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149 - Auf Messers Schneide

149 - Auf Messers Schneide

Titel: 149 - Auf Messers Schneide
Autoren: Bernd Frenz
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wenige Herzschläge später erfüllte ihn kühle Ruhe, wie es sich für einen Degenmeister ziemte.
    »Viele von uns werden sterben«, sagte er so leise, dass es nur Radek verstand. »Doch kein Opfer ist vergebens, solange wir ein Anwachsen der Sonne verhindern.«
    »Für den Sohn der Finsternis«, erneuerte Radek den Schwur, den sie alle vor ihrem Abmarsch abgelegt hatten. »Für Erzvater und das Reich der Nosfera, das kommen wird, sofern wir die Pläne des Bösen durchkreuzen.«
    Gemeinsam drückten sie die Beine durch und begaben sich in eine gebückte Haltung, die sie weiterhin den Blicken des Gegners entzog. Das lederne Knarren einiger Anzüge bewies, dass die anderen Krieger dem Beispiel folgten. Obwohl die Bluttempler keinen direkten Blickkontakt zueinander besaßen, handelten sie vollkommen einheitlich. Ihre sensiblen Sinne und die intensive Schulung auf dem Weg zum Degenmeister machten mündliche Absprachen oder Handzeichen überflüssig.
    Sie verstanden einander blind, und so war ihr Blick nach vorne, auf die Stellung des Feindes gerichtet.
    Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen blieb dem Gegner ihr Kommen nicht verborgen. Radek spürte, wie die Erregung der Drachen-Dämonen wuchs. Ihre Anwesenheit wurde nun deutlich vor seinem inneren Auge sichtbar. Auf Anhieb zählte er sieben Quellen der Emotion. Sechs zwischen den zerklüfteten Felsen, die sich wie die Tribüne eines Amphitheaters erhoben, der siebte fünfzig Schritte davor, flach im Steppengras verborgen.
    Radek hielt direkt auf den Einzelnen zu.
    Die Linke fest an den Degengriff gepresst, um ein Klappern der ledernen Scheide zu verhindern, griff er mit rechts nach einem der Wurfmesser, die in seinen überkreuz laufenden Brustgürteln steckten.
    Seine Hoffnung, den am Boden kauernden Dämon zu überraschen, erfüllte sich leider nicht. Vielleicht ahnte die Bestie ihre Entdeckung, denn plötzlich sprang sie auf, um sich dem Kampf zu stellen.
    Radeks Messer zischte im gleichen Augenblick durch die Luft, als der Gegner durch die Nebeldecke stieß. Es war ein tausendmal geübter Wurf, bei dem er die gegnerische Bewegung instinktiv richtig berechnete.
    Mit lautem Schmatzen fand die Klinge ihr Ziel – mitten in der rechten Augenhöhle eines abgemagerten Menschenkopfes, der weder Haare noch Fettpolster besaß, sondern nur von grau durchschimmernder Pergamenthaut umspannt wurde.
    ***
    Ja, er hatte das Gesicht eines Nosfera durchbohrt, doch der Dampfstrahl, der aus der leeren Augenhöhle schoss, machte deutlich, dass es sich trotzdem um einen Daa'muren handelte.
    »Lasst euch nicht täuschen!«, rief Radek, während er mit gezogenem Degen auf den Verletzten eindrang. »Es sind Dämonen, die unsere Gestalt angenommen haben! Sie verdienen keine Gnade!«
    Es war die Wut über den hinterlistigen Täuschungsversuch, die ihn zu diesen Worten trieb, denn eigentlich war jede Warnung überflüssig. Seine Waffenbrüder und -schwestern wussten so gut wie er, dass die Daa'muren ihre Gestalt verändern konnten. Sie hatten schon öfters das Äußere der Nosfera angenommen und sich dabei stets mehr Mühe als jetzt gegeben.
    Weder der Verletzte, noch die, die ihm aus den Felsen zur Hilfe eilten, trugen einen Kapuzenmantel. Solch ein Kleidungsstück ließ sich nur schwer mit den körpereigenen Schuppen nachbilden. Ihnen war also vorher nicht klar gewesen, auf wen sie stoßen würden. Sie hatten spontan gehandelt, in der Hoffnung, so für ein wenig Verwirrung zu sorgen.
    Das war gründlich schief gegangen.
    Triumphierend führte Radek den Degen gegen den Hals des falschen Nosfera. Der riss jedoch ein bisher im Nebel verborgenes Schwert in die Höhe, dessen umherwirbelnde Klinge den Ausfall parierte. Fluchend sprang Radek zurück, tauchte unter einem flirrenden Halbkreis aus Stahl ab und ging erneut zum Angriff über.
    Trotz seiner Verletzung setzte sich der Dämon verbissen zur Wehr. Er schien weder Schmerz noch Schwäche zu spüren.
    Seine Reflexe waren denen eines Bluttemplers würdig, die Wucht seiner Schläge sogar den meisten Degenmeistern überlegen.
    Unverhofft sah sich Radek in die Rolle des Verteidigers gedrängt, doch indem er immer wieder auf die blinde Seite seines Gegners tänzelte, gelang es ihm, den brachialen Schwerthieben zu entgehen.
    Zum Glück eilten ihm mehrere Waffenbrüder zur Hilfe.
    Gemeinsam drangen sie von allen Seiten auf den Daa'muren ein. Dämonen besaßen kein Anrecht auf einen fairen Kampf Mann gegen Mann, das wurde ihnen nun zum Verhängnis.
    Das
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