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1457 - Ediths Leichenwelt

1457 - Ediths Leichenwelt

Titel: 1457 - Ediths Leichenwelt
Autoren: Jason Dark
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anders. Aber das Geräusch wurde leiser, und deshalb konnte Paul aufatmen. Auch als er die Wagengeräusche nicht mehr hörte, blieb er trotzdem in seiner Starre liegen.
    Erst nach einer Weile traute er sich, den Kopf zu heben.
    Der Bereich hinter der offenen Tür war leer. Keine Einkaufswagen mehr, und auch keine Edith Jacum.
    Er brauchte eine gewisse Zeit, um diese Tatsache zu realisieren.
    Dann lachte er innerlich auf, und ein Gedanke stürzte förmlich auf ihn nieder.
    Ich lebe noch! Verdammt, ich lebe noch…!
    ***
    Ich für meinen Teil konnte mich nicht daran erinnern, jemals von Chiefinspektor Tanner zum Frühstück eingeladen worden zu sein, aber an diesem Tag, als der Winter gegen den einbrechenden Frühling die erste Schlacht verloren hatte, passierte es.
    Ich war zusammen mit Suko von unserem Freund eingeladen worden. Eine Novität. Ein Tag, den man dick im Kalender anstreichen musste. Aber es gab auch einen Wermutstropfen, denn er hatte uns nicht zu sich nach Hause eingeladen, sondern in sein Büro, und das ließ schon tief blicken.
    Suko fragte mich auf der Fahrt gleich zweimal, ob ich den Grund nicht doch kannte.
    »Nein, ich weiß von nichts.«
    »Was denkst du denn?«
    Ich hob die Schultern.
    »Privat oder dienstlich?«
    Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Könnte es nicht sein, dass beides der Fall ist?«
    »Hm. Das ist möglich.«
    »Meine ich auch.«
    Wir würden uns überraschen lassen, und ich fragte mich, ob unser Freund Tanner etwas zum Essen besorgt hatte. Zutrauen konnte ich es ihm kaum.
    Jedenfalls waren wir fünf Minuten nach der verabredeten Zeit da und hörten seine Stimme durch das Großraumbüro hallen, in dem seine Leute saßen. Was er sagte, verstanden wir nicht. Aber einige Männer lachten.
    »Was ist denn so lustig?«, rief ich und stieß die Tür ganz auf.
    Alle Gesichter drehten sich uns zu. Man kannte uns. Manche Kollegen grinsten uns an, andere hoben lässig die Hände zum Gruß.
    Nur Tanner stand inmitten seiner Mannschaft wie ein Feldwebel, der sich auf einen Anschiss vorbereitet hatte.
    »Sieben Minuten zu spät, meine Herren vom Yard!«
    Ich schaute auf meine Uhr. »Ehrlich?«
    »Denkst du, dass ich lüge, John?«
    »Nein. Aber vielleicht brauchst du eine Brille.«
    »Klar, wenn ich auf dem Lokus sitze.«
    Natürlich sorgte die Antwort wieder für eine Lachsalve, die Tanner schmunzelnd entgegennahm. Dann gab er uns ein Zeichen, ihm in sein Büro zu folgen.
    Hinter der Tür blieb ich stehen, stemmte die Hände in die Seiten und schüttelte den Kopf.
    »Was ist los?«
    »Nichts für ungut, alter Freund, die Einladung sollte zum Frühstück sein, oder?«
    »Ja, schon.«
    »Und wo ist der gedeckte Tisch?«
    Tanner schaute mich an, als wollte er mich jeden Augenblick fressen. Aus seinem Mund drang ein Knurren. Er rollte seine Augen und erklärte uns, was er mit Frühstück gemeint hatte.
    »Es gibt Kaffee, Milch und Zucker.«
    »Aha.«
    »Wenn du opulent frühstücken willst, dann geh in ein Luxushotel. Dann bist du hier falsch.«
    Ich schaute Suko an. »Sind wir das?«
    »Nun ja, wir vergeben ihm noch mal.«
    »Ja, das denke ich auch.«
    »Wie großzügig! Und deshalb bin ich es auch. Ihr könnt euch ruhig setzen.«
    »Vielen Dank.«
    Tassen standen tatsächlich bereit. Sie verteilten sich auf Tanners Schreibtisch, und die Warmhaltekanne stand in seiner Griffweite.
    Nachdem Tanner uns noch mal böse angeschaut hatte, sprang er über seinen eigenen Schatten und schenkte uns Kaffee ein. Ich wollte ihn noch etwas ärgern und fragte: »Weiß eigentlich deine Frau davon, dass du uns eingeladen hast?«
    »Nein.«
    »Hätte mich auch gewundert.«
    Tanner stellte die Kaffeekanne zur Seite. »Wieso?«
    »Dann wäre der Tisch gedeckt gewesen. Wir hätten Eier essen können, vielleicht auch ein gutes Müsli und…«
    »Ab ins Hotel, Sinclair!«
    »Aber wir sind ja gar nicht so und verzeihen dir.«
    Tanner schaute Suko an. »Ist der immer so?«
    »Nein«, erwiderte Suko mit ernster Stimme. »Nur wenn er kein richtiges Frühstück bekommt.«
    »Hahaha! Ich wusste ja, dass ihr mal wieder zusammenhaltet. Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.« Er stieß die Luft aus und hob seine Kaffeetasse an.
    Ich musste grinsen, als ich das rote Herz darauf entdeckte. »Tolle Tasse.«
    »Ich weiß«, erwiderte der alte Brummkopf. »Habe ich von meiner Nichte geschenkt bekommen.«
    »Das wundert mich, wo du doch…«
    Erst das Knurren, dann seine Stimme: »Sag lieber nichts,
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