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135 - In der Falle

135 - In der Falle

Titel: 135 - In der Falle
Autoren: Jo Zybell
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nahm es ihm ab, und der Mann verschwand in der Menge.
    »Ich bin’s, hör zu.« Sie erkannte Ora’leq’tarquans Stimme.
    »Militär hat die Stadt vollständig eingekreist, niemand darf hinein, niemand hinaus. Ich habe mich in einem Turm versteckt, den sie ›Alex‹ nennen. Panzer, Artillerie und Raketenwerfer sind rund um Berlin in Stellung gegangen. Sie suchen uns, und sie werden eher die Stadt opfern, als uns laufen zu lassen…«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Aber ich! Versuchen wir jeder auf eigene Faust den Zeitriss zu erreichen. Unsere Chancen stehen schlecht!«
    »Aber der Virus wirkt! Wir können…«
    »Die Soldaten sind nicht infiziert«, unterbrach er sie. »Ihre Versorgung mit Wasser und Nahrung erfolgt über autarke Kanäle.«
    »Ich muss zurück in unsere Zeit! Ich muss Mefju’drex auslöschen, so will es der Sol! Er wird schon bald nach seiner Tochter suchen, und dann haben wir ihn.«
    »Ich verstehe«, sagte Ora’leq’tarquan. »Falls du es nicht schaffst, werde ich mich in deinem Namen seiner annehmen, darauf gebe ich dir mein Wort. Wo ist seine Tochter versteckt?«
    »Das ist geheim. Ich kann es dir nicht sagen.«
    Die Menschen um sie herum blieben plötzlich stehen, Sirenen heulten auf eine Weise, wie Est’sil’aunaara es nie zuvor in dieser Welt gehört hatte. Und dann sah sie es auch: Ein glühender Schweif verlief am Himmel, ein stiftförmiger Körper zog ihn hinter sich her.
    »Eine Rakete!«, schrie Ora’leq’tarquan aus dem Mobiltelefon. »Sie hält Kurs auf den Stadtteil, in dem du dich befindest! Schnell – den Aufenthaltsort von Mefju’drex Tochter! Ich werde dich rächen!«
    Est’sil’aunaara gab ihren Widerstand auf. »In den Bergen, die in den alten Karten der Primärrassenvertreter ›Karpaten‹ heißen. Ganz im Süden liegt ein Schloss, nahe des Flusses, den sie ›Trotus‹ nennen. Dort findest du sie.«
    Die Menschen rund um die Daa’murin rannten in panischer Flucht davon, nach allen Seiten hetzten sie den Häusern, U-Bahn-Stationen und Tiefgaragen entgegen. Est’sil’aunaara ließ das Mobiltelefon fallen und schloss sich einem Pulk an, der in den Eingang eines Hochhauses rannte. Sie schlug um sich, als sie die Menge durchquerte, erreichte den Eingang, die Treppe in den Keller, in die Tiefgarage, in einen darunter gelegenen Schutzraum. Zwei Dutzend Männer, Frauen und Kinder etwa schafften es noch, sich nach ihr in den Raum zu drängen, bevor sie das Schott schloss.
    Kurz darauf bebte die Erde, die Notlichter gingen aus, und in der Dunkelheit schrien Kinder und Frauen. »Ruhe!«, brüllte sie. »Ihr werdet sowieso sterben, ob ihr schreit oder nicht…!«
    ***
    Berlin, Ende März 2521
    Schritt für Schritt schleppte sie sich über den Marktplatz.
    Manchmal stolperte sie über einen erhöhten Pflasterstein und kam ins Straucheln. Das Lasergewehr schleifte sie am Schulterriemen hinter sich her, die gefüllte Spritze hatte sie zwischen Kombiärmel und Unterarm ihres rechten Armes geschoben, um die Kanüle schloss sie die Faust. Ihre Gedanken kreisten um die Spritze und um ihre Beine. Tragt mich bis zu diesem verdammten Podest, tragt mich…
    Dort stand Königin Rauna in triumphaler Pose neben dem Jungen und von Leyden. Tragt mich noch bis zu ihr…
    Aus allen Gassen, Torbögen, Hauseingängen und Winkeln krochen sie wieder hervor, die Männer und Frauen von Berlin.
    Elende Sklaven. Jenny verachtete sie in diesen Augenblicken.
    »Klug, Jennifer Jensen«, tönte die blonde Frau auf dem Podest. Sie war ganz in schwarzes Leder gekleidet. »Sehr klug. Nur so rettest du diesem Jungen das Leben, und das deiner Tochter. Sehr klug. Her zu mir!« Mit herrischer Geste deutete Rauna auf die Stelle vor ihren Stiefelspitzen.
    Krieger der Stadtwache und der Palastgarde wagten sich auf den Marktplatz, lauter vertraute Gesichter. Sie wichen Jennys Blicken aus, wagten auch nicht ihre Bogen und Lanzen auf ihre ehemalige Königin anzulegen. Das zu beobachten verschaffte Jenny ein wenig Genugtuung.
    Vor dem Podest blieb sie stehen. Tilmo zitterte am ganzen Körper. Das Gesicht des älteren von Leyden grinste, aber seine Augen waren leer. Der Scheußliche in Gestalt einer blonden Königin winkte mit dem Zeigefinger. »Komm her!«
    Jennys müder Blick blieb an Miouus Torso hängen. Als wäre sie zum Gebet auf die Knie gegangen, kniete sie vor dem Richtblock. »Meine geliebte, treue Miouu…«
    »Mach schon!«, blaffte Rauna. Stufe für Stufe schleppte sich Jenny zum Podest hinauf. Den
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