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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Peter Schmidt
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Prolog
     
    Als der Pathologe Dr. Thomas Harvey
nach Albert Einsteins Tod am 18. April 1955 im Princeton Krankenhaus, New Jersey,
das Gehirn des Schöpfers der Relativitätstheorie stahl, um es – wie er behauptete
– wegen seiner schier übermenschlichen Intelligenz für weitere Untersuchungen der
Nachwelt zu erhalten, konnte er nicht ahnen, welche unglaublich komische Odyssee
das seltsame Organ dereinst antreten würde …
    Harvey vermaß
und fotografierte Einsteins Gehirn, zerschnitt es in 240 Blöcke, fertigte zahlreiche
Dünnschnitte für Mikroskopieuntersuchungen und konservierte alles nach dem derzeitigen
Stand der Technik in zwei mit Formalin gefüllten Einmachgläsern.
    Jahrelang
überließ er interessierten Wissenschaftlern Proben des Gehirns, wenn auch mit wenig
aufschlussreichen Ergebnissen, was nun eigentlich genau das Genie des Physikers
ausmachte. Die Öffentlichkeit reagierte empört auf Harveys Eigenmächtigkeit. Einstein
selbst hatte um Einäscherung gebeten. Harvey verlor seine Approbation, schlug sich
als einfacher Arbeiter und Tagelöhner durch, wurde Verkäufer in einem Heimwerkermarkt
und zog von Ort zu Ort, immer das Gehirn Albert Einsteins im Gepäck.
    Mit all
seinen Hirnproben konnte er wissenschaftlich nie etwas Rechtes anfangen. Einmal
vergaß er Einsteins Gehirn sogar im Keller, als er bei seiner Frau auszog, verlor
aber nie sein Ziel aus den Augen, der Genialität des Physikers auf die Spur zu kommen.
    Im Herbst
1997 konnte ein Journalist Harvey noch einmal zu einer Reise überreden. Von New
England fuhren die beiden per Auto nach Kalifornien, um Proben des Gehirns der erstaunten
Urenkelin Albert Einsteins zu übergeben.
    Erst im
Jahre 1998, mehr als 40 Jahre nach Einsteins Tod, brachte Harvey das Gehirn an den
Ort zurück, an dem dessen Odyssee begonnen hatte: in das Princeton Medical Center,
New Jersey .
    Hier wurde
sein Behältnis posthum Opfer einer kuriosen Verwechslung mit einer Metallkanne,
in der sich auf minus 196 Grad heruntergekühlter flüssiger Stickstoff befand; posthum,
weil dieser Behälter bereits 1993 aus der Klinik entwendet worden war.
    Auf diese
Weise nahm eine nicht weniger kuriose Geschichte ihren Lauf …

1
     
    Mein Alter machte neuerdings auf
staatlicher Almosenempfänger, arm, arbeitslos, krank. Keine Ahnung, wozu dieser
Trick nun wieder diente. Vielleicht hoffte er damit die Suche nach seinem nicht
unbeträchtlichen Vermögen zu erschweren; oder sich aus anderen hinterfotzigen Gründen
aus der Schusslinie der Behörden zu bringen.
    Der Sommer
war ungewöhnlich heiß, mit schwülen Nächten, in denen die Grillen sich auf unserem
weitläufigen Anwesen vergnügten. Während der Mond milde lächelnd seine Sichel über
die Baumwipfel schob, erklang aus jeder Grasnarbe ihr schrilles Zirpkonzert – selbst
die Dachbepflanzung unseres verglasten Badehauses blieb nicht von ihnen verschont.
Womöglich hatte das Liebeswerben dieser possierlichen Tierchen ja so etwas wie eine
anregende Wirkung auf meinen Alten, zumindest bei der Beschaffung von illegalem
Geld.
    Wenn ich
ihn fragte, womit er früher seine Familie durchgebracht hatte, dann behauptete er
mit dem arglosen Gesichtsausdruck eines Menschen, dem jede, aber auch jede Form
der Ausrede ein Gräuel ist, er sei einer von drei führenden Managern bei AÄG im
Amazonasbecken gewesen – »Ä« für »E« war so etwas wie ein Sprachfehler bei ihm.
    Ein andermal
wollte er für Peabody Energy Corp. , St. Louis gearbeitet haben. Das ist der
größte Kohlekonzern der USA, wobei Kohle hier ausnahmsweise im wörtlichen Sinne
zu verstehen ist.
    Sein richtiger
Name lautete jedenfalls nicht Pottkämper, so viel war sicher. Ob er Beziehungen
zu anderen Verbrechern pflegte, ließ sich schwer ermitteln, weil er Telefone mied
und auch allem anderen neumodischen Kram wie E-Mail und Internet aus dem Wege ging.
Er schloss seine Korrespondenz in den Safe, betrieb ein obskures Kellerlabor, dessen
Schlüssel er immer bei sich trug, und auf Reisen – falls er überhaupt einmal das
Haus verließ –, polierte er mit einem wollenen Lappen oder Taschentuch seine Fingerabdrücke
von den Klinken der Hoteltüren.
    Ich sagte
meinem Alten auf den Kopf zu, dass »AÄG« überhaupt keine Niederlassung in Brasilien
besitze und auch nie besessen habe. Worauf er antwortete, es gäbe Niederlassungen,
die unter der Decke operierten.
    »Unter welcher
Decke?«, fragte ich.
    »Glaubst
du, ich kann jetzt offen darüber reden, wenn man mich früher bei der
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