloschenen Monitore starrte, ob konzentriert oder entsetzt, verriet ihr regloses Gesicht nicht.
    »Du weißt, was das bedeutet?«, fragte er, ohne zu spezifizieren, was genau er damit meinte. Aber Naoki verstand ihn auch so.
    Sie nickte. »Es ist vorbei. Der Krieg, der Widerstand, vielleicht das Leben unserer Freunde, meines Sohnes… unser beider Leben.«
    Sie sah Matt nicht an und ihr Gesicht gab keine Gefühle preis. Maskenhaft starr blickten ihre Augen auf die schwarzen Bildschirme. Nur ihre linke Hand hatte sich zur Faust geballt und verriet ihre Anspannung.
    »Es muss etwas geben, das wir tun können« , sagte Matt nach einem Moment. Das war stets das Motto seines Lebens gewesen. Egal, wie verzweifelt eine Situation auch erschien, solange es eine Möglichkeit zum Handeln gab, war sie nicht aussichtslos. »Wir haben Labors hier oben, Werkzeuge und Materialien«, fuhr er fort. Seine eigenen Worte motivierten ihn.
    »Damit muss sich
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