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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare
Autoren: Léo Malet
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ich mich überzeugt. Kein Schwarzhändler in Lyon konnte mir welche besorgen. Zucker, Kondensmilch, Elefanten, Originalausgaben... alles hatten sie auf Lager. Nur Ihre Lieblingsmarke nicht, auch nicht für hundert Francs die Zigarette! Sie hatten sich rechtzeitig eingedeckt, Maître, doch ich bezweifle sehr, daß die Glimmstengel Ihnen viel Glück gebracht haben... Also, Sie waren es, der sich in Jalomes Wohnung aufhielt, als der Streifenpolizist das Licht in den Fenstern sah! Zu Hause hatten Sie einen Butler, der für Sie die Vorhänge zuzog. Sie sind es einfach nicht gewohnt, es selbst zu tun. Ich bin allerdings der letzte, der Sie deswegen tadelt..
    Ich trank einen Schluck und fuhr fort:
    „Meine Reise nach La Ferté-Combettes hat mir dann endgültig Klarheit verschafft. Der Name des Kaffs war mir nicht ganz unbekannt. Ich hatte ihn schon einmal gehört, und zwar von diesem Arthur Berger, der über ein kolossales Gedächtnis verfügte. Als Kriegsberichterstatter war er Ihnen dort am 21. Juni begegnet, dem Tag, an dem Georges Parry gefoltert und dann halbtot liegengelassen worden war. In dem Landhaus fand ich Ihre Spuren: den Brillanten und Vater Mathieu, der Sie leicht wiedererkennen wird. An Zeugen fehlt es wirklich nicht... Da ist auch noch Hélène Parry. Sie stand auf dem Bahnhof Perrache ein paar Meter von Ihnen entfernt, als Sie die tödlichen Schüsse abgaben.“
    „Verdammte Scheiße!“ fluchte der dicke Anwalt.
    „Sie konzentrierten sich ganz auf Ihre... Tat, und außerdem wähnten Sie das Mädchen weit weg von Lyon. Da ist es ganz normal, daß Sie Parrys Tochter nicht gesehen haben. Die Flics ließen Sie ohne weiteres den Bahnhof verlassen, Sie waren ihnen bekannt. Wie sollten die auch einen Mann wie Sie verdächtigen? Wie gesagt, wir leben in anormalen Zeiten. Die Polizei denkt zuerst immer an ein politisches Verbrechen und fahndet nach Leuten mit struppigem Bart und einem Messer zwischen den Zähnen...“
    Ich wurde durch das schrille Läuten des Telefons unterbrochen. Inspektor Faroux wurde verlangt.
    „Hallo!“ brüllte er in den Apparat. „Bist du’s, Petit? ...Sehr interessant“, murmelte er und legte auf. „Ich hab Petit mit der Waffe, die Montbrison in der Tasche hatte, ins Labor geschickt. Die Untersuchung hat ergeben, daß die Kugeln, die man gestern nacht in dem überfahrenen Gustave Bonnet gefunden hat, aus genau dieser Pistole stammen.“
    „Ach ja!“ rief ich. „Den hätte ich fast vergessen. Gustave Bonnet, Montbrisons Butler und Komplize. Unser lieber Maître hat mir heute morgen frechweg mitgeteilt, daß sein guter Hausgeist verschwunden sei. Hat den Stier sozusagen bei den Hörnern gepackt. Aber seine rührende Geschichte hatte nicht den gewünschten Erfolg. Tut mir leid für Sie, Montbrison. Sie sind ein guter Verlierer. Nett von Ihnen, daß Sie zu meiner Weihnachtsparty gekommen sind
    „Ich ahnte nicht, daß sie eine solche Wendung für mich nehmen würde“, gestand der Anwalt.
    „Petit hat mir noch mehr erzählt“, fuhr Inspektor Faroux fort. „Bonnet trug ebenfalls eine Kanone als Glücksbringer bei sich. Er hat die Kugel abgefeuert, die Hélène Parry beinahe getötet hätte.“
    „Grüßen Sie die Kugel von mir. Sie bestätigt meine Theorie“, stellte ich fest. „Und der Schatz?“ fragte ich Montbrison. „Wo ist er?“
    „Nicht gefunden“, antwortete er.
    Ich sah ihn vorwurfsvoll an.
    „Aber, hören Sie mal“, sagte ich. „Das ist nicht nett von Ihnen. Und ich hab Sie eben noch einen guten Verlierer genannt! Na ja, ich kann Sie verstehen. Verloren ist verloren, hm? Und dann auch für alle! Vielleicht haben Sie den Schatz bei sich? Ich sehe mich gezwungen, Sie durchsuchen zu lassen. Das hätte übrigens schon längst geschehen müssen“, fügte ich mit einem Seitenblick auf den Inspektor von der Tour Pointue hinzu.
    Kommissar Bernier kam meinem Freund zuvor. „Nichts“, sagte er wenig später enttäuscht.
    „Und was haben wir denn hier?“ fragte ich und zeigte auf ein Fläschchen, das man dem Anwalt aus der Tasche gezogen hatte und jetzt von einem Taschentuch halb verdeckt war.
    Die schmutzige Phiole war zur Hälfte mit Pillen gefüllt und mit einem roten Etikett versehen, das den Inhalt als giftig kennzeichnete.
    „Vorsicht!“ schrie Bernier und griff nach dem Fläschchen. „Damit kann man ein ganzes Regiment vergiften!“
    „Edgar Allen Poe“, sagte ich lachend. „Auf dem Kamin in der Rue de la Gare hab ich die Schachtel dieser Flasche
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