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Missing in Action

Missing in Action

Titel: Missing in Action
Autoren: Christoph Hardebusch
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    Die erste Explosion verursachte kaum Schaden. Tatsächlich war sie so winzig, dass sie nur durch den Ausfall einiger Systeme bemerkt wurde. Lange Minuten erkannte niemand die Tragweite der Ereignisse, und zu allem Überfluss fielen just in diesem Moment einige Warnsysteme aus, die den Technikern Hinweise hätten geben sollen.
    Als die Reparaturcrew einige Minuten später am Ort des Geschehens eintraf, wusste sie nicht, was sie erwartete, sondern glaubte noch an eine simple Fehlfunktion.
    Die Tür zum Kern öffnete sich sanft – was sie angesichts der Situation nicht hätte tun sollen, aber wegen der Fehlfunktionen doch tat -, und den Männern und Frauen schlug ein Plasmaball entgegen, der ihnen innerhalb von Sekunden das Fleisch von Knochen brannte und nicht einmal Asche zurückließ. Weitere Minuten vergingen, bevor dem Techniker-im-Dienst auffiel, dass sich die Crew noch nicht gemeldet hatte.

    Zu diesem Zeitpunkt wusste noch immer niemand, dass die Sprungstation Farspace Horizon im System van Maanens Stern, 13,8 Lichtjahre vom Sol-System entfernt, bereits zum Untergang verurteilt war.
     
    Es drohte einer dieser Tage zu werden. John massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel, aber die Kopfschmerzen wollten nicht nachlassen. Dass sich in dem schon engen Shuttle gut zwei Dutzend Menschen tummelten, verbesserte seine Laune nicht. Gegen sein Team und die Techniker hatte er nichts, und auch die Arbeiter, die das Shuttle mit Ausrüstung beluden, hatten in seinen Augen gute Gründe, an Bord zu sein.
    Es war der Anzugträger mit seiner Entourage, der John die Kopfschmerzen bescherte, obwohl sich Simon Reinhards bislang nur lobend über alles in Sichtweite geäußert hatte. Aber John wusste, dass diese Art von Konzerndrohne Leuten wie ihm lächelnd erklären würde, wie wichtig ihre Arbeit für Stellar Exploration sei, während sie gleichzeitig die Kündigung unterschrieben. Wenigstens die Presseleute waren wieder verschwunden, nachdem sie einige Aufnahmen im Shuttle gemacht hatten.
    Doch was es mit dem ganzen Auftritt überhaupt auf sich hatte, hatte John natürlich niemand erklärt. Jedenfalls war es das erste Mal, dass jemand von so weit oben der Karriereleiter herabstieg, um einem einfachen Justifier-Team vor seiner Mission einen Besuch abzustatten.

    »Und im Prinzip leben sie dann alle in diesem Shuttle, bis sie das TransMatt-Tor fertiggestellt haben?« Simon Reinhards zeigte seine blendend weißen Zähne in einem sicherlich gut einstudierten Lächeln, das besser in eine Pressekonferenz als in die überfüllte Messe gepasst hätte.
    »Ähm, nein, nicht direkt, Sir«, erwiderte John steif. »An Bord befinden sich ein Besprechungsraum, eine kleine Krankenversorgungsstation und eine Kombüse. Je nach Lage schlagen wir ansonsten Zelte auf oder versuchen, in einem der Laderäume Kojen einzurichten.«
    »Kojen im Laderaum?« Eine perfekt in Form gebrachte Augenbraue glitt in die Höhe. »Das klingt recht … nun ja, eng?«
    »Sicher, Sir, aber wir haben nun mal ein Platzproblem. Das Shuttle muss durch das TransMatt-Tor passen.« John warf einen Blick auf die schlanke Frau im Anzug, die eine vollverspiegelte Sonnenbrille trug und immer einen Schritt hinter Reinhards blieb. »Wir sind das gewöhnt, Sir. Wir sind sogar froh, Sir, denn SE schickt größere Teams als so manch anderer Konzern.«
    Ein leichtes Zittern ging durch das Shuttle, als habe die Lüge die ganze Station erbeben lassen. Alarmiert sah sich John um, ebenso wie Reinhards’ Leibwächterin, aber der Manager ließ sich nicht aus dem Konzept bringen, sondern schenkte John ein weiteres 1000-Watt-Lächeln.
    »Das ist eine sehr schöne Bestätigung unserer Konzernpolitik, bei der wir das Wohl unserer Angestellten immer im Blick haben, egal, wie schwierig die Marktlage
auch sein mag. Seit fünfzehn Jahren ist Stellar Exploration ein Teil der Knowledge-Alliance -Konzernfamilie, und diese Union hat Synergien freigesetzt, deren Durchschlagskraft uns ermöglicht, ganz vorne mitzuspielen.«
    Reinhards war noch nicht fertig, aber Johns Gehirn begann bereits, den verbalen Müll auszusortieren, den der Manager gekonnt verbreitete. Im Nebel der Worte nahm er noch Begriffe wie Strategische Allianz, Initiativbewegung und Ermöglichungspotenzial wahr, die er mit einem kurzen Nicken quittierte, während er eigentlich damit beschäftigt war, sich nach Bull umzusehen. Doch der große Beta war nicht zu entdecken. Vermutlich befand er sich in den Laderäumen und
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