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1457 - Ediths Leichenwelt

1457 - Ediths Leichenwelt

Titel: 1457 - Ediths Leichenwelt
Autoren: Jason Dark
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Chef der Mordkommission die Hände gebunden«, flüsterte Tanner über den Schreibtisch hinweg. »Ich kann da keine Nachforschungen anstellen. Es sei denn, man präsentiert mir die Leichen.«
    »Aber wir können das.«
    »Na ja…« Er druckste herum. »Ich will euch nicht nötigen, aber wenn ihr ein paar Stunden für mich aufbringen könnt, dann wäre ich euch sehr verbunden. Ihr könnt euch ja mal umhören. Außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass hinter diesen Taten mehr steckt. Und dass es im Prinzip sogar euch angeht.«
    »He, du machst es dir leicht, Tanner.«
    »Bestimmt nicht. Ich habe lange darüber nachgegrübelt und bin eben zu diesem Schluss gekommen. Außerdem kann ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen.«
    Suko sah mich an, ich ihn.
    Wir nickten wie auf Kommando.
    Tanner strahlte und sprach davon, dass er uns diese Hilfe nicht vergessen würde.
    »Was tut man nicht alles für einen Freund«, sagte ich und stand auf. Ich kannte Tanners Bauchgefühl und wollte es nicht ignorieren.
    Unter Umständen hatte der Chiefinspektor genau das Richtige getan, indem er uns Bescheid gegeben hatte…
    ***
    Edith hatte es geschafft und war wieder zurück in ihr Versteck gekehrt. Diesmal war sie nicht allein, sondern in Begleitung von zwei Leichen, die den Weg aus den Einkaufswagen in einen Kofferraum gefunden hatten, aus dem sie sie vor ein paar Minuten befreit hatte.
    Edith hatte sehr darauf geachtet, nicht aufzufallen. Aber sie war auch nervenstark genug, um dies durchzuhalten. Angst vor irgendwelchen Leuten hatte sie nicht. Sie war eine Person, die trotz großer Widerstände immer ihr Ziel erreichte.
    Jetzt stand sie wieder vor der langen Treppe. Es war so etwas wie ihr Lieblingsplatz, weil der Blick in den Bunker zahlreiche Erinnerungen in ihr aufsteigen ließ.
    Die Leichen hatte sie mitgeschleift. Sie lagen jetzt links und rechts neben ihr. Die blutbesudelten Wollmützen hatte sie in irgendeinem Papierkorb entsorgt.
    Edith Jacum kannte die beiden Toten. Junge Menschen, die kaum ihr zwanzigstes Lebensjahr erreicht hatten, aber schon auf die schiefe Bahn geraten waren. Wahrscheinlich hatten sie nur die Gewalt kennen gelernt. Zuhause wie auch auf der Straße. Das war nun vorbei.
    Der letzte Blick über die Treppe hinein in den Bunkerflur. Dort hatte sich seit ihrem letzten Besuch nichts verändert. Es war alles so geblieben, und sie nahm auch keinen fremden Geruch wahr. Wäre jemand hier eingedrungen, hätten ihre empfindlichen Sinne reagiert, so aber konnte sie sich unbesorgt an die Arbeit machen.
    Die Frau bückte sich zur rechten Seite. Der harte Griff einer Hand reichte aus, um die schlaffe Gestalt in die Höhe zu ziehen. Schon das bewies, welche Kraft in dieser doch recht schlanken Person steckte.
    Am Hacken hielt sie den Toten fest. Eine kurze Schleuderbewegung, dann fiel er die Treppe hinab. Er hoppelte über die Stufen hinweg, schlug mit dem Kopf und den Gliedern auf, und sie nahm diese Geräusche wie einen Rhythmus wahr. Die Hände in die Seiten gestemmt, schaute sie der Leiche hinterher, die kurz vor dem Ende der Treppe durch den Schwung noch mal in die Höhe geschleudert wurde, bevor sie bäuchlings über den Boden rutschte und in Höhe des ersten Spinds liegen blieb.
    Mit dem zweiten Toten verfuhr sie ebenso. Sie schleuderte die Leiche schwungvoll über die ersten Stufen hinweg und schaute dem sich überschlagenden Körper nach, bis auch er schließlich zur Ruhe kam. Der Tote fiel schräg über den ersten.
    Edith war zufrieden. Sie rieb ihre Handflächen gegeneinander und lächelte kantig, bevor sie sich auf den Weg nach unten machte, denn ihre Arbeit war noch nicht beendet.
    Um die Toten kümmerte sie sich nicht. Die Spinde waren jetzt wichtiger. Schlösser hatten sie nicht, nur Riegel. Die konnten auf-und zugeschoben werden. Edith zog eine der dünnen Metalltüren auf, schaute in den leeren Spind und war zunächst zufrieden, weil ihr wieder dieser alte Leichengeruch in die Nase stieg. Jetzt würde sich einiges verändern, denn nun würde ein frischer Geruch hinzukommen, und das mochte sie.
    Sie zerrte den ersten Toten hoch. Im zerschlagenen Gesicht hatte das Blut bereits eine dunkle Kruste gebildet. Von den Zügen war nicht mehr viel zu sehen, denn Edith hatte mit einer unglaublichen Wucht zugeschlagen.
    Das Innere des Spinds war groß genug, um die Leiche aufnehmen zu können.
    Edith drückte sie bis an die Rückwand. Der Tote konnte dort nicht von allein stehen bleiben, er sackte zusammen.
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