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131 - Unternehmen 'Crow's Nest'

131 - Unternehmen 'Crow's Nest'

Titel: 131 - Unternehmen 'Crow's Nest'
Autoren: Ronald M. Hahn
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verdankte. Ein Haken, der sie am Kinn traf, warf sie zurück.
    Gerade rechtzeitig, wie Mr. Hacker sah, als er aufsprang, denn schon kehrten Pockennarbe und der Hübsche wieder in das Gässchen zurück, um ihren Kumpanen beizustehen.
    Na gut, dachte Hacker, dann geht’s eben nicht anders. Er trat dem Mann, den Honeybutts Knie getroffen hatte, ins Kreuz, sodass er mit der Stirn gegen eine Hauswand krachte, und versetzte der Diebin, die sich gerade wankend auf ihn zu bewegte, einen zweiten Haken, der sie zu Boden warf. Dann zückte Mr. Hacker erneut seinen Driller und legte auf Pockennarbe und den Hübschen an. Beide blieben erschreckt stehen, drehten sich um und ergriffen erneut die Flucht.
    Als Hacker aufatmete und Honeybutt einen dankbaren Blick zuwarf, stürmten schon wieder zwei Gestalten aus der Gasse in den schmalen Gang.
    Das ist der Gipfel der Frechheit, dachte Hacker erbost und hob seine Waffe zum dritten Mal.
    Doch nicht die beiden glücklosen Stadtratten näherten sich ihnen, sondern zwei Männer im grauen Winterkampfdress der WCA, die sich offenbar in der Nähe aufgehalten hatten und von dem Geschrei der Räuber angelockt worden waren.
    »Hacker!«, schrie eine Reibeisenstimme. »Es ist Hacker!«
    Dann krachten Drillerschüsse durch den engen Gang. Mr. Hacker riss Honeybutt am Ärmel in die Toreinfahrt hinein, aus der die Stadtratten gekommen waren.
    Keine Sekunde zu spät: Hinter ihnen spritzten Steinsplitter und jaulten Querschläger. Das Geballer der WCA-Agenten war kilometerweit zu hören und würde jeden Gardist und jede in der Nähe befindliche Einsatzkraft an den Ort des Geschehens locken.
    Hacker und Honeybutt konnten nur eins tun: sich unsichtbar machen. Aber wie?
    Schon waren sie wieder auf einem Hinterhof. Rechts war ein Maschendrahtzaun. Hoch und auf der anderen Seite runter. Ihre Flucht führte sie durch das scheppernde Lager eines Schrottsammlers, dann zwischen hohen Bauholzstapeln hindurch. Schließlich: eine Mauer. Mist! Zu hoch, um einfach hinüber zu klettern. Hacker baute eine Räuberleiter. Honeybutt zog sich hoch, streckte die Hand aus und zerrte ihn hinter sich her.
    Der nächste Hof war noch dunkler und wurde von einem Alkoiden bewohnt, der sich lauthals über die Störung der Nachtruhe beschwerte. Irgendein Tier blaffte sie an, das wie eine Kreuzung aus einem Dackel und einer Ratze aussah, doch zum Glück war es mit einer Kette an eine Hauswand gebunden.
    Honeybutt erspähte das schwarz gähnende Treppenhaus einer Ruine. Sie liefen hinein, stolperten über Blecheimer und Bauschutt, kamen in einen weiteren Hinterhof, in eine neuerliche Ruine und fanden sich schließlich an einem mit Gras und Schlingpflanzen bewachsenen Abhang wieder, aus dem ein fast mannshohes schartiges Rohr ins Freie ragte.
    Mr. Hacker fragte sich, ob es etwa eine alte Pipeline war, aber Ölvorkommen hatte es seines Wissens im Raum Waashton nie gegeben. Andererseits scherte es ihn im Moment auch einen Dreck und ihm war jeder Fluchtweg recht. Sie mussten jede Menge Kilometer zwischen sich und die Agenten bringen. Vermutlich hatte der Kerl, der ihn erkannt hatte, seine Sichtung schon über Funk an das Hauptquartier gemeldet. Jetzt würde man in allen Stadtteilen Zusatzschichten fahren.
    Dass niemals Öl durch das Rohr geflossen war, bewies schon der Ammoniakgestank, der Hackers Nase fast wegätzte, als er den ersten Schritt hinein wagte.
    »Gütiger Himmel…« Honeybutt zückte ihre Taschenlampe.
    Glücklicherweise hatte es das alte Running Men-Depot vor der Stadtmauer in logistischer Hinsicht gut mit ihnen gemeint.
    Dass sie es überhaupt wagten, in das Rohr vorzudringen, hatte freilich auch damit zu tun, dass sie in der Ferne ein Licht sahen: Nach etwa dreißig oder vierzig Metern endete die Röhre. Sie fanden sich am Fuß der Rückseite des Abhangs wieder.
    Über ihnen glitzerten in kalter Pracht die Sterne. Ringsum ragten brandgeschwärzte dachlose Hausruinen in die Höhe.
    Und vor ihnen: ein altes Ölfass, aus dem helle, knisternde Flammen zum Himmel empor schlugen.
    Rings um das Fass ragten fünf schmutzige Gestalten auf und gafften sie aus großen Augen an. Zwei der Gesichter waren schwarz. Dass sie arm waren, bezeugten die lumpigen Umhänge, mit denen sie sich verhüllten. Dass sie ausgeschlafen waren, dokumentierten ihre wachen Augen.
    Mr. Hacker wagte nicht zu atmen. In seinem Kopf kreisten die Gedanken. Er fühlte sich spontan an seine Jugendzeit erinnert. Er hatte in ganz ähnlichen Verhältnissen
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