Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1306 - Hexenbalg

1306 - Hexenbalg

Titel: 1306 - Hexenbalg
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
interessierte nur, wie dieser Theo Thamm aussah.
    Es war wie im Kino. Er selbst sah sich festgeklemmt in einer Szene. Sie wurde ihm entgegengedreht, sie kam von der Seite her.
    Allmählich geriet der Mann in sein Blickfeld, und er zuckte zusammen, weil er zum ersten Mal in seinem Leben einen Mörder sah. Bisher kannte er derartige Menschen nur aus irgendwelchen Zeitungen, doch nun schaute er einem direkt ins Gesicht.
    Der Anblick traf ihn hart. Er war schlimm. Dabei ging es Schwaiger nicht unbedingt um das Aussehen der Person, nein, er sah noch etwas anderes, das ihn zutiefst erschreckte.
    In der rechten Hand trug der Mann noch seine Mordwaffe. Es war ein Messer, ein Hirschfänger, wie es die Jäger gebrauchten.
    Von seiner Klinge tropfte noch das frische Blut zu Boden, das hörbar aufklatschte.
    Der Bauer war völlig durcheinander. Er wusste nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Auf die Waffe oder auf die Gestalt, die gar nicht mal so schlimm aussah, aber trotzdem von zahlreichen Menschen her abstach, was seine Figur anging.
    Er war korpulent. Er wirkte unförmig. Der Unterkörper konnte mit einem Oval verglichen werden. Darauf saß der Kopf, ebenfalls oval und fast gänzlich ohne Haare. Die Gestalt war deshalb genau zu erkennen, weil die Jacke offen stand. Darunter spannte sich der Bauch wie eine Kugel, und auch das Gesicht passte irgendwie zu der gesamten Erscheinung. Dicke Wangen, kleine Augen. Der dünne Mund, das glatte Kinn.
    Das also war dieser Theo Thamm, der jetzt seine dünnen Lippen auseinanderzog und grinste. Es war ein widerliches Grinsen und zugleich ein wissendes.
    Schwaiger stellte fest, dass dieser Typ kleiner war als er. Aber auch um gut 20 Jahre jünger.
    »Warum nur? Warum…«
    Mehr konnte der Bauer nicht sagen. Ihm versagte die Stimme.
    »Deine Zossen haben mich gestört. Das ist der Grund!«
    Vinzenz Schwaiger konnte es nicht glauben. »Gestört?«, fragte er noch mal nach. »Wobei denn gestört? Die Pferde tun keinem Menschen etwas. Sie sind völlig friedlich. Sie haben bisher ein so friedliches Leben geführt, sie sind alt geworden und…«
    »Die Klepper haben gewiehert!«
    Schwaiger zuckte zusammen, als er diese Antwort vernahm. Er sah keinen Grund dafür, Pferde nur deshalb zu töten, weil sie gewiehert hatten. Das wollte ihm nicht in den Kopf.
    »Es ist natürlich und…«
    »Hätten sie nicht gewiehert, wäre dein Leben für dich jetzt nicht beendet. So aber wirst du den gleichen Weg gehen müssen wie sie. Es gibt keine andere Lösung.«
    Vinzenz Schwaiger konnte es noch immer nicht glauben. Er stand da wie vom Blitz getroffen. In seinem Kopf tobte etwas, das er nicht begriff. Er kam sich vor wie in einer anderen Welt, und er konnte sich auch keinen Grund vorstellen, warum man ihn hier in diesem Stall umbringen wollte.
    Aber er dachte trotz des Stresses daran, dass es diesem Menschen nicht nur darum gegangen war, die Pferde zu töten. Wenn sie ihn gestört hatten, dann war das passiert, weil er keine Störung gebrauchen konnte. Aber wobei?
    »Du denkst nach, wie?«
    »Das tue ich.«
    »Sehr gut, mein Freund. Denk nur weiter, immer weiter, dann bin ich auch zufrieden. Nur wirst du nicht herausfinden, um was es wirklich ging, es sei denn, ich kläre dich vor deinem Tod noch auf.«
    Er lachte, doch es war mehr ein Kichern, und so hätte sich auch ein Kind verhalten können.
    »Ich verstehe das noch immer nicht…«
    »Ach, wirklich? Denk doch mal nach. Was könnte einen Menschen dazu bringen, deinen Stall hier zu durchsuchen? Was gibt es hier, was keiner finden soll?«
    Es war nicht nur das Lauern in der Stimme zu hören gewesen, auch die gesamte Haltung deutete auf ein Lauern hin, und dieser Theo Thamm schaffte es tatsächlich, den Bauern zum Nachdenken zu bringen. Er überlegte. Die Gedanken rasten durch seinen Kopf.
    Hin und her drehte er sie. Er wollte eine Lösung haben. Und er dachte daran, dass der Stall eigentlich harmlos war. Nur die Pferde hielten sich hier auf. Das war schon über Jahre so gelaufen.
    Bis auf eine Kleinigkeit.
    Bis auf das Erbstück. Das eklige Ding. Dieses widerliche tote und trotzdem irgendwie lebendig wirkende Geschöpf, das nicht im Haus versteckt worden war, sondern in der Tiefe des Stalls. Die kleine Figur, das Kind, diese Edita…
    Thamm lachte knarrend. »Du weißt es, nicht wahr?«
    Vinzenz Schwaiger brauchte lange, bis er nicken konnte. »Ich glaube schon«, flüsterte er.
    »Dann sag es.«
    »Das Kind, nicht? Die Figur. Dieses widerliche und zugleich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher