Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
es war auch nicht still geworden, denn dort, wo der Fernseher stand, hörte er ein anderes Geräusch. Ein zischendes Rauschen, und als er sich nach rechts drehte, da gab es keine Bilder mehr auf dem Schirm, sondern nur noch den rieselnden Schnee.
    »Ach du Scheiße, was ist denn jetzt los? Da soll sich der alte Claasen mal bessere Apparate anschaffen. So ein Mist.« Er wollte noch weiter schimpfen, aber da gab es etwas, das ihn davon abhielt.
    Kälte wehte ihm plötzlich entgegen, doch er hatte kein Fenster geöffnet. Zudem war es draußen eher lau.
    Wieso die Kälte?
    Er drehte sich weiter, und dann verzerrte sich sein Gesicht. Er hatte den Mund weit aufgerissen, und es sah so aus, als wollte er anfangen zu schreien. Doch der Schrei blieb ihm im Hals stecken.
    Der Anblick hatte ihn stumm werden lassen, denn vor ihm stand eine halb nackte Frau.
    Sie blickte ihn direkt an. Ihre Augen sahen ungeheuer kalt aus, und trotzdem wurde er den Eindruck nicht los, dass er diese Augen kannte und ebenso das Gesicht.
    War es Sigrid Böhme?
    Ja, das hatte er schon mal erlebt, aber er war plötzlich durcheinander. Die Kälte hatte ihn klamm werden lassen, und zugleich bildete sich Schweiß auf seiner Stirn.
    Andreas Brass war alles andere als auf den Mund gefallen. In diesem Fall allerdings war es ihm nicht möglich, auch nur einen Satz hervorzubringen. Im Gegenteil. Er merkte, dass sein eigener Wille immer schwächer wurde und er nicht mehr in der Lage war, etwas Vernünftiges zu denken. Die normale Welt um ihn herum war ihm plötzlich fremd geworden, und die Furcht drückte sein Inneres zusammen.
    »Das darf nicht wahr sein«, flüsterte er. »Das ist verrückt, das ist…« Da brachen seine Gedanken ab. Er hatte plötzlich das Gefühl, als wäre jemand dabei, etwas aus seinem Kopf zu entfernen. Dass er auf den Beinen stand, bemerkte er wie nebenbei und ebenfalls den Kältestoß, der ihn abermals erreichte. Sein Wille war ausgeschaltet worden, und Andreas Brass musste sich voll und ganz der anderen Macht hingeben.
    Er ging, ohne dass er sich selbst den Befehl gegeben hätte. Das hatte eine andere Person übernommen, und als sich die Tür vor ihm öffnete, hatte er sie nicht einmal berührt.
    Der Weg aus dem Zimmer war frei, aber wohin er ihn führte, das wusste er nicht…
    ***
    Inzwischen war auch Herr Borg eingetroffen, und Claas Claasen war sehr froh darüber. Die Wahrheit wollte er ihm nicht sagen, aber er hatte seinen Vertreter ins Büro gebeten und die Tür geschlossen.
    »Kannst du für heute Abend den Betrieb übernehmen?«
    »Klar.«
    »Das ist gut.«
    »Du siehst schlecht aus, Claas.«
    »Ich weiß.«
    Borg zupfte an seiner rechten Manschette, die aus dem Ärmel der dunkelblauen Jacke hervorschaute. »Ist was passiert?«
    »Ja.«
    »Und was?«
    Claasen schaute vom Schreibtisch zu ihm hoch. »Ich kann es dir nicht sagen, Peter.«
    »Ach. Meinst du den Mönch?«
    »Nein, aber so ähnlich.«
    Das Lächeln in Peter Borgs Gesicht erstarrte. »Das hört sich gar nicht gut an, mein Freund.«
    »Ist es auch nicht. Aber ich will dich nicht damit belasten. Da muss ich allein durch.«
    »Gut. Aber ich denke, dass ich in Bereitschaft bleibe und auch auf der Hut sein werde.«
    »Das versteht sich.«
    »Da haben wir ja Glück, dass unser Restaurant heute geschlossen ist. Okay, dann gehe ich mal und…«
    »Verdammt!« Claasens Fluch ließ Peter Borg nicht mehr weitersprechen.
    Der Hotelier hatte auf die geschlossene Bürotür geschaut. Und genau da passierte es. Er sah die Bewegung, die er nicht einordnen konnte, aber wenig später schob sich etwas durch die Tür und brachte einen Kälteschub mit.
    Die Totenfrau war da!
    Claas Claasen saß wie eingefroren auf seinem Stuhl. Seine Augen bewegten sich nicht. Er starrte nur nach vorn und dabei an seinem Stellvertreter vorbei, dem der Blick natürlich auffiel.
    Peter Borg stellte keine Frage. Er drehte sich einfach nur um und sah die Frau.
    »Nein!« Mehr brachte er nicht hervor. Dafür ging er einen kleinen Schritt zurück, als wollte er vor dieser Gestalt fliehen, was natürlich nicht zu schaffen war.
    Claasen bewegte sich nicht. Er sah den Blick dieser Unperson auf sich gerichtet. Er entdeckte die Ähnlichkeit mit Sigrid Böhme, er dachte wieder an die Begegnung auf dem Friedhof und wusste plötzlich, dass er gegen diese Geisterfrau chancenlos war.
    Sie sagte nichts. Ihr Auftreten sprach für sich. Provozierend langsam streckte sie den beiden Männern ihre nackte Körperhälfte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher