Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1306 - Hexenbalg

1306 - Hexenbalg

Titel: 1306 - Hexenbalg
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hochgestiegen. In der Wartezeit hatte ich mich mit Sarah Goldwyn unterhalten. Wir hatten von allem möglichen gesprochen, und ich hatte ihr auch von meinem letzten Fall erzählt, der mich zu einem Frauenhaus in Schottland und zugleich ins Schloss der weiblichen Zombies geführt hatte.
    Aber ich hatte auch mit ihr über die Zukunft gesprochen und über meine Gefühle, die ich selbst als bedrückend und bedrohlich ansah, weil ich den Eindruck hatte, dass etwas Schreckliches, das längst vernichtet war, zurückkehren würde. Es gab einige verschwommene Hinweise, auf die ich nicht näher eingegangen war, und ich hatte Lady Sarah auch nicht gesagt, wen ich zurückerwartete. Sie hatte sich selbst darüber Gedanken gemacht und mehrmals genickt. Möglicherweise dachte sie ebenso an den Schwarzen Tod wie ich. Nur hatte sie das für sich behalten.
    Ich klopfte nicht erst gegen die Tür. Sehr langsam bewegte ich die Klinke und schob die Tür nach innen. Ich betrat eine kleine Diele, von der Türen abzweigten, die zu verschiedenen Räumen gehörten.
    Die zum Wohnzimmer hatte ich beim Weggehen nicht geschlossen, und Jane hatte sie auch offen gelassen. Schon vom im gedämpften Licht daliegenden Flur gelang mir ein Blick in den Raum, und ich sah Jane Collins ausgestreckt auf der Couch liegen.
    Sie schlief.
    Das weiche Licht traf ihr Gesicht nicht. Es blieb mehr im Schatten, aber Janes Haltung wies darauf hin, dass sie tief und fest in Morpheus Armen lag.
    Mir kam das sehr gelegen. Jetzt brauchte nur noch ihre Voraussage einzutreffen, dann sahen wir weiter. Ich betrat das Zimmer auf Zehenspitzen. Keinesfalls wollte ich Jane stören. Sie hatte noch vor dem Einschlafen mit der Beleuchtung gespielt und nur eine Lampe angeknipst, die von ihr recht weit entfernt neben dem Fenster stand. Ihr Licht erreichte Jane Collins nicht; sie lag im Schatten.
    Bevor ich mich setzte, blickte ich noch durch das Fenster. Ich sah einen Hinterhof, der früher mal etwas verwahrlost ausgesehen hatte. In den letzten Jahren hatten ihn die Bewohner selbst renoviert. So waren kleine Erholungsinseln und auch Spielflächen für Kinder entstanden. Durch einige Laternen war ihm die Finsternis einer Höhle genommen worden. Auch jetzt leuchteten die Lichter wie Nebel umwobene Planeten in der Dunkelheit, aber eine Bewegung sah ich nicht innerhalb dieser hellen Inseln.
    Mein Weg führte mich zurück zu dem Sessel, in dem ich vor einer Stunde schon einmal gesessen hatte. Von diesem Platz aus konnte ich meine Freundin gut beobachten. Mir würde sofort auffallen, wenn etwas mit ihr passierte.
    Jetzt hieß es, geduldig zu sein und abzuwarten. Bis Mitternacht hatte ich noch über eine Stunde Zeit. Ich fragte mich, ob vorher etwas passierte oder sich die geheimnisvolle Stimme erst bei der Tageswende meldete.
    Ich durfte natürlich nicht einschlafen. Deshalb hatte ich auch keinen Alkohol getrunken. Wache halten, ist nicht jedermanns Sache. Ich gehöre zu den Menschen, die dem lieber aus dem Weg gehen, aber hier ging es nicht anders. Mein Freund und Kollege Suko war in derartigen Fällen viel geduldiger.
    Ich streckte die Beine aus und machte es mir so bequem wie möglich.
    Warten. Zeit haben, um nachzudenken. Über die großen und kleinen Dinge des Lebens. Das hätte ich jetzt gehabt. Aber ich spürte eine innere Unruhe. Mir war klar, dass Jane Collins sich nichts eingebildet hatte. Dass sie, dank ihrer latent vorhandenen Hexenkräfte, eine Spur hatte aufnehmen können. Oder dass man ihre Spur aufgenommen hatte.
    Ich wartete weiter.
    Schaute gegen die Tapete, die Decke, auf die Möbel, gegen das Licht der Lampe. Sah den hellgrauen Teppichboden, der im Schein der Leuchte einen leichten Grünstich bekommen hatte, und betrachtete auch die Bilder an den Wänden, deren Motive in sehr hellen Farben gemalt worden waren und als Aquarelle den Raum aufheiterten.
    Der Blick zurück zu Jane.
    Ihre Haltung hatte sich auch in den letzten Minuten nicht verändert. Sie lag weiterhin auf dem Rücken. Über die Füße bis hoch zu den Knien hatte sie eine Decke gebreitet, ansonsten standen nur ihre Schuhe vor der Couch.
    Im Haus hatte sich die tiefe Stille der Nacht verteilt. Auch von unten war nichts zu vernehmen. Lady Sarah hatte den Fernseher nicht mehr angestellt. Sie würde allerdings wach bleiben und erst ins Bett gehen, wenn alles vorbei war.
    Noch ging es weiter, und noch war nichts passiert. Jane hielt nach wie vor die Augen geschlossen. Ihre Arme lagen rechts und links des Körpers.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher